Gruppe 5-Look-CSL mit M5-Power

Gruppe 5-Look-CSL mit M5-Power

Für Kenner ist es unübersehbar: Der hier abgebildete E9 bildet eine Reminiszenz an die 3.0 CSL-Rennwagen, mit welche BMW Motorsport-Mannschaft in den 1970er Jahren zahlreiche Erfolge einfuhr: Ihren Anfang fand die Siegesserie der CSL-Rennwagen am 8. Juli 1973, als Chris Amon und Hans Joachim Stuck mit einem Werks-CSL überlegen das 6-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring gewannen. Vier weitere Siege bei Läufen der Tourenwagen-Europameisterschaft folgten, sodass am Ende drei BMW-Piloten auf dem Treppchen der Meisterschafts-Gesamtwertung standen. Und die Siegesserie riss nicht ab: Zwischen 1973 und 1979 gewannen 3.0 CSL-Piloten sechs der sieben möglichen Fahrer-Gesamtwertungen und die Marke BMW ebenso oft die Hersteller-Wertung der Tourenwagen-Europameisterschaft.
Natürlich nahmen der technische Fortschritt und das Wettrüsten der Motorsport-Mannschaften im Lauf dieser Jahre ihren Lauf. Nochmals deutlich schneller und martialischer als die anfangs eingesetzten 3.0 CSL-Renner waren die in späteren Jahren auf den Track geschickten CSL-Boliden der Gruppe 5: automobile Ungeheuer mit weit ausgestellten Radhäusern und bis zu 800 PS starken Turbomotoren, die zu damaligen Zeiten von keinerlei elektronischen Fahrhilfen „kastriert“ wurden.

Gruppe 5-Rennwagen als Vorbild

Ein solcher Gruppe 5-Titan diente Georg Schuster aus München als Vorlage für sein E9-Projekt. Streng genommen handelt es sich bei dessen Coupé gar nicht um einen „echten“ CSL, lief das Fahrzeug doch im Jahr 1974 als normales CS-Modell vom Band. Trotzdem haben wir uns entschieden, es als CSL zu bezeichnen. Warum? Weil das Auto es verdient hat, vereint es in sich doch vermutlich mehr CSL-Spirit als original belassene E9 3.0 CSL-Modelle.
So bringt es nach dem kompletten Neuaufbau durch „Renntechnik Schuster“, wohinter sich niemand anders als Georg Schuster und sein ihm mit Rat und Tat zur Seite stehender Vater verbergen, beispielsweise nur noch rund 1.250 Kilogramm auf die Waage – 150 Kilogramm weniger als der CS und etwa soviel wie der werksseitig abgespeckte Leichtbau-Sportler CSL.

Frame Off-Restauration und Selfmade-Breitbau

Da es um eine radikale Frame Off-Restauration handelte, wurde die E9-Karosserie vor ihrer Transformation zunächst komplett sandgestrahlt und auf ihr zweites Leben vorbereitet. Sodann schickten die Schuster-Jungs sie zum Bodybuilding: Nach dem Vorbild der Gruppe 5-Werksrennwagen wurden der Breitbau sowie der Frontspoiler originalgetreu aus GFK angefertigt und mustergültig verbaut – eine unglaubliche Handwerksarbeit. Hinzu kam natürlich der charakteristische CSL-Heckflügel. Lackiert wurde die Karosserie selbstverständlich in den schon damals so kombinierten BMW-Rennsportfarben Blau, Violett und Rot auf weißem Grund.

13×18 mit 335/35R18 an der Hinterachse

Zwar nicht wirklich „originalgetreu“, dessen ungeachtet aber mindestens ebenso geil sind die Rad/Reifen-Kombinationen des Gruppe 5-Nachbaus: Mit satten 18 Zoll fallen die Kerscher CS-Dreiteiler in puncto Durchmesser um einige Zoll größer aus als in den 1970ern selbst bei den Rennversionen üblich und auch die Breiten der mit den goldenen Y-Speichen-Sternen verschraubten Edelstahl-Stufenbetten fallen mit 10 Zoll an der Lenk- und sogar 13 Zoll (!) an der Antriebsachse reichlich überdimensional aus. Dementsprechend fett bemessen sind auch die Pirelli P Zero-Walzen der Dimensionen 275/35R18 und 335/35R18.

