Der Chef auf dem Drag Strip

Motorsport, BMW E30 “Der Chef” / TurboZentrum

Motorsport, BMW E30 “Der Chef” / TurboZentrum

“Der Chef kommt!” In diesen drei Worten liegt doch irgendwie bereits die Aufforderung, Platz zu machen sowie – zumindest vorübergehend – seine absolut beste Leistung zu zeigen. Nicht anders dürfte die Konkurrenz empfinden, wenn der hier abgebildete BMW E30 – Kampfname “Der Chef” – im Line-up oder Vorstart eines Drag-Rennens auftaucht. Denn der von Dennis Buchaniec und Michael Schmidt aufgebaute und pilotierte Oldie hat es faustdick unter der Haube, pulverisiert die Zeiten der Mitbewerber auf der Quartermile regelmäßig.

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BMW Power 4-2023

Seit das Projekt Chef-E30 vor rund vier Jahre begann, ist der komplett auf den 1/4- und 1/2-Meilen-Sprint zugeschnittene 3er einer stetigen Evolution unterworfen. Derzeit brüllt im BMW-Bug des auf einem Gitterrohrrahmen aufbauenden 3/4-Chassis ein BMW M50B28-Motor mit wilder Turbo-Aufladung. Moment. Einen M50B28 gab es doch nie?! Stimmt, werksseitig nicht. Dennis und Michael verheirateten hier den M50B25-Sechszylinder-Block mit der geschmiedeten Kurbelwelle eines 2,8-Liter-Aggregats aus der Nachfolge-Generation M52, macht dann quasi M50B28. Parallel kamen gleich Wiseco-Schmiedekolben auf hochbelastbaren X-Schaft-Pleueln an Bord.

2,8-Liter-Reihensechser mit PT8884 Pro Mod-Turbolader

Spezielle Turbo-Nockenwellen lasst die 24 Ventile im Querstrom-Zylinderkopf im rasanten Takt tanzen, wenn der via eines Twin Scroll-Turbokrümmers angebundene Precision PT8884 Pro Mod-Lader zur Attacke bläst. In der Peripherie bemühen sich ein 50-mm-Precision-Blow Off und zwei 44er TiAL-Wastegates darum, das Temperament des mächtigen Verdichters im Zaum zu halten. Noch ist neben einer elektronisch gesteuerten Drosselklappe zudem ein Luft/Luft-Ladeluftkühler an Bord, Letzterer soll aber bald ersatzlos entfallen, denn die Einsatzzeit des Turbomotors ist ohnehin zu gering, als dass eine Ladeluftkühlung wirklich sinnvoll wäre. Der Kraftstoffdurst des Aggregats – bei einem 1/4-Mile-Lauf können durchaus fünf bis sechs Liter feinsten 102-Oktan-Benzins samt RaceGas Ultra-Booster verbrannt werden – stillen eine leistungsstarke Fuelab-Benzinpumpe sowie modifizierte 980er-Injektoren. Die darüber hinaus installierte Lachgas-Einspritzung dient in der Hauptsache, um den großen Turbolader für den Einsatz der Launch Control hochzuspoolen. Den Taktstock über das Hardware-Orchester schwingt ein Ecumaster EMU black-Motormanagement, das von Abstimmungs-Guru Nils Orlamünde, vielen besser bekannt als “quattrolf”, programmiert wurde.

2-Gang-Wandler statt Schaltarbeit

Schaltarbeit ist nach dem Katapultstart nicht notwendig: Mittels einer Selfmade-Adapterplatte ist ein FTI Powerglide Stage 5-2-Gang-Wandler an den Turbomotor angebunden. An die Hinterräder werden die Bärenkräfte via einer sonderangefertigten, eines modifizierten 2,10er BMW-Differenzials sowie Antriebswellen mit 128-mm-Gelenken übertragen.

Von nachrangiger Bedeutung scheint bei einem Dragster das Fahrwerk, denn schließlich geht es doch “nur” geradeaus. Das stimmt einerseits, allerdings ist ein sauberer Geradeauslauf dafür auch absolut essenziell. Das Techniker-Team des „Chef-E30” setzt hierzu auf TA Technix-Gewinderfederbeine an der Vorder- sowie die Kombination von Koni-Stoßdämpfern mit ziemlich strammen KW-Motorsport-Federn an der Hinterachse.

