Cobra-Replika mit LS-Power

AC Cobra-Replika (Autotrak/Cobretti Viper-Kit-Car) von TR-Carstyling

Es ist einer der populärsten und klangvollsten Namen der US-Car-Community und -History überhaupt: Shelby. Wir haben es überprüft: Keine einzige der inzwischen 22 erschienenen Cars & Stripes-Print-Ausgaben kommt gänzlich ohne Erwähnung dieses großen Namens aus. Sei es im Zusammenhang mit den aktuellen Shelby American-Modellen, der grandiosen Shelby-Heritage oder natürlich den legendären Shelby-Mustangs der vergangenen sechs Jahrzehnte. Und spätestens seitdem allein in Deutschland im vergangenen Herbst mehr als 360.000 Kino-Besucher den Blockbuster „Le Mans 66 – Gegen jede Chance“ sahen, ist nicht mehr nur Experten bekannt, wie Carroll Shelby und sein kongenialer Entwickler und Rennfahrer Ken Miles beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans des Jahres 1966 mit dem von ihnen konstruierten und aufgebauten Ford GT40 die Seriensieger von Ferrari entmachteten. Was der Film nicht erzählt: Bereits zuvor hatten Carroll Shelby und Ken Miles gemeinsam ein damals für seine Fahrleistungen berüchtigtes und heute legendäres Fahrzeug auf die Räder gestellt: die AC Cobra 427, nicht selten auch Shelby-Cobra genannt.

In Kooperation mit dem britischen Sportwagenhersteller AC entwickelte Carroll Shelby auf Basis von dessen früherem Modell AC Ace die Cobra, welche ab 1962 zunächst als AC Cobra 289 mit 4,3-Liter-Ford-V8-Motoren zu haben war. Im Januar 1965 legten AC und Shelby nochmals kräftig nach: Unter der Haube der legendären Cobra 427 – an deren Entwicklung Ken Miles maßgeblich beteiligt war – lauerten 7,0 Liter große NASCAR-Rennmotoren mit mehr als 400 PS und 640 Nm Drehmoment, welche die 427er Cobra zu schwer beherrschbaren „Männerautos“ machten. Die AC Cobra 427 gewann 1965 nicht nur die Sportwagenweltmeisterschaft, sondern hielt ab der Mitte der 1960er auch für viele Jahre den Rekord als schnellstes Straßenauto der Welt – mit 293 km/h. Insgesamt wurden nur 348 Cobra 427 gefertigt. Wie viele davon bis heute überlebt haben, ist angesichts ihrer vorsätzlichen Übermotorisierung fraglich. Klar jedoch ist: Originale 427er sind extrem rar und teuer; teilweise werden Summen von mehr als einer Million Euro aufgerufen und bezahlt. Der Rekordpreis für eine 1966er Cobra 427 Super Snake, von welcher nur 23 Stück gebaut wurden, betrug bei einer Versteigerung im Jahr 2007 sage und schreibe fünf Millionen Euro!

Britischer Nachbau

Doch es geht auch günstiger: Denn viel häufiger als „echte“ Cobras sind auf dem Gebrauchtwagenmarkt optisch und technisch mehr oder weniger originalgetreue Replikas zu finden. Um eine solche, für den Laien vom Original kaum zu unterscheidende Replik handelt es sich auch beim hier abgebildeten Roadster. Auf die Räder gestellt wurde das Fahrzeug in den 1990er Jahren bei Cobretti Engineering, später umfirmiert in Autotrak (Cobretti) Limited in London. Die offizielle Modellbezeichnung der auf Ford Granada-Technik basierenden Cobra-Nachbildung von Autotrak/Cobretti lautet „Viper“ und ist umso passender, gilt doch die von 1992 bis 2017 gefertigte Dodge Viper als „Nachfolger im Geiste“ der AC Cobra.
Trotz der originalgetreuen Optik war der Fahrzeugbesitzer mit seiner Replika-Cobra sehr unglücklich: Die in die Jahre gekommende Technik des puristischen Sportwagens war sehr anfällig, sodass das Auto über drei bis vier Jahre hinweg trotz diverser Instandsetzungsansätze mehr stand, als dass es fuhr. Dann hatte sein Besitzer die Nase gestrichen voll und wandte sich an das Team von TR-Carstyling aus dem im Vogelsberg gelegenen Schotten. Der Auftrag: Die Cobra-Replik sollte so fit gemacht werden, dass man damit ohne mulmiges Gefühl Gewissens und ohne größere Vorbereitungen eine sonnige Wochenend-Ausfahrt unternehmen könne – und das Ganze am besten noch mit deutlich mehr Power als bisher.

