VW T2a: Texas Rat

Texas Rat

„Reif für den Schrottplatz!“ – „Da wird es aber höchste Zeit für eine Restaurierung!“ – „Da hat’s für eine neue Lackierung wohl nicht mehr gereicht!“ So oder so ähnlich wird wohl so mancher passionierte Freund in Bestzustand befindlicher, auf Hochglanz polierter Oldtimer angesichts des hier abgebildeten T2a denken. Verständlicherweise. Doch: Der Bulli ist weder reif für die Schlachtbank, noch restaurierungsbedürftig und schon gar nicht unfertig – der gehört so!

Besitzer und Chefmechaniker des aus dem Baujahr 1970 stammenden T2a ist Gregory „Greg“ Rehfisch aus Aachen. Und der 35-jährige Berufskraftfahrer verfolgte beim umfassenden Neuaufbau des Busses eine strenge Philosophie: Äußerlich sollte der VW nichts von seiner in knapp einem halben Jahrhundert erworbenen Patina einbüßen, unter dem rostigen Blech hingegen topfit sein – eine echte „Ratte“ also!

Reimport aus Texas

Doch bevor Greg loslegen konnte, hieß es erstmal: warten! Denn seine Fahrzeugbasis fand der passionierte Schrauber, dessen Lufti-Fuhrpark neben dem Bus auch noch einen 66er Faltdach-Käfer und einen 73er Kübel umfasst, nicht etwa in einer Scheune auf dem Deutschen Flachland, sondern 8.500 Kilometer weit entfernt – Luftlinie wohlgemerkt – im wilden US-Bundesstaat Texas. Das heißt, eigentlich wusste Greg beim Abschluss des Geschäfts noch gar nicht genau, was er da erhalten würde, kaufte er den T2a doch praktisch „blind“ auf Basis der Beschreibung eines dort beheimateten Anbieters. Dann kam die lange Zeit des Wartens: Zwei Wochen lang hörte Greg nach dem Abschluss des Geschäfts nichts mehr vom Händler, dann kam die Nachricht, dass der Oldtimer via England verschifft und nach Deutschland transportiert werden würde. Nach dem Eintreffen im Vereinigten Königreich das gleiche Spiel: Drei Tage hörte Greg nichts vom beauftragen Transporteur. „Horror-Tage“ nennt Greg diese Zeiten der Funkstille – man kann ihn verstehen. Doch dann kam plötzlich ein Anruf herein und es schallte aus dem Hörer: „In 30 Minuten bringe ich Ihren Bus!“ Puh … endlich!

Rattige Optik…

Ein Jahr lang wurde vom Moment des Abladens an in der eigenen Schrauberhalle alles überholt, was man an einem T2 überholen kann: Motor, Getriebe, Bremsen, Aufhängung, Elektrik etc.
So manch blaue Fingerkuppe und einige hundert Stunden später war es dann soweit: Der grundlegend überholte Bus feierte sein Roll-Out – und zwar in genau derselben heruntergekommenen Optik, wie er Monate zuvor in die Halle gerollt war. Nur an wenigen Stellen ist der Originalfarbton Chiantirot unversehrt erhalten, es überwiegen alters- und gebrauchsbedingte Abwätzungen bis auf die Grundierungssschichten oder gar das nackte Blech – verbunden selbstverständlich mit entsprechender Korrosion. Doch das liegt – wir erinnern uns an die einleitenden Sätze – bei einer Ratte nunmal in der Natur der Dinge. Doch keine Sorge: Der Rostfraß am T2a wird sich nicht weiter fortsetzen, wurden alle Karosserieteile doch zwischenzeitlich in Owatrol getränkt und somit konserviert. Nachträglich setzte Greg dem Bus einen zeitgenössischen Dachgepäckträger auf, vergitterte dessen runde Scheinwerfer und bracht diverse Sticker an – fertig war das Karosserie-Styling.
Maßgeblichen Anteil am Custom-Look hat darüber hinaus freilich die gewaltige Tieferlegung des Busses, welche der auf Originalität pfeifende Lufti-Fan an der Vorderachse mit einer verstellbaren und gekürzten T1-Achse und an der Hinterachse mit verstellbaren Federschwertern herbeiführte – jeweils in Kombination mit kurzen Koni-Dämpfern. Und, ja: Um so tief zu kommen, musste auch der Rahmen bearbeitet werden.
Teilweise von der Karosserie verdeckt werden durch den üppigen Tiefgang die Empi Five-Felgen. Während diese rundum 5,5×15 Zoll messen, fallen die Dimensionen der aufgezogenen Gummis mit 165/50R15 an der Lenk- und 185/R65R15 an der Antriebsachse sehr unterschiedlich aus – insbesondere fallen die hinten deutlich höheren Flanken ins Auge.

