Ein Hebmüller in Tokio!

VW Hebmüller-Cabrio

VW Hebmüller-Cabrio

Takashi Komori von Flat-4 ist bekannt dafür, dass er eine Reihe von historisch bedeutsamen Volkswagen wie beispielsweise das 433. gebaute Hebmüller Cabrio besitzt. Es war zuletzt bei der Mooneyes‘ Hot Rot Custom Show in Yokohama zu finden, wo es ein neues Gewand trug. Wie viele andere Besucher auch, haben wir uns direkt in den Wagen verliebt. Nachdem wir die Bilder im Internet gesehen hatten, kontaktierten wir unverzüglich Nao Fujita, den Produktmanager von Flat-4, und baten ihn, uns mehr zu den Auto zu erzählen. Tatsächlich war das Cabrio eigens für das Event leicht modifiziert worden, um die „911-Style“-Felgen von Flat-4 zu bewerben. Kurz danach – so der Plan – sollte der Hebmüller schon wieder auf den Serienzustand zurückgerüstet werden. Glücklicherweise konnten wir Nao am Ende unseres Gesprächs dazu bringen, mit dem Rückbau bis zu unserem nächsten Besuch in Japan zu warten. So konnte sich WOB Klassik mit Flat-4 zu einem Fotoshooting treffen.

Der offene Käfer sah mit seinem zweifarbigen Rot-Schwarz-Outfit fantastisch aus, wie er da eng umringt von zahlreichen weiteren Autos in Takashi Komoris Sammlung stammt. Selbiger besitzt einige wirklich tolle Modelle inklusive der seltensten VW-Modelle und -Varianten von diversen eigenständigen Karosseriebauern: 1950er Karmann-Cabrios, ein 1953er Dannenhauer & Stauss, ein 1956 Rometsch Besskow, ein 1959er Rometsch Lawrence und viele mehr. Sie teilen sich den Platz mit einigen Rennwagen und Fahrzeugen aus dem Krieg – was für ein glücklicher Mann!

Bewegte Geschichte

Es ist recht wenig bekannt über die Geschichte dieses Cabriolets, bis es – begleitet von gleich zwei weiteren Hebmüllers – in den späten 1970er oder frühen 1980er Jahren von Deutschland in die USA kam. Dort ging es durch einige Besitzerhände, beispielsweise die der bekannten VW-Sammler Dr. Mac Jones und Ed Economy. Sein letzter amerikanischer Besitzer Andrew Kiemm sollte ebenfalls genannt werden, da er den Wagen restaurierte und ihm so seinen früheren Glanz zurückbrachte. Als Kiemm das Cabrio übernahm, bekam er ein Modell, das bereits Mitte der 1970er in Deutschland eine erste Auffrischung erhalten hatte. Reparaturen aus dieser Zeit umfassten die Ausbesserung von Roststellen und einen Tausch der Heizkanäle. Die letzte Änderung jedoch stellte sich aber leider als für das Baujahr falsch heraus. Andrew engagierte Tony Ochoa, um das automobile Juwel zu renovieren, beginnend mit den besagten Heizkanälen und zudem, um einige „falsche“ Bleche zu korrigieren. Tony Ochoa benötigte unzählige Stunden, um die Karosserie vorzubereiten, bevor der neue Lack, zwei Gallonen L41 Schwarz und eine Gallone L50 Korallenrot, aufgetragen wurde – eine zeitgenössische Kombination, die Hebmüller für die 696 von ihnen gebauten Cabrios anbot.

Zunächst noch serienmäßiger Motor

Währenddessen entkernte Phil Diaz das originale Bodenblech (Chassis-Nummer 1-0138 621), bevor es bei Orange County Plating in seidenglänzendem Schwarz pulverbeschichtet wurde. Dann erhielt es verschiedene neu gebaute Komponenten wie etwa den Frontbereich und das Crash Box-Getriebe, an welches sich das unveränderte 25-PS-Triebwerk anschloss. Danach vereinten weitere anerkannte Akteure aus Kaliforniens Vintage-VW-Kreisen ihre Kräfte mit Andrew, um das Projekt zu vollenden: „Long Hair“ John McKeighan, Rafael Gutierrez und das Team von West Coast Classic. Sie kümmerte sich um das Verdeck und die Quadratmaschen-Teppiche im Innenraum, wobei nur deutsche Materialien Verwendung fanden. Octavio Gutierrez von Kustom 1 rundete das Cockpit unterdessen mit Ledersitzen und -Türverkleidungen ab.

