Patina-Coupé mit Technik-Upgrades

VW Karmann Ghia Beetle Factory

Hinsichtlich der artgerechten und nachhaltigen Haltung von Oldtimern bestehen bekanntlich unterschiedlichen Auffassungen und Herangehensweisen, die nicht selten zu kontroversen Diskussionen führen. Sind die einen der Meinung, dass die automobilen Schätzchen bestmöglich restauriert werden sollten, sodass sie im Idealfall „besser als neu“ dastehen, bevorzugen die anderen die Erhaltung über die Jahre gesammelter Fahrzeug-Patina, welche aus der Geschichte jahrzehntelanger Autoleben erzählt. Hier ein Richtig oder Falsch zu finden ist – zumindest mir – unmöglich, ist die Wahl der richtigen Fahrzeugbehandlung doch sehr von seinem Typ, seinem Charakter und insbesondere seinem Ist-Zustand abhängig.

Liebhaber patinierter Fahrzeuge setzen darüber hinaus recht häufig (aber nicht zwangsweise) auf mehr oder weniger zeitgenössische optische Individualisierungen und technische Optimierungen.

So auch geschehen beim hier abgebildeten Karmann-Ghia von Martin Golach aus Bonn. Der heute 44-Jährige erwarb das Coupé bereits vor gut zehn Jahren und achtete bei seiner damaligen Auswahl sorgfältig darauf, ein gut erhaltenes Exemplar des mangels entsprechener Konservierung für seine Rostanfälligkeit berüchtigten Volkscoupés zu erwischen. Ein Ding der Unmöglichkeit? Nur fast. Wo findet man sowas zu vertretbaren Preisen? In den USA.

Black Plate-Heimkehrer

Der 1968er Typ 14 wurde in San Francisco als Neuwagen ausgeliefert und war dann rund 20 Jahre unfallfrei in kalifornischem Sommerklima unterwegs. Weitere zwei Jahrzehnte schlummerte der VW anschließend in einer trockenen Garage, bevor er im Alter von 40 Jahren den Weg in sein Heimatland zurück fand – mitsamt Black Plate. Diese schwarzen Kennzeichen mit gelber Schrift wurden in Kalifornien in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre ausgegeben und dass Fahrzeuge sie heute noch tragen, gilt als hinreichender Beleg dafür, dass sie seit ihrer Erstzulassung ununterbrochen in diesem US-Bundesstaat zugelassen waren. Dies qualifiziert sie als potenziell bestens erhaltene Sammlerafahrzeuge.

Und tatsächlich: Der Erhaltungszustand der Karmann-Ghia-Karosserie war und ist so gut, dass an dem Fahrzeug bis heute keinerlei Schweiß- oder Lackierarbeiten vorgenommen wurden. Dementsprechend ist auch der gobibeige Lack noch völlig original, wovon hier und da entsprechende Patina kündet.

Hochglanz-Füchse

Original sind auch die mittels Hochglanzverdichtung zum Glänzen gebrachten Füchse, wobei die 4,5×15- und 6×15-zölligen Kultfelgen werksseitig natürlich nicht auf einem Karmann-Ghia, sondern auf einem Porsche-Zeitgenossen montiert waren. Besohlt sind sie hier mit Michelin-Gummis der Dimensionen 155/70R15 an der Lenk- und 195/65R15 an der Antriebsachse. Hinten kommen für einen satten Auftritt zudem 20-Millimeter-Spurverbreiterungen zum Einsatz.

Für eine üppige Reduzierung der Bodenfreiheit sorgen eine verstellbare Vorderachse und verstellbare Porsche-Schwerter inklusive Drehstäben an der Hinterachse. Rundum kommen Bilstein-Stoßdämpfer zum Einsatz. Dass diese Kombination sicher und problemlos fahrbar ist, weiß Martin zweifellos einzuschätzen, schließlich ist er als Prüfassisten beim TÜV Rheinland beschäftigt.

