Power matters: Green Lizzie

Time Attack, Mitsubishi Lancer Evo 8

Bereits in der vergangenen Ausgabe des Performance Magazins konnten wir euch mit dem Toyota Corolla AE86 von Andreas Lanz einen schnellen Time Attack-Rennwagen aus der Schweiz vorstellen. Auch der hier abgebildete Mitsubishi Lancer Evo 8 stammt aus dem Land der (angeblich so langsamen) Eidgenossen und geht im Rahmen der German / European Timeattack Masters auf die Jagd nach der schnellsten Rundenzeit. Während der Corolla allerdings als klassischer Hochdrehzahl-Sauger mit Heckantrieb auf den Track geht, tritt Phils Röthelis Evo selbstverständlich mit bärenstarkem Turbomotor sowie Allradantrieb an. Und seine Nennung in der Klasse „Extreme“, deren Reglement der Technik-Aufrüstung praktisch keine Grenzen setzt, deutet bereits an, dass der Mitsubishi mit seinem Serienfahrzeug kaum mehr etwas gemeinsam hat.

Stimmt – und das war schon so, als der heute 32-jährige Schweizer den in seiner Basis aus dem Jahr 2005 stammenden Evo im Jahr 2014 übernahm: Schon 2007 war der Lancer beim 24-Stunden-Rennen auf der Nürburgring Nordschleife am Start, kam seither in verschiedenen Rennserien und Klassen zum Einsatz und wurde von seinem Vorbesitzer schon in Richtung Time Attack getrimmt. Dennoch: Mehr als 4.000 Arbeitsstunden investierten der Schweizer und sein Team in den vergangenen fünf Jahren nochmals in den fortan „Lissie“ getauften Time Attack-Rennwagen. Darin eingeschlossen auch ein großer Neuaufbau in den Jahren 2017/2018 nachdem ein Motorraum-Feuer das Fahrzeug beinahe komplett zerstört hätte. Schon beim ersten Anblick des martialisch auftretenden und in grellem Grün lackierten Wagens wird selbst dem Laien klar, dass es „Lissie“ faustdick unter dem Blech hat.

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Vollcarbon-Karosserie

Wobei diese Feststellung eigentlich schon wieder falsch ist. Denn aus Blech besteht an der Lancer-Karosserie praktisch nichts mehr. Vielmehr wurde die dank aerodynamisch geschwungener Kotflügelaufsätze nun fast zwei Meter breite Hülle von MSRacing nahezu komplett aus superleichtem Vollcarbon angefertigt – inklusive des wuchtigen Frontspoilers und dem vollständig glatten Bug, dessen Grill und Scheinwerfer für eine dem Serienfahrzeug nähere Optik nur „aufgemalt“ wurden. Die Scheiben bestehen rundum aus leichtem Polycarbonat. Auch für Time Attack-Verhältnisse mehr als eindrucksvoll dimensioniert ist der gigantische „RR special“-Heckflügel von MT-Carbon, welcher ein Übermaß an Downforce generieren dürfte.

Durch die großzügigen Öffnungen in der Carbon-Motorhaube fällt der Blick des Betrachters sowohl auf den liegenden Wasserkühler auf Mishimoto-Basis, als auch auf den Hitzschutz-ummantelten Ross Sport-Krümmer. Beides deutet an, dass das vierzylindrige 4G63-Aggregat umfangreichen Modifikationen unterzogen wurde. Und das ist bei näherer Untersuchung noch milde ausgedrückt! Denn hier blieb praktisch keine Schraube serienmäßig.

