Nissan 240SX: The Boss von TRA Kyoto

S14 mit Boss-Bodykit

Kei Miura ist eine Ikone der Bodykit-Community. Indem der kreative Kopf und Macher des Unternehmens TRA Kyoto im Herbst 2012 mit seinem spektakulären „Rocket Bunny“-Widebody für den Toyota GT86 für Aufsehen und Begeisterung sorgte, legte er gewissermaßen das Fundament für das Revival der Bolt-on-Breitbauten. Nachdem er zwischenzeitlich auch bei der Entwicklung des Kits für den monströsen Liberty Walk-Nissan GT-R seine Finger im Spiel gehabt hatte, unterstrich Miura-san mit der Präsentation des „Boss“-Bodykits für die Nissan Silvia S14-Baureihe seinerzeit, dass seine Kreativität weit mehr umfasst, als „nur“ Breitbauten.

Denn mittels eines 100-prozentigen Frontumbaus verändert der Boss-Kit den Charakter des werksseitig eher zierlichen und windschlüpfrigen Sportcoupés komplett: Fortan tritt es mit einem bulligen Bug sowie runden Scheinwerfern auf, die sowohl an US-Muscle-Cars vergangener Jahrzehnte, wie beispielsweise den Plymouth Cuda, aber auch an Nippon-Klassiker wie beispielsweise den Datsun Sunny B110 erinnern. Auch der externe Ölkühler, den der „Boss“ stolz vor seinem Bug trägt, war bereits in den 1970er Jahren ein eindeutiges Kennzeichen für Power unter der Motorhaube und ist heute somit eine Retro-Reminiszenz an jene Tage.

Vom Zenki zum Boss

Keine Frage war es für Robb Ferguson aus dem im sonnigen US-Bundesstaat Kalifornien gelegenen Costa Mesa demgemäß, dass seine S14 das Boss-Outfit bekommen musste. Denn Robb ist ein Fan klassischer Japan-Automobile, insbesondere des Sunny B110, und der Boss-Kit verschaffte ihm die Möglichkeit, das in seinem Kopf lange vorhandene Konzept eines Neo-Vintage-Projekts auf Basis seiner S14 zu verwirklichen, die er bereits im April 2007 erworben und seither in verschiedenen Ausbaustufen individualisiert hatte. Im Kern handelt es sich um ein, von Insidern „Zenki“ genanntes, 1996er Vor-Facelift-Modell, welches in den USA als 240SX vermarktet w Während die Gesamtkomposition des Fahrzeugs in Robbs heimischer Garage entstand, griff dieser beim Aufbau doch ab und an auch auf die Hilfe von Spezialisten zurück, die seine Vorstellungen umsetzten. Mit den Karosseriebau- und Lackierarbeiten beispielsweise beauftragte Robb die Spezialisten von Robkabob Designs, die ergo nicht nur die Boss-Transformation vornahmen und diverse Verstärkungen einschweißten sowie die kleinen Vitaloni-Motorsport-Außenspiegel installierten, sondern die fertigte Karosserie auch in ihr BASF-Farbkleid hüllten.

Da zum Boss-Bodykit keine eigene Heckschürze gehört, Robb es offenbar aber auch nicht bei der OEM-Stoßstange seiner Kouki-Silvia belassen wollte, ließ er diese Position bis dato vollkommen unbesetzt, wodurch sowohl der Rocket Bunny-Diffusor als auch das dicke Titan-Endrohr der Abgasanlage – im wahrsten Sinne des Wortes – herausragend zur Geltung kommen. Die LED-Rückleuchten transplantierte Robb aus einem Kouki-Modell der S14-Baureihe.

WORK Seeker GX-Retro-Wheels

Perfekt zum von zahleichen Decals abgerundeten Retro-Charakter des 240SX passen zweifellos die WORK Seeker GX-Räder mit mattschwarzen Sternen und silbernen, jedoch nicht polierten, Stufenbetten. Die „Grande Cross Mesh“-Zweiteiler messen 10×17 Zoll an der Vorder sowie 10,5×17 Zoll an der Hinterachse und zeigen dank Einpresstiefen von -28 und -36 üppige Außenbetten. Bezogen wurden die fetten Felgen mit Yokohama S.drive-Bereifung der Dimensionen 225/40R17 und 275/40R17.