LS-V8 im Replika-Oldtimer

Thomas Ranft und seine Crew verfolgten zur Erfüllung dieser Aufgabenstellung ein im Hause TR-Carstyling bewährtes Muster: Sie machten Nägel mit Köpfen und rüsteten den in seiner Basis aus den 1990er Jahren stammenden „Oldie“ mit einem deutlich moderneren Antrieb aus. Den im Motorraum vorhandenen Vergaser-V8 warfen sie ins Altmetall und platzierten im Cobra-Bug einen komplett revidierten 5,3-Liter-Vortec-V8, welchen ein 2008er Chevrolet Suburban gespendet hatte, samt FT550 Lite-Einspritzanlage der von ihnen vertriebenen Marke Fueltech sowie ein frei programmierbares Steuergerät.Beidseits der polierten Holley-Ansaugbrücke mit 102-Millimeter-Drosselklappe leuchten in Rot die Einzelzündspulen von MSD. Die Kraftstoffversorgung wurde auf stabile Edelstahl-Leitungen mit Dash-Anschlüssen umgerüstet. Dazu gab es einen leistungsfähigen Wasserkühler mit SPAL-Lüfter, denn schließlich stand insbesondere ein problemloser Freizeit-Betrieb im Lastenheft. An Fächerkrümmer schließt sich eine von TR-Carstyling konstruierte Abgasanlage mit beidseitigen Sidepipes an, welchen ein sattes V8-Brabbeln entweicht. Gegen versengte Waden, wie man sie sich beim unachtsamen Aussteigen aus mit Sidepipes ausgerüsteten Fahrzeugen sonst geradezu zwangsläufig holt, wurden die seitlichen Endschalldämpfer mit schwarzem Hitzeschutzband umwickelt. Rund 350 PS entwickelt der V8 und ist damit beinahe ebenso stark wie die mächtigen 427er der 1960er Jahre.

Qualm an der Kette

An die Hinterachse geschickt wird diese Power via einer B&M-4-Stufen-Automatik, welche mittels eines modifizierten Corvette C4-Wandlers an den Motor angebunden wurde. Ein unter dem Bug platzierter Ölkühler hält das Schmiermittel des Getriebes auch dann im grünen Bereich, wenn der Pilot Qualm gibt. Apropos Qualm: Achtern angekommen, trifft die Antriebskraft auf recht schlanke Reifen: Die auf rundum 8×15-zöllige Compomotive-Felgen, welche trotz ihrer Zentralverschluss-Optik mit „normalen“ Radschrauben an den Ford Granada-Achsen fixiert wurden, aufgezogenen BF Goodrich-Gummis messen nur 205/60R15 an der Lenk- und 235/60R15 an der Antriebsachse, sodass die Hinterräder bei forcierter Gangart ziemlich um Grip kämpfen müssen.
Die der Replika von ihren britischen Erbauern mit auf den Weg gegebenen Scheibenbremsen wurden von TR-Carstyling überholt und mit Stahlflex-Leitungen aufgewertet.

Cockpit-Renovierungen

Auch im „auf Taille geschnittenen“ Cobra-Interieur gab es einiges zu tun. Zwar waren die Sitzschalen bereits schmuck beledert, das Armaturenbrett jedoch machte seinem Namen alle Ehre: Hier zeigte sich reichlich nacktes Aluminium. Selbiges wurde von TR-Carstyling im Stil der Sitze mit schwarzem Leder bezogen. An Bord kam in diesem Zuge auch ein Autometer-Tachometer mit km/h-Skalierung, welcher die Geschwindigkeit mittels GPS bestimmt. Stilecht: Das kleine Holzlenkrad und der B&M-Shifter mit Billardkugel-Schaltknauf, auf dessen von TR-Carstyling als Sonderanfertigung realisierter schwarzer Kugel nicht wie üblich eine 8, sondern – passend zu den Startnummern auf den Flanken der Cobra-Replik – eine 7 prangt.

Technical Facts

AC Cobra-Replika (Autotrak/Cobretti Viper-Kit-Car)

Baujahr: 1990er Jahre

Karosserie: GFK-Karosserie von Autotrak/Cobretti

Motor: 5,3-Liter-Vortech-V8, Fueltech FT550 Lite-Einspritzanlage, frei programmierbares Steuergerät, MSD-Einzelzündspulen, polierte Holley-Ansaugbrücke mit 102-mm-Drosselklappe, Kraftstoffversorgung mit Dash-Anschlüssen und Edelstahl-ummantelten Leitungen, neuer Wasserkühler mit SPAL-Lüfter, Fächerkrümmer, Custom-Sidepipe-Abgasanlage mit Hitzeschutzband, ca. 350 PS

Kraftübertragung: B&M-4-Stufen-Automatik, modifizierter Wandler aus Corvette C4, Getriebeöl-Kühler im Bug

Fahrwerk: Ford Granada-Achsen mit McPherson-Federbeinen, diverse PU-Buchsen

Rad/Reifen: Compomotive-Felgen in 8×15 Zoll mit Zentralverschluss-Optik, BF Goodrich-Bereifung in 205/60R15 und 235/60R15

Bremsen: überholte Original-Bremsanlage mit Stahlflex-Bremsleitungen

Innenraum: Armaturenbrett beledert, Autometer-GPS-Tachometer mit km/h-Skalierung nachgerüstet, belederte Sitze mit Sparco-Gurten ausgerüstet, Holzlenkrad, B&M-Shifter mit Billardkugel-Schaltknauf