446 PS starkes 3,8-Liter-Triebwerk aus dem E34 M5

Dass letztere in der Lage sein sollten, mächtige Antriebskräfte auf den Asphalt zu übertragen, liegt auf der Hand. Und das ist auch gut so. Denn im Maschinenraum des als 3.0 CS geborenen E9, wo also einst ein 3,0-Liter-Vergasermotor mit vergleichsweise zahmen 180 PS seinen Dienst tat, lauert heute ein ganz anders Kaliber: das 3,8-Liter-Triebwerk aus dem E34 M5! Und der S38B38 zog keineswegs „einfach so“ in den Bug des E9 ein, sondern wurde von Renntechnik Schuster zuvor umfassend aufgerüstet. Klassisches Saugertuning stand auf dem Programm: Wössner-Schmiedekolben auf aus dem Motorsport stammenden H-Schaft-Pleueln versetzten die erleichterte Kurbelwelle des Hochdrehzahl-Sechsenders in Rotation, während scharfe Cat Cams-Nockenwellen die Ventile innerhalb des modifizierten Zylinderkopfes via Schrick-Tassenstößel zum Tanz bitten. Frischluft strömt via eines selbst konstruierten und angefertigten Carbon-Ansaugsystems mit üppig dimensionierter Airbox in die Brennkammern, während abgasseitig eine aus Edelstahl nach Maß angefertigte Anlage inklusive Fächerkrümmer röhrt. Eine frei programmierbare MBE Systems-Motorsteuerung dirigiert das versammelte Hardware-Orchester nach der in ihr hinterlegten Software-Partitur. Die Maximaldrehzahl des modifizierten M5-Aggregats beträgt rasante 8.500 U/min und dank einer Power von 446 PS drückt das breite Coupé seine Sharknose mit bis zu 284 km/h in den Fahrwind.

Brembo-Stopper und einstellbares Gewindefahrwerk

Selbstverständlich wurden angesichts solcher Werte auch die Bremsanlage und das Fahrwerk entsprechend modernisiert und verstärkt: An der Vorderachse verbeißen sich mächtige 8-Kolben-Sättel aus dem Hause Brembo in 360-Millimeter-Scheiben, während der historische Bayer hinten mit 4-Kolben-Sätteln und 285er Scheiben verzögert.
Die Justagemöglichkeiten des in Höhe sowie Druck- und Zugstufendämpfung justierbaren KW Variante 3-Gewindefahrwerks werden von einstellbaren Aluminium-Domlagern nochmals vergrößert. Für die Aufnahme der hinteren Federbeine wurden von eigens neue Dome angefertigt und mitsamt massiver Verstrebungen in die Karosseriestruktur eingeschweißt.
Auch die an Vorder- und Hinterachse installierten Stabilisatoren sind in ihrer versteifenden Wirkung dreifach verstellbar, sodass sich für wirklich jedes Geläuf ein passendes Setup justieren lässt.
Während die historischen 3.0 CSL nur über vier Gänge verfügten, steckt im Schuster-E9 ein 5-Gang-Schaltgetriebe. Dieses stammt jedoch nicht – wie man vermuten könnte – vom Motorspender E34 M5, sondern aus einem E30 M3.

Epochen-Mix im Cockpit

Im komplett neu gestalteten Cockpit kombinierte Georg – wie schon beim M2002 gesehen – historische und moderner Elemente. Inmitten eines von Sichtcarbon ummantelten Heigo-Überrollkäfigs nehmen er und sein Copilot – im Regelfall seine ebenfalls fest in der BMW-Tuning-Szene verhaftete Freundin Jasmin – in mattschwarz lackierten Recaro Pole Position-Schalensitzen Platz, wo sie sich mit 4-Punkt-Schroth-Gurten sichern. Reichlich Carbon schimmert auch am Armaturenbrett, worin auf der Fahrerseite ein minimalistisches Stack ST 8130-Renndisplay mit analogem Drehzahlmesser integriert wurde. Auf das übersichtliche Instrument blickt Georg durch ein tief geschüsseltes OMP-Motorsport-Lenkrad mit Wildleder-Kranz.