Leistungsgesteigerter Motor

Vor inzwischen 12 Jahren dann stimmte Andrew zu, seinen komplett restaurierten Hebmüller an Takashi Komori zu verkaufen. Dieser wiederum ergänzte einige persönliche Modifikationen an seinem neuen Spielzeug. Das Armaturenbrett bekam zwei Handschuhfach-Klappen sowie ein Petri-Lenkrad mit Hupen-Ring. Zudem kann das Fahrzeug (anders als auf den Bildern) oft mit Foxcraft-Kotflügelschürzen gesehen werden. Takashi mag es, seine alten VWs mit seltenen Leistungs-Kits auszustatten, wie beispielsweise einem Judson-Kompressor wie bei seinem 56er Rometsch oder einem Autotechnik-Doppelvergaser-Kit, wie ihn sein 59er Rometsch besitzt. Zudem ist er ein Freund der Marke Okrasa, sodass es nicht verwundert, dass gleichermaßen sein Dannenhauer & Stauss sowie der Hebmüller Performance-Produkte dieser deutschen Marke nutzen. Die gezeigten Bilder zeigen tatsächlich ein Okrasa-Setup, das zwei Solex 32PBIC-Vergaser verwendet. Der 25-PS-Block verbirgt ferner eine 69,5-Millimeter-Kurbelwelle des Herstellers, was eine Hubraumvergrößerung auf knapp 1.300 Kubikzentimeter bewirkt. Ergänzt um einen originalen Abart-Vierrohr-Endschalldämpfer (auch, wenn Flat-4 mittlerweile originalgetreue Nachbauten anbietet) resultieren knapp 50 PS am Schwungrad.

Spezielle Rad/Reifen-Kombination

Um den Wagen startklar für die Mooneyes‘ Show in Yokohama zu machen, musste lediglich die werkseitige Frontachse durch ein einstellbares Pendant getauscht werden. Die richtige Reifen-Kombination verstärkt die aggressive Keilform mit abwärts gerichteter Nase: Flat-4 wählte Michelin XZX-Reifen in 145-15 vorne und an der Hinterachse große Firestone Wide-O-Oval-Gummis in F70-15. Aufgezogen sind sie auf die bereits erwähnten Flat-4-Tiefbettfelgen im Fuchsfelgen-Design der alten 911er. Sie messen 4,5×15 sowie 6×15 Zoll. Die lackierten und akzentuierten Räder passen hier dank entsprechender Adapter problemlos an die Achsen des Käfers. Zu guter Letzt verfeinert eine Handvoll Details das Exterieur: rote Kotflügelkeder, verchromte T-Bars statt der originalen Stoßfänger und Scheinwerfer-Vergitterungen im Porsche-Look. Damit erhält das sonst so brave Cabrio eine gute Portion Hot Rod-Attitüde. Mit diesem etwa 60 Jahre alten VW durch die Tokioter Straßen zu fahren, um eine geeignete Fotolocation zu finden, war übrigens ein unvergessliches Erlebnis – wenn auch stressig wegen des unglaublich hektischen Verkehrs. Mit der Crash Box-Schaltung klarzukommen, gestaltete sich zudem recht … interessant. Doch letztendlich werden diese Volkswagen-Erinnerungen uns für Jahre bereichern. Wir danken Takashi Komori und dem Flat-4-Team, dass sie es ermöglichten, dieses außergewöhnliche Fahrzeug in die WOB Klassik zu bringen.

Technical Facts

VW Hebmüller-Cabrio

Baujahr: 1950

Karosserie: rote Kotflügelkeder, verchromte T-Bars statt der originalen Stoßfänger, Scheinwerfer-Vergitterung im Porsche-Style, Heizkanäle erneuert, Verdeck erneuert, Bodenblech schwarz pulverbeschichtet, Neulackierung in Original-Farbkombination Schwarz und Korallenrot

Motor: 1,3-Liter-Vierzylinder-Boxermotor, zwei Solex 32PBIC-Vergaser, 69,5-mm-Kurbelwelle von Okrasa, Abarth-Schalldämpfer mit vier Abgasendrohren, ca. 50 PS

Kraftübertragung: Crash Box-Handschaltgetriebe, komplett neu

Fahrwerk: neue, einstellbare Vorderachskonstruktion

Rad/Reifen: Flat 4-Tiefbettfelgen im 911-Fuchsfelgen-Style in 4,5×15 und 6×15 Zoll, VA Michelin XZX-Bereifung in 145 SR15 und HA Firestone Wide-O-Ovals in F70-15, montiert mit Hilfe von Adaptern

Innenraum: Bezüge der Sitze und Türverkleidungen aus Leder, Fußräume sowie Mittelkonsole und Ablage im Fond mit Quadratmaschen-Teppich ausgekleidet, Petri-Lenkrad mit Hupen-Ring, zwei Handschuhfach-Deckel am Armaturenbrett

Text: Stephan Szantai/Simon Mombartz, Fotos: Stephan Szantai