Die üppige Tieferlegung seines Nissans realisierten Robb und seine mit dieser Aufgabe betrauten Partner der Corner3 Motorsports Garage mittels kurzer Swift-Federn, die mit den Dämpfern eines Powertrix RT-Gewindefahrwerks kombiniert wurden. Zudem wurden für eine perfekte Stance SPL Pro-Querlenker verbaut.

Turbo-Upgrade für den KA24DE

Unter der Haube des Nissan 240SX S14 steckt in den USA stets der 2,4 Liter große KA24DE Vierzylinder. Der von diesem Aggregat generierte Vorwärtsdrang fiel – im Vergleich mit den in Japan und Europa verkauften S14-Typen Silvia und 200SX mit ihren SR20DET-Motoren – mangels Turboaufladung deutlich „langweiliger“ aus, worunter der Ruf des KA24DE noch heute leidet. Doch Robb schuf Abhilfe: Dem werksseitig frei saugenden Vierzylinder verordnete er die Zwangsbeatmung mittels eines Tomei ARMS M8270-Turboladers, der mit einem Bottom-Mount-Krümmer sowie einem SR20-Turbo Elbow angebunden wurde und dem ein GReddy Spec-R-Ladeluftkühler sowie ein GReddy Type R-Blow-Off-Ventil assistieren. Nicht mehr „nutzbare“ Verbrennungsabgase verlassen den 240SX durch eine GReddy-Downpipe sowie eine Tome-Test-Pipe und eine Tomei-Custom-Abgasanlage, die jeweils aus Titan angefertigt wurden.

Verstärkte Hardware

Ob der KA24DE die Turbo-Mutation mittelfristig schadlos verkraftet hätte, ist fraglich. Daher spendierte Robb auch der Motor-Mechanik verstärkende und weiter leistungssteigernde Upgrades: CP-Kolben rauschen auf Carrillo Pro-H-Pleueln durch die Zylinder, wenn speziell angefertigte Protoypen-Nockenwellen die Brian Crower-Übermaß-Ventile tanzen lassen, die mit passenden Führungen, Federn und Retainern in den Motor einzogen. Optische eindrucksvoll setzt sich der Xcessive Engineering-Einlasskrümmer in Szene. Die dicke Drosselklappe stammt aus einem Infiniti Q45, sodass ihre Kapazität erwiesenermaßen auch für einen 4,5-Liter-V8 ausreichend ist. Für die Brennstofflogistik zeichnen eine 255er Walbro-Benzinpumpe, Injector Dynamics-1000-cc-Düsen sowie eine GReddy-Kraftstoffverteilerleiste verantwortlich. Den Schmiermittelkreislauf des KA24DE modifizierte das mit dem Aufbau des Motors betraute Unternehmen BlueMoon mit GReddy-Kompontenten: Ölwanne, Ölfilter mit Relocation-Kit, Swirl Pot und Catch Can stammen aus dem Lieferprogramm der Performance-Spezialisten. Außerhalb des Maschinenraums tut darüber hinaus der bereits erwähnte externe Ölkühler seinen Dienst. Eine genaue Leistungsangabe liegt uns nicht vor, wir schätzen das Power-Potenzial des aufgeladenen KA24DE jedoch auf 400 bis 450 PS und sind sicher, dass Robbs Boss-240SX auf Anforderung genügend Schub entfacht, um seinen Insassen ein breites Grinsen ins Gesicht zu zaubern.


Für den Kraftschluss mit dem 5-Gang-Schaltgetriebe ist eine belastbare ACT-Kupplung mitsamt leichtem Schwungrad verantwortlich, während eine einteilige Driveshaftshop-Aluminium-Kardanwelle die Antriebskräfte an die Hinterräder vermittelt. Das sich unter einer GReddy-Abdeckung verbergende 2-Wege-Sperrdifferenzials von Tomei unterstützt die dicken Yokohama-Gummis bei ihrer Suche nach Grip.
Um der signifikant gestiegenen Motorleistung Rechnung zu tragen, spendierte Robb auch der Bremsanlage eine Aufrüstung: Vorn wirken nun die kräftigen Sättel eines 300ZX Z32 auf genutete Bremsscheiben ein. Stahlflex-Bremsleitungen transportieren den Bremsdruck optimal und sorgen für einen definierten Druckpunkt. Rundum wurden die Sättel mit Winmax-Bremsbelägen bestückt.

