Cappuccino statt Erdbeeren!

VW Golf I Cabrio Cappuccino

Cappuccino statt Erdbeeren!

Mit dem Golf ist VW ohne Zweifel ein ganz großer Wurf gelungen. Seit Jahren, gar Jahrzehnten ist der kompakte Wolfsburger unangefochten das meistverkaufte Auto Deutschlands und auch außerhalb seines Heimatlandes äußerst erfolgreich. Nach wie vor sehr beliebt, etwa in der Tuning-Szene, ist die erste Generation, die mit ihrem klaren, kantigen Design aus der Feder Giugiaros bis heute Gefallen findet. Besonders erwähnenswerte neben dem legendären GTI ist das sogar bis 1993 gebaute Cabriolet, welches aufgrund seines feststehenden Überrollbügels bekanntlich liebevoll Erdbeerkörbchen genannt wird. Dennoch machte Jürgen Christian ein gänzlich anderes Nahrungsmittel zum Thema seines hier gezeigten offenen Golfs.

Bis der VW aus dem Baujahr 1990 zu dem reifte, was er heute ist, einem rundum beeindruckenden Cappuccino-Mottowagen, sind einige Jahre vergangen. Bereits im Mai 2010 hat Jürgen das Cabrio von einer Bekannten gekauft. Den ursprünglichen Plan, es nicht umzubauen, warf er dann schon bald über Bord. Mit den anfänglichen Modifikationen war er jedoch auf Treffen und Events nur mäßig erfolgreich, sodass er letztendlich im Jahr 2012 beschloss den Golf gemeinsam mit seinem besten Freund Wolfgang und einigen weiteren Mitstreitern in ein astreines Showcar zu verwandeln. Mit Erfolg: Letztendlich erhielt er eine Einladung, seinen VW auf der Essen Motor Show 2015 auszustellen und in Folge dessen konnte er sogar am European Tuning Showdown auf der Tuning World Bodensee 2016 teilnehmen.

Motorraum als Augenweide

Entsprechend der Tatsache, dass es sich um ein Showcar handelt, kommt der Performance und Motorleistung eher eine geringe Bedeutung zu. Dementsprechend erhielt das ab Werk verbaute 1,8 Liter große 2H-Triebwerk in technischer Hinsicht nur eher überschaubare Anpassungen wie einen offenen Luftfilter und die über einen Edelstahl-Fächerkrümmer an den Vierzylinder angeschlossene Gruppe-A-Edelstahl-Abgasanlage, die sich ihres Kats und des Mitteltopfs entledigte. Optisch sind der Motor sowie dessen Behausung hingegen eine wahre Freude fürs Auge. Der Raum unter der Fronthaube ist so weit wie möglich ausgeräumt und aufs Wesentliche reduziert und gecleant: So verlaufen sämtliche Kabel versteckt und alle nicht benötigten Komponenten entfernte, ersetzte oder verlegte Jürgen – beispielsweise die Batterie in den Kofferraum. Das Triebwerk an sich erhielt, nachdem der Österreicher es komplett überholt hatte, eine umfassende Lackierung in Braun und Beige – passend zur Farbgebung des Motorraums und selbstverständlich der Karosserie. Darüber hinaus erhielten zahlreiche Komponenten einer Belederung oder Beklebung mit Kaffeebohnen. Die Kraftübertragung übernimmt nach wie vor das serienmäßige Fünfgang-Handschaltgetriebe, während die Bremsanlage – wie zudem unter anderem das Motorsteuergerät – vom Golf 2 G60 entliehen ist. Bedeutendste technische Änderung ist aber wohl das TA-Technix-Luftfahrwerk mit Anti-Wank-Kit, das nicht zuletzt dank um etwa fünf Zentimeter gekürzter Dämpfer an der Vorderachse für maximalen Tiefgang sorgt.

Komplett neue Innenausstattung

Nicht weniger beeindruckend veredelt als der Motorraum zeigt sich das Interieur: Es wurde komplett neu beledert, inklusive Details wie der Fußmatten und des Überrollbügels sowie der Persenning für das Verdeck. Diese Arbeiten führten nicht nur die Spezialisten von Street Diamonds, sondern teilweise auch Jürgens Opa durch: Zum Einsatz kamen dabei selbstverständlich Kuhhäute im zum Rest des Fahrzeugs passenden Braun und Beige, und selbst die Sicherheitsgurte sind entsprechend farblich abgestimmt. Ferner griff Jürgen im Cockpit das Motto seines Golfs auf, indem er das Lenkrad mit Kaffeebohnen besetzte. Diese sind zu guter Letzt gleichfalls ein Bestandteil des belederten Kofferraum-Ausbaus: Hier scheint sich ein beachtlicher Bohnenvorrat hinter einem mit Cappuccino-Schriftzug versehenen Sichtfenster zu befinden. Darüber hinaus ist das ehemaligen Gepäckabteil Heimat eines Subwoofers sowie des 11-Liter-Airride-Tanks.

