Wasser & Luft: Vereinigung der Elemente

VW Golf III Wasser & Luft: Vereinigung der Elemente

Wasser & Luft: Vereinigung der Elemente

Ein Golf III in WOB Klassik? Ist der denn nicht viel zu jung dafür? Zugegeben: Auch wir haben kurz vor Verwunderung den Kopf geschüttelt, als wir sahen, dass noch in diesem Jahr die ersten Golf III das begehrte H-Kennzeichen erlangen können: Die Produktion der dritten Golf-Generation startete im Herbst 1991, sodass der „Dreier“ in diesem Jahr offiziell zum Oldtimer reift – was ihn qua definitionem für WOB Klassik qualifiziert. Allerdings: Sein Alter allein hat das hier abgebildete Exemplar natürlich nicht in WOB Klassik gebracht…

Fan von luftgekühlter Volkswagen-Modelle? Dann solltest du dir die aktuelle WOB Klassik Ausgabe sichern….bequem online und versandkostenfrei bestellen unter www.tuning-couture.de

WOB Klassik Magazin 2-2021

Denn bekanntlich stellen wir uns mit jeder WOB Klassik-Ausgabe die Aufgabe, sowohl Freunden der „alten“ luftgekühlten Volkswagen, als auch Fans der „neuen“ wassergekühlten Modelle unterhaltsamen Lesestoff zu bieten. Während erstere Fraktion das Schnattern luftgekühlter Boxermotoren, verpackt in zumeist rundliche Blechformen, liebt, bevorzugt letztere ruhiger laufende Reihenmotoren, vorzugsweise eingebaut in Karosserien mit geraden Linien und klarer Formensprache. Allzu häufig können beide Gruppen nicht viel miteinander anfangen. „Matthew B Alls“ aus London jedoch hat bereits vor einigen Jahren das Kunststück fertiggebracht, ein Auto auf die Räder zu stellen, das seither VW-Fans beider Kühlungselemente in Verzückung versetzt. Denn während es sich bei dem hier abgebildeten Fahrzeug augenscheinlich um einen Golf 3 handelt, sprechen wir gleichzeitig von einem echten „Lufti“. Wie kann das sein?

Lufti-Basis

Ganz einfach: Matthew, der in London die auf Lufti-Technik spezialisierte Custom-Werkstatt „Balls’d“ betreibt, hat die Golf 3-Karosse auf ein sich aus Käfer- und Typ 3-Komponenten zusammensetzendes Chassis gesetzt! Dies erklärt auch die schmale und daher etwas merkwürdig anmutende Spur. Ansonsten aber ist dem nimbusgrauen Dreier von außen kaum etwas von seiner ungewöhnlichen Technik anzusehen … solange jedenfalls, wie man ihn nicht von hinten betrachtet. Denn das Cleaning von Seitenblinkern, Antenne und Heckwischer gehört auch bei „normalen“ Gölfen schon zum guten Ton und die fehlende Tankklappe wird beim Betrachten der Bilder auch niemand auf die Vermisstenliste gesetzt haben. Oder?

Die Heckansicht aber bestätigt eine sich nun geradezu aufdrängende Vermutung: Wo sich einst der Gepäckraum befand, rumort nun ein wassergekühlter Boxermotor! Genau genommen handelt es sich um ein 1.641er-Typ 1-Aggregat, welches mit einer Engle W-110-Nockenwelle, 40er Weber-Doppelvergasern sowie einem externen Ölkühler ausgerüstet wurde und so auch keine Probleme mit dem Übergewicht der Golf-Karosse hat. An einen 4-in-1-Auspuffkrümmer schließt sich das an eine Fanfare erinnernde Stinger-Endrohr an. Der dieser imposanten „Brülltüte“ entweichende Sound klingt angesichts ihrer martialischen Optik förmlich in den Ohren.

Und vorne? Unter der ehemaligen Motorhaube sind – ganz wie beispielweise beim Käfer oder Typ 3 – das Ersatzrad und der Tank zwischen den Radhäusern platziert. Das 4-Gang-Getriebe stammt aus einem 1500, die Achsen wurden auf den Lochkreis 5/100 umgerüstet. An der Vorderachse kommen die Scheibenbremsen eines späten Käfer-Baujahrs zum Einsatz, während an der Hinterachse Trommelbremsen verzögern.

Scirocco-Style-Felgen und 60er-Jahre-Interieur

Weder wirklich historisch noch ausgesprochen modern wirkt das Design der RML Snowflakes-Aluminiumfelgen von fifteen52. Diese erinnern dafür umso mehr an die Leichtmetallrad-Mode der 1980er Jahre, als sie in täuschend ähnlicher Form beispielsweise werksseitig am Scirocco II zum Einsatz kamen. Matthews Boxer-Dreier steht auf unseren Fotos rundum auf 8,5×18-Zöllern mit schmalen Gummis der Dimensionen 205/40R18 vorn und 215/40R18 an der angetriebenen Hinterachse. Seit dem Zeitpunkt unseres Fotoshootings und dieser Veröffentlichung war der VW auch auf anderen Rad/Reifen-Kombinationen zu sehen, uns gefallen die Snowflakes aber mit Abstand am besten für den Wolfsburger. Wer angesichts dessen geringer Bodenfreiheit übrigens ein Luftfahrwerk voraussetzt, der liegt falsch: Der Golf ist absolut static unterwegs.

Farbenprächtiges 60s-Style-Interieur

Auch im Interieur komponierte Matthey Elemente verschiedener Epochen zu einem harmonischen Ganzen. Das Armaturenbrett und das Lenkrad könnten so auch optisch unverändert in jedem beliebigen Golf 3 zu finden sein. Der Bug Tech-Schalthebel sowie der Handbremshebel indes verraten die absonderliche Technik-Basis. Auch die Sitze und Türverkleidungen stammen vom Golf 3, wurden allerdings im Stil der wilden Sixties mit abgestepptem, rotem Kunstleder bezogen.

Insgesamt ist dieser Aircooled-Golf ein absolut cooles und auch technisch spektakuläres Projekt – und diese Meinung werden wohl Lufti-Fans als auch die Freunde „eigentlich“ wassergekühlter VW-Modelle teilen.