Besuch vom CSL-Werksrennfahrer

Auf Nachfrage konnte uns Georg – von der unsagbar aufwändigen Aufbauphase – gleich zwei Ereignisse benennen, die er wohl auf ewig mit seinem 3.0 CSL verbinden wird. Das erste war das Erreichen eines fünften Platzes beim diesjährigen European Tuning Showdown, dem europaweit sicher hochklassigsten Tuning-Contest, welcher alljährlich auf der Tuning World Bodensee in Friedrichshafen über mehrere Tage hinweg ausgetragen wird. Die zweite Begebenheit trug sich bereits einige Zeit früher zu: Während er den BMW gerade fertig stellte, besuchte ihn Rennsport-Legende und 3.0 CSL-Werksrennfahrer Hans-Joachim Stuck persönlich in seiner Werkstatt, um den Wagen in Augenschein zu nehmen. Der heutige DMSB-Präsident verewigte sich bei dieser Gelegenheit mit einem Autogramm auf dem Beifahrer-Armaturenbrett.

Wer nun übrigens glaubt, es handelte sich bei diesem extrem aufwändigen Custom-Projekt um ein reines Showfahrzeug, der irrt: Der Gruppe 5-CSL ist vom TÜV abgenommen, damit offiziell für den Straßenverkehr zugelassen und auch angemeldet. Erschreckt euch also nicht allzu sehr, wenn euch dieses Monster einmal auf der Autobahn oder im Münchener Stadtverkehr begegnet…

Technical Facts

BMW E9 3.0 CSL (Basis 3.0 CS)

Baujahr: 1974

Karosserie: komplett sandgestrahlt und restauriert, neue Seitenteile, neue Schweller, Umbau auf Gruppe 5-Look nach Vorbild BMW-Werksrennwagen, Verbreiterungen und Frontspoiler Eigenbau aus GFK, HA Federbeindome eingeschweißt mit Verstrebungen

Motor: 3,8-Liter-Reihensechszylindermotor (S38B38), Zylinderkopf bearbeitet, erleichterte Kurbelwelle, Wössner-Motorsport-Schmiedekolben, Motorsport-H-Schaft-Pleuel, Cat Cams-Nockenwellen, Schrick-Tassenstößel, Carbon-Ansaugsystem mit Airbox (Eigenbau), Umbau auf Einzelzündspulen, frei programmierbare MBE Systems-Motorsteuerung, Fächerkrümmer, Edelstahl-Abgasanlage, 446 PS

Kraftübertragung: 5-Gang-Schaltgetriebe vom E30 M3

Fahrwerk: KW Variante 3-Gewindefahrwerk, einstellbare Domlager aus Aluminium, dreifach verstellbare Stabilisatoren vorne und hinten

Rad/Reifen: dreiteilige Kerscher CS-Felgen in 10×18 und 13×18 Zoll, Pirelli P Zero-Bereifung in 275/35R18 und 335/35R18

Bremsen: Brembo-Bremsanlage, VA 8-Kolben-Sättel und 360-mm-Scheiben, HA 4-Kolben-Sättel und 285-mm-Scheiben

Innenraum: Heigo-Überrollkäfig, Recaro Pole Position-Sitze (mattschwarz lackiert), Schroth-4-Punkt-Sicherheitsgurte, Carbon-Applikationen am Armaturenbrett, Alcantara-Dachhimmel in Schwarz, Alcantara-Türverkleidungen in Schwarz mit blauen Nähten, OMP-Motorsport-Lenkrad, Stack ST 8130-Renndisplay mit analogem Drehzahlmesser