Turbo-Vierzylinder mit 735 PS

Block und Kopf wurden umfassend bearbeitet, sodass nun 86er JE-Schmiedekolben auf Manley-Pleueln und eine Tomei-Kurbelwelle mit 100 Millimetern Hub in Rotation versetzen. Summa summarum ergibt sich dem Mitrechnenden ein von einst 1.997 auf nun 2.323 ccm vergrößerter Hubraum. Dem Tanz der verstärkten Ventile und Ventilfedern geben scharfe Piper-Nockenwellen den Takt vor. Anstelle der serienmäßigen Hydrostößel kommen nun Solid Lifters von Norris Design zum Einsatz. Die Ausgleichswelle wurde ersatzlos gestrichen, die Schmierung auf Trockensumpf umgerüstet. Für mächtigen Überdruck im Verbrennungskreislauf sorgt ein Precision PT 6062 Gen-2-Turbolader, dessen Effizienz ein Custom-Ladeluftkühler optimiert. Das Blow Off-Ventil vor der Drosselklappe stammt von TiAL. Für den Transport des hochoktanigen Sprits aus der im Kofferraum platzierten 120-Liter-FIA-Sicherheitstankzelle zu den 2.200er Deatschwerks-Düsen sind gleich drei DW350iL-Pumpen aus gleichem Hause verantwortlich: zwei als Hauptpumpen, eine als Vorförderpumpe. Den zündenden Funken entfacht eine Spark Tech-Zündanlage nach dem Diktat des frei programmierbaren Motec M400-Steuergeräts. Der gesamte Kabelbaum ist ebenso Marke Eigenbau wie die 3,5-Zoll-Abgasanlage samt Endschalldämpfern.

Und was spuckt das Turbo-Triebwerk an Leistung aus? Bei Verbrennung von E85-Sprit stehen 735 PS bei 6.688 U/min auf dem Dyno Chart. Dazu ein maximales Drehmoment von 862 Nm bei 5.650 Nm. Imposant!

Sequenzielles Getriebe und Antriebs-Upgrades

Doch diese Power ist natürlich so lange nur „theoretisch“, bis sie auch verlustarm auf die Fahrbahn übertragen und in Vortrieb umgemünzt wird. Der Allradantrieb des Lancer Evolution ist dazu schonmal eine gute Voraussetzung. Das serienmäßige 5-Gang-Schaltgetriebe wurde hingegen durch ein deutlich schneller zu betätigendes, sequenzielles 6-Gang-Getriebe von KAPS ersetzt. Den Belastungen des Kraftschlusses stellt sich eine 3-Scheiben-Kupplung von Norris Design.

An den Enden der Carbon-Kardanwelle sitzen jeweils 1,5-Wege-Sperrdifferenziale – vorne ATS Carbon Hybrid und hinten Cusco Type RS Spec-F – welche die Antriebsmomente unter Berücksichtigung der angesichts der Fahrsituation gerade übertragbaren Kräfte ideal auf die vier Antriebswellen verteilen. Apropos Antriebswellen: Während diese hinten serienmäßig blieben, kommen an der Vorderachse um 20 Millimeter verlängerte Exemplare vom Driveshaftshop zum Einsatz, welche in Kombination mit Eigenbau-Querlenkern eine um 40 Millimeter verbreiterte Spur generieren sowie in der Folge die schleiffreie Installation auch extrem breiter Räder erlauben: Die an einem 4-fach verstellbaren Intrax XL Black Titan-Rennsportfahrwerk aufgehängten Rad/Reifen-Kombinationen setzen sich rundum aus WEDS-Felgen in 10,5×18 Zoll ET12 sowie Bereifung der Dimensionen 295/30R18 oder 280/650/18 zusammen.

Jedem aktiven Motorsportler präsent ist zweifellos das Motto: „Wer später bremst, fährt länger schnell!“ Um dieses auf seiner Hotlap bestmöglich beherzigen umsetzen zu können, wurde der Lancer an der Vorderachse mit Alcon-Bremsanlagen ausgerüstet, deren 6-Kolben-Sättel 365×32-Millimeter-Scheiben in die Zange nehmen. Hinten identifizieren Kenner 4-Kolben-Sättel vom Porsche 996 Turbo samt dessen gelochter 300×28-mm-Scheiben.

