50-jähriges Jubiläum für den VW K70

50 Jahre Jubiläum Mittelklasse Limousine 1970 VW K70

Zur falschen Zeit am falschen Ort

Häufig hat man den Eindruck, dass alles, was VW anfasst zu Gold wird. Modelle wie natürlich der Käfer und der Golf, aber auch der Polo und der Passat sowie in jüngerer Vergangenheit zum Beispiel der Touran oder der Tiguan wurden schnell zu Beststeller – und das obwohl sie teils erst viel später als die Konkurrenz in den Markt starteten. Doch bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass auch die Wolfsburger nicht immer ins Schwarze treffen. Eines der eher wenig erfolgreichen Modelle feiert nun sein 50. Jubiläum: der K70.

Schon der Weg ins Leben war für die Baureihe alles andere als gewöhnlich und ziemlich holprig: Entwickelt hatte das Modell nämlich ursprünglich gar nicht Volkswagen selbst, sondern vielmehr Ende der 60er Jahre NSU. Als dieser Hersteller 1969 mit der wiederum zum VW gehörenden Auto Union GmbH fusionierte, war der K70 fast schon dem Tod geweiht, bevor er überhaupt auf den Markt gekommen war. Der Konzern befürchtete zu große Konkurrenz aus eigenem Hause für den ähnlichen Audi 100. Nachdem jedoch Kaufinteressenten sich lautstark beschwerten, wurde letztlich beschlossen, das Fahrzeug – leicht modifiziert – doch noch als Volkswagen anzubieten.

Schwerer Stand gegen das Althergebrachte

Eigentlich brachte der K70, als er schließlich im Herbst 1970 in den Verkauf ging, alles mit, um ein Erfolg zu werden. So besaß er einen geräumigen Innenraum samt großem Gepäckabteil, eine fortschrittliche Fahrwerkskonstruktion mit McPherson-Federbeinen und Dreiecks-Querlenkern sowie moderne, wassergekühlte Vierzylindermotoren mit 1,6 oder später 1,8 Litern Hubraum sowie 75 bis 100 PS, welche die Vorderachse antrieben. Mit diesem revolutionären Konzept konnte der Wagen die Fachpresse überzeugen, doch die Mehrheit der Käufer – und das ist die Krux an der Sache – eben nicht. Die Kunden und Interessenten hielten an den bekannten VW-Tugenden fest: Sie griffen lieber weiterhin zu den mittlerweile eigentlic angestaubten Modellen Käfer, Typ 3 oder Typ 4 mit Heckmotor und -antrieb sowie enger geschnittenen Karosserien, die vielmehr selbst in den 70ern teils noch neue Verkaufsrekorde verzeichneten. Und nicht nur hinter der internen Konkurrenz musste die neue Limousine  zurückstecken, sondern die Wettbewerber anderer Marken verkauften sich ebenfalls besser. Da konnte auch eine letzte große Modellpflege im Jahr 1972 nichts mehr retten. Im Jahr 1975 beendete VW die schlicht nicht lohnenswerte Produktion im einst extra dafür gebauten Werk Salzgitter nach über etwa fünf Jahre Bauzeit hinweg nur knapp mehr als 211.000 gefertigten Exemplaren.

Zukunftsweisende Rolle

Trotz der enttäuschten Erwartungen und des Misserfolgs fungierte der K70 regelrecht als wegbereitender Meilenstein für den Hersteller, schließlich verfügte er als erster VW über das besagte neue Frontmotor- und -antriebskonzept. Damit war er seiner Zeit letztlich einfach nur zu weit voraus und die Kunden waren noch nicht bereit. Zu sehr unterschied sich einerseits schon das neue kantige Design von all jenem, was man bisher von VW gewohnt war. Hinzu kam andererseits das Problem, dass der Neuling und seine ungewohnte technologische Ausrichtung keinen triftigen Grund gaben, umzusteigen: Der K70 bot hinsichtlich seiner Fahrleistungen kaum Vorteile gegenüber den bisherigen, bewährten Modellen. So sahen selbst die Verkäufer keinen Anlass, auch nur zu versuchen, ihn an den Mann zu bringen; zumal er kostspielig war und gerade in der Anfangszeit immer wieder unter verschiedenen, kleinen Kinderkrankheiten litt. Somit geriet die – ein weiteres Problem – ausschließlich aus Limousine und nicht als Variant erhältliche Baureihe umso mehr ins Hintertreffen. Dennoch gab sie den Startschuss für VWs Aufbruch in eine neue, modernere Ära mit wassergekühltem Motor und Antriebsachse im Bug als standardmäßigem Layout und legte so den Grundstein für sämtliche folgenden Bestseller wie eben Golf, Polo oder Passat. Letzterer kam bereits 1973 auf den Markt und bewies mit seinem unmittelbaren und durchschlagenden Erfolg eindrucksvoll, dass es nicht pauschal an der technischen Ausrichtung lag, dass der K70 scheiterte. Heutzutage ist das Modell ein echter Exot, von dem nur noch wenige Exemplare existieren und der damit Seltenheits- und regelrecht Sammlerwert hat. Selbst auf einschlägigen Szene-Events ist er nur noch sehr sporadisch anzutreffen, dabei aber mittlerweile ein stets gerne gesehener Gast. So kann sich die Sicht auf die Dinge manchmal mit der Zeit ändern …