In den BMW-Top 10 der Dragy-Ranglisten

Und? Was kann der seit dem vergangenen Jahr mit Sponsoring-Support des TurboZentrums an den Start gehende Chef-E30 nun? Wir wollen endlich Zahlen hören! 1.360 PS spuckte der Leistungsprüfstand bei drei bar Ladedruck (vier sind in Planung) aus, an der Hinterachse lagen rund 1.000 Nm an. Macht bei einem rennfertigen Leergewicht von 1.135 kg also nur 0,83 kg/PS.

Aus dem Stand katapultiert sich der Drag-BMW bei ausreichendem Grip seiner fetten Hoosier-Drag-Slicks in nur 1,83 Sekunden auf 100 km/h. Zum Vergleich: Das 1.600 PS starke Allrad-Hypercar Bugatti Chiron (8,0-Liter-V16-Motor, vier Turbolader) benötigt für diesen Sprint volle 2,4 Sekunden – also knapp 0,6 Sekunden länger, das sind Welten! Die 200-km/h-Marke reißt der E30 nach insgesamt 5,43 Sekunden, bevor er nach insgesamt 8,76 Sekunden die Quartermile absolviert hat. Damit spielt er auf den ersten Metern in den weltweiten BMW-Top 5 der populären Dragy-Ranglisten, auf der 1/4-Meile reicht es immerhin für Rang 8.

In der kommenden Saison wird “Der Chef” hierzulande insbesondere bei Test & Tune-Veranstaltungen zu sehen. Denn: Für deutsche Wettbewerbsveranstaltungen ist er in seinem gegenwärtigen Setup schlicht zu schnell, sodass zu offiziellen Rennen eher im europäischen Ausland an den Start gegangen wird. Drag Racing-Events in England, Schweden, Polen und Ungarn stehen im Terminkalender.

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Technical Facts

BMW E30

Baujahr: 1989

Motor: BMW M50B28-Motor (Basis M50B25, geschmiedete M52B28-Kurbelwelle), Wiseco-Schmiedekolben, geschmiedete X-Schaft-Pleuel, Turbo-Nockenwellen, verstärkte Ventilfedern, Precision PT8884 Pro Mod-Turbolader, Twin Scroll-Turbokrümmer, Luft/Luft-Ladeluftkühler, zwei 44-mm-TiAL-Wastegastes, 50-mm-Precision-Blow Off, elektr. Drosselklappe, NOS-Einspritzung, Fuelab-Benzinpumpe, modifizierte 980er-Injektoren, Mishimoto-Wasserkühler, Eigenbau-Abgasanlage, Ecumaster EMU black-Motormanagement, Softwareabstimmung durch Nils Orlamünde / quattrolf

Hubraum: 2.800 ccm

Leistung: 1.360 PS (1.000 PS am Rad), bei 3 bar Ladedruck

max. Drehmoment: 1.000 Nm an der Achse

Gewicht: 1.135 kg

Kraftübertragung: FTI Powerglide Stage 5-2-Gang-Wandler, Eigenbau-Adapterplatte zum Motor, Eigenbau-Kardanwelle, modifiziertes 2,10er BMW-Differenzial, Antriebswellen mit 128-mm-Gelenken, Achsen und Achsschenkel verstrebt und verstärkt

Karosserie: 3/4-Chassis auf Gitterrohrrahmen, GTR-Verbreiterungen hinten (vorne i.V.), Lackierung in Signalgrau seidenmatt mit TurboZentrum-Styling

Rad/Reifen: Felgen Sonderanfertigungen in 4,5×15 und 10,5×15 Zoll, Hoosier-Reifen in 4,5×25 Zoll und 10,5×26 Zoll

Fahrwerk: VA TA Technix-Gewinderfederbeine, HA KW-Motorsport-Federn mit Koni-Stoßdämpfern

 

Fotos: Wupdich Photo&Design, Justin Albrecht, Stefan Wierschien, Dennis Buchaniec, Michael Schmidt