…aber topfitte Technik

Frisch renoviert ist im Gegensatz zum abgerissenen Outfit des VWs dessen darunter befindliche Antriebstechnik. Im T2a-Heck rumort ein auf 1.915 ccm vergrößerter Typ 1-Motor, dem zur Gemischaufbereitung zwei 40er IDF-Doppelvergaser aufsitzen. Für die Kraftstoffversorgung zeichnet eine elektrische Benzinpumpe von route-53.com verantwortlich, wo Greg im gleichen Zuge auch gleich einen zusätzlichen Ölkühler bezog. Abgasseitig wurde eine aus den USA importiert Vintage Speed-Abgasanlage mitsamt Edelstahl-Verrohrung angeflanscht. 120 PS soll der Boxer nach Gregs Angaben in seiner derzeitigen Konfiguration entwickeln.
Damit der Bulli die Power auch in Vortrieb ummünzen kann, hielt ein langes Käfer AT-Getriebe Einzug. Nachdem Greg als Folge der Leistungssteigerungen zunächst einen geradezu wahnwitzigen Verschleiß von Antriebswellen zu verzeichnen hatte, wurde dieses Problem nun mittels der Installation verstärkter CSP-Antriebswellen und -Antriebswellenköpfe aus der Welt geschafft. Ebenfalls aus dem Hause CSP stammen die Scheibenbremsanlagen der Vorderachse, während die Standard-Trommeln der Hinterachse von Route-53.com umfassend überholt wurden. Im Zuge der Technik-Upgrades wurde auch gleich der gesamte Kabelbaum erneuert.

Feines Interieur

Abschließend erhielt der Bulli umfassende Interieur-Renovierungen: Die Sitzmöbel inklusive des Rusty Lee-Betts sowie der Türverkleidungen wurden mit beigem Leder neu bezogen – sehr schick! Dazu passen das dreispeichige Holzlenkrad sowie der der mit Laminat im Stäbchenparkett-Look ausgelegte Fußboden.
Reif für den Schrottplatz? Von wegen!

Technical Facts

VW Bus T2a

Baujahr: 1970

Karosserie: originale Patina, mit Owatrol behandelt, Dachgepäckträger, Scheinwerfer-Vergitterungen, diverse Sticker

Motor: luftgekühlter Vierzylinder-Boxermotor, 1.915 ccm, 40er IDF-Doppelvergaser, Ölkühler und elekt. Benzinpumpe von Route-53.com, Vintage Speed-Abgasanlage mitsamt Edelstahl-Rohren, ca. 120 PS

Kraftübertragung: langes Käfer AT-Getriebe, verstärkte CSP-Antriebswellen und -Antriebswellenköpfe

Fahrwerk: verstellbare T1-VA (gekürzt, 4 Zoll), Dropped Spindels, HA verstellbare Federschwerter, kurze Koni-Dämpfer rundum, Rahmen vorne und hinten bearbeitet, alle Lager erneuert

Rad/Reifen: Empi Five-Felgen in 5,5×15 Zoll, Bereifung in 165/50R15 und 185/R65R15

Bremsen: VA CSP-Scheibenbremsen, HA Standard-Bremsen komplett überholt von Route-53.com

Innenraum: komplett neu bezogen mit beigem Leder inkl. Türverkleidungen samt Rusty Lee-Bett, Mad Matz-Teppiche inkl. Notsitze

Sonstiges: Kabelbaum komplett erneuert