Verdoppelte Leistung

Während die Karosserie wie beschrieben unrestauriert bliebt, gönnte Martin der Karmann-Ghia-Technik unter dem Blech eine umfangreiche Revision, welche in den Werkstätten der Beetle Factory in Wuppertal durchgeführt wurde. Dort zog ins Heck des Coupés ein mit Mahle-Kolben und -Zylindern auf 1.776er vergrößerter AS-Motor ein, dessen Gemischaufbereitung zwei 40er Weber-Doppelvergaser mit K&N-Luftfiltern übernehmen. Zwischen den bearbeiteten 041er Zylinderköpfen mit 40/35er Ventilen rotiert eine 324-Grad-Nockenwelle von Schleicher mit einer Kipphebelübersetzung von 1:1,25. Die Abgase entweichen durch einen Ahnendorp-Auspuff, welcher sich optisch und akustisch dezent zurückhält. Da der Motor mit „gute 92 PS“, wie Martin augenzwinkern zu Protokoll gibt, mehr als doppelt so viel Leistung entwickelt wie das 1500er Standard-Aggregat, wurde auch das 4-Gang-Schaltgetriebe verstärkt und die Bremsanlage vergrößert. Vorne finden sich nun Scheibenbremsen vom Typ 3, hinten dessen Trommeln.

Feine Sattlerarbeiten

Umfangreich renoviert wurde auch im knapp geschnittenen Fahrgastraum des Karmanns. Die vom Porsche 356 stammenden Sitze wurden von Sattler Dirk Czepok aus Wuppertal mit braunem Echtleder von Audi samt heller Kontrastnähte bezogen, ebenso die Rücksitzbank, der obere Teil des Armaturenbretts sowie die Tür- und Seitenverkleidungen. Sogar der Dachhimmel und Teile der Fußmatten wurden entsprechend beledert. Geradezu „fett“ wirkt gegenüber den spindeldürren Serienlenkrädern der Holzkranz des dreispeichigen Grant-Volants. Unter dem Serienradio wurden drei Zusatzinstrumente für Drehzahl sowie Öldruck und -temperatur montiert.

Derzeit bastelt Martin an einem Pirelli-GTI, welcher noch seinem Bekunden auch „nicht so ganz serienmäßig“ bleiben wird. Nachdem wir einige weitere Informationen erhalten haben, über die wir an dieser Stelle allerdings noch still schweigen, sind wir ziemlich sicher, dass wir Martin bald zum Fotoshooting treffen werden…

Weitere Informationen zur Technik-Revision gibt es bei:

Beetle Factory GbR
Meisterbetrieb

Winchenbachstraße 18-20
42281 Wuppertal
Tel.: 0202 / 646066
Fax: 0202 / 2621207

E-Mail: info@beetle-factory.com

www.beetle-factory.com

Technical Facts

Karmann Ghia Typ 14; US-Modell

Baujahr: 1968

Karosserie: unrestauriert / ungeschweißt, originale Lackierung in Gobibeige

Motor: luftgekühlter Vierzylinder-Boxermotor, Typ AS, 1.776 ccm, Mahle-Kolben und -Zylinder, Bohrung 90,5 mm, Hub 69 mm, Weber-Doppelvergaser 40 IDF, K&N-Trockenluftfilter, Schleicher-Nockenwelle 324 Grad mit Kipphebelübersetzung 1:1,25, bearbeitete Zylinderköpfe 041 mit 40/35er Ventilen, Ahnendorp-Abgasanlage, gut 92 PS

Kraftübertragung: 4-Gang-Schaltgetriebe überholt und verstärkt,

Fahrwerk: verstellbare Vorderachse, verstellbare Schwerter an HA von Porsche inkl. Drehstab, VA + HA Bilstein-Stoßdämpfer

Rad/Reifen: originale Porsche Fuchs-Felgen 4,5×15 und 6×15 Zoll, hochglanzverdichtet, Michelin-Bereifung in 155/70R15 und 195/65R15, HA 20 mm Spurverbreiterung

Bremsen: Typ 3-Bremsanlage, VA Scheibenbremsen, HA Trommelbremsen

Innenraum: Porsche 356-Sitze mit Echtleder von Audi bezogen, Armaturenbrett, Tür- und Seitenverkleidungen mit Echtleder bezogen, Leder-Himmel und Fußmatten, Grant-Holzlenkrad, Zusatzinstrumente (Drehzahlmesser, Öltemperatur, Öldruck)

Musikanlage: originales Radio

 

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