Oldschool-Cockpit

Auch der Innenraum bricht in keiner Weise mit dem Retro-Konzept des Fahrzeugs. Inmitten eines Custom-Überrollkäfigs sowie eingeschweißter Verstärkungen und Verstrebungen platzierte Robb zwei Bride Histrix-Schalensitze mit roten Tomei-Hosenträgergurten. Perfekt zu den flachen Sesseln passt die Kunstleder-Vollausstattung: Neben dem Armaturenbrett und der Mittelkonsole, den umgestalteten Türverkleidungen und der Mittelarmlehne wurde auch der Dachhimmel von der Frasier Auto Upholstery mit – teils gelochtem – Kunstleder in Schwarz überzogen. Durch das Tomei-Dreispeichen-Sportlenkrad, welches mittels einer Works Bell-Quick Release-Nabe mit einem Handgriff abnehmbar ist, fällt Robbs Blick auf in den Original-Armaturenträger integrierte Speedhut-Instrumente, die in ihrem spartanischen Layout an Porsche-Modelle aus den 1970er und 1980er Jahren erinnern. Sogar die Bedienelemente des Retro-HiFi-Systems mit Bluetooth-Schnittstelle fügen sich dezent ins Oldschool-Cockpit ein.

Robbs nächstes Projekt steht übrigens schon in den Startlöchern und kaum jemand wird es an dieser Stelle wundern, dass sich der US-Amerikaner diesmal einen „echten“ Sunny B110 als Basis gewählt hat. Man darf also gespannt sein, was wir von Robb noch hören werden…

Photos: WORK / Jean-Christophe Pepino

Technical Facts

Nissan 240SX S14

Baujahr: 1996

Karosserie: Rocket Bunny Boss-Bodykit, Vitaloni-Außenspiegel, S14 Kouki-LED-Rückleuchten, diverse Verstärkungen eingeschweißt, BASF-Lack, Karosserie- und Lackierarbeiten von Robkabob Designs, Decals von superwowfactory.com

Motor: 2,4-Liter-Vierzylindermotor (KA24DE), CP-Kolben, Carrillo Pro-H-Pleuel, ATI Damper Pulley, Prototypen-Nockenwellen, Brian Crower-Übermaß-Ventile mit Führungen, Federn und Retainern, Tomei-Zylinderkopfdichtung, Xcessive Engineering-Einlasskrümmer, Infiniti Q45-Drosselklappe, GReddy-Ölwanne, GREddy-Ölfilter mit Relocation-Kit, GReddy-Swirl Pot, GReddy-Oil Catch Can, GReddy-Kraftstoffverteilerleiste, Injector Dynamics-1000-cc-Einspritzdüsen, Walbro-255l/h-Benzinpumpe, CSF-Wasserkühler, externer Ölkühler, Tomei ARMS M8270-Turbolader, Bottom-Mount-Krümmer, SR20-Turbo Elbow, GReddy Spec R-Ladeluftkühler, GReddy Type R-Blow-Off-Ventil, GReddy-Downpipe, Tomei-Titan-Test-Pipe, Tomei-Titan-Abgasanlage, Apexi Power FC-Steuergerät, Motoraufbau von BlueMoon Performance

Kraftübertragung: ACT-Kupplung und -Schwungrad, einteilige Driveshaftshop-Aluminium-Kardanwelle, Tomei-2-Wege-Sperrdifferenzial mit GReddy-Abdeckung

Fahrwerk: Powertrix RT-Gewindefahrwerk mit Swift-Federn, SPL Pro-Querlenker, eingestellt von Corner3 Motorsports Garage

Rad/Reifen: WORK Seeker GX-Felgen in 10×17 Zoll ET-28 und 10,5×17 Zoll ET-36, Yokohama S.drive-Bereifung in 225/40R17 und 275/40R17

Bremsen: VA 300ZX Z32-Bremsanlage mit genuteten Bremsscheiben und Stahlflex-Bremsleitungen, Winmax-Bremsbeläge

Innenraum: Custom-Überrollkäfig, Kunstleder-Vollausstattung (Armaturenbrett, Mittelkonsole, Custom-Türverkleidungen, Armlehne, Dachhimmel) von Frasier Auto Upholstery, Bride Histrix-Schalensitze, Bride-Sitzkonsolen, Tomei-Sicherheitsgurte, Tomei-Sportlenkrad, Works Bell-Quick Release-Nabe, schwarzer Schlingenteppich (speziell angefertigt), Speedhut-Instrumente in OEM-Instrumententräger

Multimedia: Retro-HiFi-System mit Bluetooth-Anbindung