190E 2.5-16 Evolution II-Replika als Low Budget
Sprechen wir doch einmal über Geld. 10.000 Euro. Das ist zweifellos eine Menge Geld. Was bekommt man dafür? Einen 190 E beispielsweise – in recht gutem, wenn auch nicht herausragendem Zustand sogar. Oder einen Widebody-Kit – der von Prior Design für das aktuelle C-Klasse Coupé etwa schlägt inklusive Motorhaube und Heckflügel mit knapp 10.000 Euro zu Buche. Oder ein Luftfahrwerk samt eines exklusiven, individuell colorierten Schmiederadsatzes.
Mit dem Einstieg in die Welt des fünfstelligen Zahlenraums aber ein komplettes Mercedes 190 E-Tuningprojekt auf die Räder stellen zu wollen – inklusive Basisfahrzeug – das ist doch eindeutig unmöglich! Oder? Falk Jordan aus dem bergischen Wipperfürth wollte das nicht einsehen…
„Ich kaufe mit einen Baby-Benz, baue diesen äußerlich zu einem absoluten Eyecatcher im Look des extrem seltenen und entsprechend teueren Motorsport-Homologationsmodells 190 E 2.5-16 Evolution II um, installiere ein Luftfahrwerk sowie schicke Räder und invidualisiere den Innenraum im Motorsport-Look mit Carbon – und das Ganze für weniger als zehn Riesen“, so der ambitionierte Plan des 37-jährigen Familienvaters, der beruflich als Betreuer behinderter Menschen unterwegs ist. Man ist geneigt zu fragen: Spinnt der? Nun, ein bisschen vielleicht. Aber das auf diesen Seiten präsentierte Fahrzeug gibt dem „Spinner“ recht: Sein Plan ist aufgegangen! Nach rund einjähriger, viele hundert Stunden umfassender Eigenarbeit in der heimischen Garage ist Falks W201 heute definitiv ein Eyecatcher – wobei das Design zweifellos polarisiert: Dieses Auto kann man nur feiern oder hassen, dazwischen gibt es nichts.
Evo II-Replika
Während das wilde „Geflügel“ als Replika des im März 1990 als Homogationsmodell für die in der DTM eingesetzten Renntourenwagen auf dem Genfer Automobil-Salon präsentierten 190 E 2.5-16 Evolution II noch auf weitgehende Zustimmung treffen dürfte, sieht das mit der Farbgebung schon anders aus: Die Digitaldruck-Design-Folierung auf lachsfarbenem Grund ist definitiv Geschmackssache, führt das Racing-Style-Thema allerdings recht konsequent fort. Dabei hatte Falk den Motorsport bei der Wahl des Evo II-Replika-Kits eigentlich gar nicht auf dem Schirm: „Ich wollte einfach möglichst viele Spoiler an das Auto bauen“, gibt dieser unumwunden zu. Ebenfalls den Rennsport zitieren die zahlreichen Sichtcarbon-Elemente, welche Falk allesamt selbst anfertigte: Das Frontspoilerschwert schimmert ebenso in der charakteristischen Faserstruktur wie das Mittelteil der Stoßstange, der Kühlergrill, die Arme der Wischer an Windschutzscheibe und Scheinwerfern, die Außenspiegel und Türgriffe, diverse Leisten und Gitter sowie der mächtige Heckflügel-Flap. In Mattschwarz sind ferner der Mercedes-Stern auf dem Kühlergrill sowie der coole Parking Pole und das Schloss der ansonsten gecleanten Heckklappe gehalten. Während die Scheinwerfer für Show-Zwecke mit maßangefertigten Covern abgedunkelt werden, sind die roten Fifft-Rückleuchten, welche einen regelrecht unanständigen Teil des streng limitierten Projektbudgets auffraßen, sowie die roten Blinker selbstverständlich fix montiert. Die Belüftungsgitter in den hinteren Fenstern kennt man in dieser Form zwar eigentlich eher von Oldschool-Projekten, allerdings stehen sie auch dem Racing-Look-Benz erstaunlich gut. Typisch Motorsport sind demgegenüber die Schnellverschlüsse von Motorhaube und Heckklappe sowie das nach oben gekrümmte DTM-Doppelendrohr
Selfmade-Zentralverschlüsse als Turbofan-Aufnahmen
In den Kotflügeln beheimatete Falk in Weiß lackierte Dotz Sepang-Felgen in der für einen 190er sehr üppig bemessenen Dimension 8×19 Zoll ET45 mit Tomason-Bereifung in 225/30R19 rundum. Auf der rechten Fahrzeugseite tragen die Räder auf unseren Fotos bereits selbst kreierte und mittels 3D-Druck angefertigte „Zentralverschlüsse“. Diese fertigte Falk allerdings nicht um ihrer Selbst Willen an: Vielmehr sollen sie zukünftig als Aufnahme von Selfmade-Turbofans dienen.