Dezente verfeinertes Exterieur

Eher geringfügig modifiziert zeigt sich die braun lackierte Karosserie des Golf Cabrios. Besonders auffällig und ungewöhnlich ist, dass man selbst hier Kaffeebohnen erspäht. Die beigen Zierleisten an den Fahrzeugseiten sind fein säuberlich mit ebensolchen besetzt. Ein kompletter Leuchten- und Blinker-Satz samt Fadenkreuz-Scheinwerfern ergänzt die neue Optik. Ganz eigene Wege ging Jürgen zu guter Letzt auch bezüglich der Felgen: Statt sich wie meist üblich für eine Tuning-Felge zu entscheiden, fiel seine Wahl auf Räder aus dem Hause Fiat, die am ehemaligen Golf-Konkurrenten Stilo verwendet wurden. Für ihren Einsatz am Cappuccino-Cabrio erhielten sie eine tiefgreifende Veredlung, so erstrahlen sie nun in passendem Braun und Beige, während auf den Nabendeckeln nicht mehr das Fiat-Logo, sondern das Kürzel JC, mutmaßlich stellvertretend für Jürgen Christian, prangt. Bezogen sind die 7×17 Zoll messenden Felgen mit Bereifungen in 165/35R17. Und obwohl sie keines der meist am Golf 1 gesehenen, klassischen Raddesigns, etwa das Kreuzspeichen-Layout, aufweisen, passen sie perfekt zum offenen Golf und runden das Kaffee-Erdbeerkörbchen damit überzeugend ab.

 

 

Technical Facts

VW Golf 1 Cabriolet 1.8

Baujahr: 1990

Karosserie: Kotflügelkanten entfernt, getönte Fadenkreuz-Scheinwerfer, getönte Blinker vorne, getönte rot-weiße Rückleuchten, Lackierung in braun Metallic, seitliche Zierleisten in Beige lackiert und mit Kaffeebohnen beklebt, Kühlergrill-Umrandung und VW-Logo in Beige lackiert, Heckklappe gecleant

Motor: 1,8-Liter-Reihenvierzylinder (2H), Steuergerät und Co-Poti vom Golf 2 G60, angepasster offener Sportluftfilter, gekürzter Edelstahl-Fächerkrümmer, Gruppe-A-Edelstahl-Abgasanlage ohne Kat und Mitteltopf, Motorblock komplett in Wagenfarbe lackiert und mit Lasur überzogen, diverse Anbauteile in Beige lackiert, einige Komponenten mit Leder bezogen oder mit Kaffeebohnen beklebt

Kraftübertragung: manuelles 5-Gang-Getriebe

Fahrwerk: TA-Technix-Luftfahrwerk mit 11-Liter-Tank und Antiwank-Kit, vordere Dämpfer um ca. 50 mm gekürzt

Rad/Reifen: Felgen vom Fiat Stilo in 7×17 Zoll mit Bereifung in 165/35R17, Spurplatten VA 30 mm, HA 40 mm

Bremsen: Anlage vom Golf 2 G60

Innenraum: komplett mit Echtleder in Braun und Beige bezogen inkl. Persenning, Fußmatten und Überrollbügel, farblich angepasste Sicherheitsgurte, Lenkrad mit Kaffeebohnen beklebt, Kofferraum-Ausbau mit Lautsprecher, Airride-Tank und Sichtfenster mit Kaffeebohnen und Cappuccino-Schriftzug

Multimedia: Digifiz (Mäusekino) vom Golf 2, Doppel-DIN-Radio mit Navigation, Pioneer-Subwoofer im Kofferraum

Dank an: meinen besten Freund Wolfgang Schmidt, der während des ganzen Umbaus mithalf, meinen Großvater Johann Christian, der diverse Teile lederte, Mario Wöhrer von Street Diamonds – The Kustom Label für die sehr gute Lederarbeit, Chris von Carshine Autokosmetik für den Wassertransferdruck und tolle Designvorschläge sowie deren Umsetzung, meine Frau Cornelia, die mich während der Umbauzeit immer unterstützt hat

 

Text: Simon Mombartz, Fotos: Martin Riedmann