Test Cadillac CTS-V: Oberklasse-Dampfhammer mit Kompressor-V8

Oberklasse-Dampfhammer mit Kompressor-V8

In den Köpfen der meisten Bundesbürger formen sich bei der Erwähnung des Markennamens „Cadillac“ wohl nach wie vor Bilder von riesigen Straßenkreuzern mit blubbernden aber leistungsschwachen V8-Hubraumriesen und abenteuerlicher Straßenlage. Dass dieses Bild völlig veraltet ist, wissen Kenner längst. Laien allerdings runzelten beim Anblick unseres – im deutschen Straßenverkehr alles anderes als allgegenwärtigen – CTS-V-Testwagens häufig die Stirn: „Das soll ein Cadillac sein?“ Ja! Und was für einer! Denn im von allerlei Spoilern, Schwellern und Carbon-Parts gezierten Limousinen-Kleid lauert hier der 6,2-Liter-Kompressor-V8 aus der Corvette C7 Z06.

649 PS und 885 Nm weist das Datenblatt aus. Angesichts solcher Leistungswerte müssen die einheimischen Hersteller von Hochleistungslimousinen schulterzuckend passen. Denn selbst deren größte Kaliber BMW M5 Competition (625 PS / 750 Nm) und Mercedes-AMG E 63 S (612 PS / 850 Nm) können hier ebenso wenig mithalten wie bei der Höchstgeschwindigkeit von satten 320 km/h.
Überhaupt fühlt sich der CTS-V hinter dem Volant nicht wie eine 1,9-Tonnen-Limousine, sondern vielmehr wie ein hochkarätiger Sportwagen an. Auf einen Druck auf den Startknopf, welcher das Erwachen des von einem 1,7-Liter-Eaton-Schraubenkompressor zwangsbeatmenden V8-Biests auslöst, folgt ein bösartiges, abgrundtiefes Aufhusten, gefolgt von unfassbar voluminösem Grummeln, welches sich bei jeder Berührung des Gaspedals zu echtem Donnerhall auswächst.

Dr. Jekyll und Mr. Hyde

Selbstverständlich: Auf Anforderung und mit gelösten Elektronik-Fesseln reißt der Cadillac CTS-V seine fetten Hinterreifen mühelos vom Asphalt los und lässt sie in grauem Rauch und charakteristischem Michelin-Duft aufgehen. Kann man mal machen. Aber der CTS-V kann auch auch anders: Mit bemerkenswerter Präzision lässt sich das dicke Ding über kurvige Landstraßen zirkeln, die feinfühlige Elektronik lässt zwar einerseits recht üppige Driftwinkel zu, ermöglicht dem Hecktriebler andererseits aber auch bei mutwilligem Gaseinsatz einen erstaunlich sauber regulierten Vortrieb – jedenfalls bei trockenem und griffigem Untergrund.
Die angegebene Kombinationsverbrauch von 13 Litern Super hingegen ist freilich Theorie: Bei halbwegs „unterhaltsamer“ Fahrweise fließen mindestens 15 bis 20 Liter durch die Spritleitungen – Ende offen.
Mit 107.200 Euro steht der Cadillac CTS-V in der Preisliste. Sicherlich eine stolze Summe Geld. In Anbetracht der luxuriösen Serienausstattung, welche eine Aufpreisliste für Sonderausstattungen praktisch obsolet macht allerdings relativiert sich die Summe: Die oben genannten deutschen Konkurrenten kosten ausstattungsbereinigt fünfstellige Summen mehr.

Fazit: Den Cadillac CTS-V sollten sich nicht nur US-Car-Enthusiasten näher ansehen. Auch wer eigentlich ein deutsches Fahrzeug seiner Liga im Visier hatte, sollte zunächst eine Probefahrt mit dem Kompressor-Dampfhammer wagen.

Technische Daten

Cadillac CTS-V
Motor: V8-Ottomotor mit Kompressor-Aufladung
Hubraum: 6.162 ccm
Motorleistung: 477 kW / 649 PS bei 6.400 U/min
max. Drehmoment: 855 Nm bei 3.600 U/min
Getriebe: 8-Gang-Automatikgetriebe mit Schaltwippen
Rad/Reifen: 9,5/10×19-Zoll-Leichtmetallfelgen mit Michelin-Bereifung
Länge/Breite/Höhe: 5.050 / 1.863 / 1.447 mm
Leergewicht: 1.850 kg
0-100 km/h: 3,7 s
Höchstgeschwindigkeit: 320 km/h
Verbrauch: 13,0 l (Super)
Basispreis: ab 107.200 Euro