Motorsport-Cockpit ohne Kompromisse

Nichts mehr mit dem einstigen Serienzustand hat freilich auch der Fahrzeuginnenraum gemeinsam: Der Lancer wurde bis aufs nackte Blech entkernt, bevor eine Sicherheitszelle mit Seitenaufprallschutz und Kreuz sowie diversen verstärkenden Streben und Knotenblechen eingeschweißt wurde. Einen Sitzplatz gibt es hier nur für den Piloten: Phil verzurrt sich mit einem Takata-6-Punkt-Gurt in seinem Recaro PRO Racer SPA-Ohrensessel mit Sitzschale aus Carbon-Kevlar-
Gewebe. Von dort aus hat er perfekten Zugriff auf das von Schaltern und Knöpfen übersähte RRS-Lenkrad sowie den hoch aufragenden Shifter des sequenziellen Getriebes. Vor dem beflockten Leichtbau-Armaturenbrett sitzen ein digitales Motec-Dashboard und eine große Ganganzeige, während obenauf ein Shiftlight zum Schaltvorgang mahnt. Auf der Mittelkonsole platziert wurden das Power Distribution Panel von Cartek, die leichte Liteblox-Batterie sowie das hochwertige Feuerlöschsystem von OMP – damit der Evo nicht ein zweites Mal in Flammen aufgeht.

Specs

Mitsubishi Lancer Evo 8

Baujahr: 2005

Motor: Vierzylinder-Ottomotor mit Turboaufladung, Tomei-Kurbelwelle (100 mm), JE-Schmiedekolben (86 mm), Manley-Schmiedepleuel, Piper-Nockenwellen, verstärkte Ventile und Ventilfedern, Solid Lifters von Norris Design, Cosworth-Zylinderkopfdichtung, Ausgleichswelle ausgebaut, Trockensumpf-Schmierung, Precision PT 6062 Gen-2-Turbolader, Custom-Ladeluftkühler, TiAL-Blow Off-Ventil, Custom-Wasserkühler auf Mishimoto-Basis, 120-Liter-FIA-Sicherheitstankzelle, 3x Deatschwerks DW350iL-Benzinpumpen (2x Hauptpumpen, 1x Vorförderpumpe), 2.200cc-Deatschwerks-Einspritzdüsen, Ross Sport-Krümmer, 3,5-Zoll-Abgasanlage (Eigenbau), Motec M400-ECU, Liteblox-Batterie, Spark Tech-Zündanlage, Custom-Kabelbaum

Hubraum: 2,3 Liter

Gewicht: ca. 1.100 kg

Leistung: 735 PS bei 6.688 U/min (mit E85)

max. Drehmoment: 862 Nm bei 5.650 Nm

Kraftübertragung: sequenzielles 6-Gang-Getriebe von KAPS, VA 1,5-Wege-ATS Carbon Hybrid-Sperrdifferenzial, HA 1,5-Wege-Cusco Type RS Spec-F Rear-Sperrdifferenzial, Driveshaftshop-Carbon-Kardanwelle, VA Driveshaftshop-Antriebswellen (20 mm länger)

Fahrwerk: Intrax XL Black Titan-Rennsportfahrwerk, 4-fach verstellbar, VA-Querlenker Eigenbau (40 mm breitere Spur)

Rad/Reifen: WEDS-Felgen in 10,5×18 Zoll ET12, Bereifung in 295/30R18 oder 280/650/18

Bremsen: VA Alcon-Bremsanlage mit 6-Kolben-Sätteln und 365×32-mm-Scheiben, HA Porsche 996 Turbo-Bremsanlage mit 4-Kolben-Bremssätteln und 300×28-mm-Scheiben

Karosserie: Vollcarbon-Karosserie (Sonderanfertigung von MSRacing), MT-Carbon-Heckflügel „RR special“

Innenraum: eingeschweißte Sicherheitszelle, Recaro PRO Racer SPA-Sitz, OMP-Feuerlöschsystem, RRS-Lenkrad, Tilton-Pedalerie, digitales Motec-Dash, KAPS-Ganganzeige, Cartek-PDM, Cartek-Notaus, AEM-Mapswitch