Wooly Bully

Buick Super im Rat-Styling

„Wooly Bully“. So lautet der Titel eines recht populären Nonsens-Songs, welcher im Jahr 1965 gesungen von Sam the Sham & the Pharaohs zum Hit wurde und bis heute gerne – zumeist zu fortgeschrittener Stunde und bei leicht erhöhtem Alkoholpegel aller Beteiligten – auf Partys gespielt wird. Inhaltlich handelt Wooly Bully, was zu Deutsch etwa „tyrannisches Wollknäuel“ bedeutet, von einem Dialog über das amerikanische Bison und das Erfordernis geschickt tanzen zu können. Wir sagten ja: Nonsens. Dass auch Stefan Olander aus dem schwedischen Falun seinen hier abgebildeten 1946er Buick Super der Serie 50 auf den Namen „Wooly Bully“ taufte, unterstreicht, dass sich der 35-jährige Kraftfahrer sehr wohl bewusst war, dass er bei der Planung und der Umsetzung des Fahrzeugumbaus Nonses trieb – und das konsequent. Aber vielleicht macht gerade das das Auto so sehenswert. Denn: Ein Hingucker ist der rattig-rostige 4-door Sedan allemal – auch wenn er sicherlich polarisiert und nicht jedermanns Geschmack treffen wird.

Erstmalig erworben hat Stefan den viertürigen 5,20-Meter-Straßenkreuzer bereits vor zehn Jahren. Und zwar in gut gebrauchtem Originalzustand. Sogar das Cockpit des bereits in der Vorkriegszeit entwickelten und produzierten, dann von 1943 bis 1945 vorübergehend auf Eis gelegten und 1946 „wiederbelebten“ Buick Super war schon einmal restauriert worden. Viel übrig geblieben ist davon freilich bis heute nicht. Ganz vorsätzlich ließ Stefan seinen Buick „verrotten“: Die Karosserie ist beinahe zur Gänze von Rost überzogen, die Flanken tragen Narben in Form von Kratzer und Dellen sowie fehlenden Zierleisten. Selbst die Windschutzscheibe ist von zahlreichen Rissen durchzogen. Na und?! „Einen Scheiss muss ich!“ scheint der nordische Outlaw den Verfechtern fein restaurierter und auf Hochglanz polierter Oldtimer mit seinem automobilen Statement entgegenschreien zu wollen.

Organtransplantation

Im Winter 2010/2011 nahm Stefan an seinem Oldie eine umfassende Organtransplantation vor: Den ab Werk unter der Motorhaube beheimateten 4,0-Liter-Reihenachtzylinder (!) warf er aus dem Maschinenraum heraus und beheimatete dort einen Chevrolet-Small Block-V8 mit 305 cubic inches Hubraum, wie er in der zweiten Hälfte der 1970er sowie den frühen 1980er Jahren in diversen Chevy-, Pontiac-, Checker-, Oldsmobile- und natürlich auch Buick-Modellen für moderaten Vortrieb sorgte. Genau Leistungsdaten des nachträglich mit einem Edelbrock-Vergaser und einem HEI-Zündverteiler ausgerüsteten Achtenders liegen nicht vor, jedoch darf von einem Power-Output zwischen 140 und 180 PS ausgegangen werden. Genauer muss man es eigentlich auch gar nicht wissen, denn klar ist: Der 46er Buick reißt nach wie vor keine Bäume aus, sondern treibt den 1,8-Tonner in Kombination mit der parallel installierten Turbo-Hydramatic 400-3-Gang-Wandlerautomatik sowie einer Hinterachse mit 3,08er Endübersetzung vielmehr gemächlich und drehmomentstark an. Dass er dabei durchaus in der Lage ist, die auf 15-zöllige Stahlfelgen aufgezogenen Weißwandreifen vom Asphalt loszureißen und in Rauch aufgehen zu lassen, demonstriert der Buick auf unseren Fotos ja eindrucksvoll.

Luftfahrwerk mit Klimakompressor

Apropos eindrucksvoll: So lässt sich auch die Tieferlegung des Buicks beschreiben. Achten lassen Luftfederbeine das ausladende, geschwungene Heck soweit absinken, dass die Chrom-Stoßstange beinahe über den Asphalt schleift. Hierzu mussten zwar der Rahmen bearbeitet und die Dämpfer-Aufnahmen zwar durch das Kofferraumblech hindurch nach oben versetzt werden, das machte Stefan aber nichts aus. Immerhin hat er im Zuge der Umbaumaßnahmen so ganz nebenbei das Schweißen gelernt. Einen elektrischen Kompressor zur Befüllung des Lufttanks – wie er bei Airrides üblich ist – besitzt der Buick übrigens nicht. Stefan konnte das typische Brummen nicht leiden und installierte stattdessen einen über Riemen angetriebenen Klimakompressor vom Volvo V40, um den Airride-Tank zu füllen. Zudem kommen an der Hinterachse nun Trommelbremsen vom Chevrolet Caprice zum Einsatz.

Patina meets Pinstripes

(Nicht nur) von Gebrauchsspuren gezeichnet präsentiert sich das Cockpit. Denn über das Armaturenbrett ziehen sich neben der Patina von mehr als 70 Jahren Autoleben auch diverse Pinstripes. Durch das große Dreispeichen-Lenkrad fällt der Blick auf einen auf der Lenksäule platzierten Drehzahlmesser, während der Beifahrer auf seiner Seite eine große Zeituhr im Blick hat. Die Sitzmöbel sowie die Seitenverkleidungen und der Dachhimmel wurden mit grauem Alcantara neu bezogen, sodass durchaus eine gewisse Gemütlichkeit herrscht.

Langstrecken-Cruiser

Das ist auch gut so. Denn wer nun glaubt, dass die Super-Ratte ein reines Kurzstreckenfahrzeug oder gar eine Trailer Queen ist, der irrt: der Wagen ist regelmäßig auch auf der Langstrecke unterwegs. Seit dem Umbau hat er mit seinem verrückten US-Oldie insgesamt zwölf Länder bereist – und nur eine einzige Panne dabei erlebt. Damit hat der Schwede bei seinem Umbau offenbar ganze Arbeit geleistet. Und das, obwohl er – nach eigenem Bekunden – keine Ahnung von dem hatte, was er da eigentlich tat.

Na dann: Wooly Bully!