Die Luftfederbeine stammen samt der zugehörigen Steuerung aus dem Sortiment von TA Technix und sorgen für weitaus weniger Bodenfreiheit, als sie der bei näherem Hinsehen brutal hochbeinige Original-Evo II aufweist. Im Kofferraum der Spoiler-Limo installierte Falk einen schmucken Airride-Ausbau mit bestickertem 19-Liter-Lufttank, der via Hardlines von zwei Grinds-Kompressoren befüllt wird.
Carbon-Cockpit
Analog zum Exterieur verzierte Falk auch den Fahrgastraum mit reichlich Kohlefaser. So verstreute der passionierte Schrauber nicht nur diverse Sichtcarbon-Elemente im Cockpit rund um das tief geschüsselte Luisi-Sportlenkrad, sondern laminierte auch die kompletten Sitzrückenschalen mit dem schimmernden Faserverbundmaterial. Der Dachhimmel sowie die Säulen und auch die Mittelkonsole wurden hingegen mit schwarzem Alcantara bezogen. Weitere Details sind der motorsportlich anmutende Automatik-Wählhebel in Mattschwarz sowie die in eine Jack Daniels/Cola-Dose integrierte Airride-Druckanzeige. Dass die Sitzmöbel, von roten Sicherheitsgurten einmal abgesehen, im Serienzustand blieben und der von Falk selbst angefertigte Show-Überrollbügel mit wenigen Handgriffen herausnehmbar ist, hat seinen guten Grund: Falks kleine Tochter liebt den extrovertierten Benz so sehr, dass die Familie das Auto auch gerne einmal für gemeinsame Ausflüge nutzt – wo es dann freilich ebenfalls stets für Aufsehen sorgt.
Zu „alt und fett“ für viel Power
Serienmäßig beließ Falk trotz der wilden Optik übrigens den Antriebsstrang des 190 E, sodass der Vierzylinder unverändert maßvolle 118 PS ins angeflanschte 4-Gang-Automatikgetriebe schickt. Damit ist die Fahrdynamik freilich weit weniger rasant als der optische Auftritt des Fake-Evos, was Falk allerdings nicht stört: „Ich bin alt und fett, schnell fahren is nix für mich!“, bekennt dieser mit reichlich Selbstironie. Was ein Typ…
Technical Facts
Mercedes-Benz W201 190 E
Baujahr: 1987
Karosserie: Bodykit im 190 E 2.5-16V Evo II-Look, diverse Teile mit Carbon überzogen (Frontspoilerschwert, Mittelteil der Stoßstange, Kühlergrill, Scheibenwischerarm, Spritzdüsen, Scheinwerfer-Scheibenwischer, Leisten an der Frontscheibe, Außenspiegel, Türgriffe, Tankklappe, Lüftungsgitter C-Säulen, Heckflügel-Flap, Kofferraum-Griffleiste), Mercedes-Stern in Schwarz matt, Parking Pole mit Mercedes-Stern in Schwarz matt, Scheinwerfer-Cover, rote Blinker, rote Fifft-Rückleuchten, Heckscheibenblende, Heckklappe gecleant mit Schloss in Schwarz matt, Schnellverschlüsse mit Motorhaube und Heckklappe, Belüftungsgitter in den hinteren Fenstern, 2x 76-mm-DTM-Endrohr, Unterbodenbeleuchtung, Folierung in „Piggy Bank“ mit Digitaldruck-Design
Motor: 2,0-Liter-Vierzylindermotor, 118 PS
Kraftübertragung: 4-Gang-Automatik
Fahrwerk: TA Technix-Luftfahrwerk inkl. Steuerung, 2 Grinds-Kompressoren, 19-Liter-Lufttank im Kofferraumausbau mit Hardlines
Rad/Reifen: Dotz Sepang-Felgen in 8×19 Zoll ET45, weiß lackiert mit Custom-Zentralverschluss, Tomason-Bereifung in 225/30R19, 40-mm-Distanzscheiben rundum
Innenraum: originale Innenausstattung, Luisi-Sportlenkrad, diverse Carbon-Elemente (13-tlg. Interieur-Paket, Gurt-Durchführungen, Sitzrückenschalen, Spiegeldreiecke, Mittelkonsole), Alcantara-Dachhimmel und -Säulen, rote Sicherheitsgurte, Selfmade-Bügel, Automatik-Wählhebel in Schwarz matt, Airride-Druckanzeige in einer Jack Daniels/Cola-Dose, Fußraum-Beleuchtung, Fußmatten mit rotem Rand
Danke an: Dotz Tuning Wheels, SCC Fahrzeugtechnik, Autodress, Autokorrektur by REFS 420, Macheta, Kfz-Service Richter, Tip Top Carbon, Witali, Sitstckr, Nifty Snapbacks, No fucking crew club, Fahrzeugveredelung Westerwald, eightyinches