BMW E30 329i Turbo
In Finnland sind die Winter bekanntlich sehr lang, sehr kalt und sehr dunkel. Da kann man schon mal auf verrückte Ideen kommen. Das Wort „Kalsarikännit“ beispielsweise ist so eine verrückte Idee. Es bedeutet nichts anderes als: Sich alleine zu Hause in Unterwäsche betrinken. Ja, dafür gibt es auf Finnisch wirklich ein eigenes Wort! Wer hat sich das ausgedacht?
Eine gehörigen Portion Verrücktheit gehört zweifellos auch dazu, einen mehr als 1.000 PS starken Turbomotor in einen BMW E30-Oldtimer zu bauen. Genau das hat Jani Heinonen getan. Auf Basis eines 323i-Zweitürers aus dem Baujahr stellte der passionierte Schrauber aus dem Südwesten Finnlands sein hier abgebildetes Projektfahrzeug auf die Räder.
Die Basis des vollkommen neu aufgebauten Reihensechszylindermotor bildete ein M50B25-Aggregat, wie es ab Anfang der 1990er Jahre in der BMW 5er-Baureihe E34 sowie dem 3er E36 zum Einsatz kam. Der Hubraum von serienmäßig 2,5 Litern wurde durch eine maßvolle Vergrößerung der Zylinderbohrung um 0,5 mm und den Einsatz einer von der USA-Ausführung des E36 M3 stammenden S50B30/US-Kurbelwelle mit beschichteten CP-Schmiedekolben auf geschmiedeten 135-Millimeter-Pleueln von SPM auf 2,9 Liter vergrößert. Innerhalb des modifizierten Zylinderkopfs mit Motorsport-Ventilsitzen bewegen ENEM-Nockenwellen mit 292 Grad Steigung und 11,1 Millimetern Hub die Übermaß-Ventile von Supertech. In Verbindung mit Pure Performance Factory-Ventilfedern und CRMO-Retainern soll diese Hardware selbst Drehzahlen von bis zu 9.000 U/min standfest zulassen. Das ist auch gut so, denn wenn der mächtige Turbonetics T-76-Turbolader Ladedruck aufgebaut hat, sprint die Drehzahlnadel geradezu nach oben. Die Effizient der Aufladung optimiert ein mit massiver 3,5/3-Zoll-Verrohrung angebundener Custom-Ladeluftkühler, während ein 60-Millimeter-Wastegate den auf den Turbo wirkenden Abgasstrom limitiert und ein 60er Blow-Off-Ventil den Ladedruck-Ansturm auf die 80-Millimeter-Drosselklappe mildert. Apropos Abgasstrom: Der heiße Atem des Turbomotors entweicht geräuschvoll durch eine 4,5-Zoll-Downpipe sowie eine 4-Zoll-Abgasanlage von RST, deren mächtiges Endrohr gleich vor dem rechten Hinterrad ins Freie ragt.
Den in einer 65 Liter fassenden JAZ-Sicherheitstankzelle mitgeführten E85-Bioethanol-Treibstoff fördert eine Fuelab-Benzinpumpe zu den 2.200er Bosch-Düsen, ein Aeromotive-Benzindruckregler sorgt für ausgegelichene Druckverhältnisse im Spritkreislauf. Entflammt wird das explosive Gemisch von einer Autronic 500R CDI-Zündanlage, welche ihr Diktat von einem SM3-Steuergerät aus gleichem Hause erhält. Das Leistungsdiagramm belegt: 1.005 PS bei rund 8.500 U/min und 885 Nm Drehmoment bei ca. 7.900 U/min schickt der Turbomotor bei auf 1,85 bar justiertem Ladedruck an die Kupplung.
Heavy Duty-Antriebsstrang
Dass die serienmäßige E30-Kraftübertragung bereits in der ersten Runde des Kampfes gegen diese Belastungen das Handtuch geworfen hätte, liegt auf der Hand. Daher rüstete die Finnen auch in dieser Hinsicht auf: Das 6-Gang-Schaltgetriebe stammt aus einem E36 M3 und wurde mittels einer Tilton-Dreischeiben-Kupplung (7,25 Zoll) mitsamt eines 3,8 Kilogramm leichten Schwungrads und eines hydraulischen Howe-Ausrücklagers an das Turbo-Triebwerk angebunden. Von einer E34 M5-Kardanwelle nach achtern transferiert, wird die Antriebskraft dort via eines 3,45er Differenzials (ebenfalls vom E34 M5) mit Quaife-Sperre und hochbelastbarer Custom-Antriebswellen an die Hinterräder übertragen.
M3-DTM-Outfit
Optisch tritt Janis E30 – in Relation zur gewaltigen Motorleistung – geradezu dezent auf. In die reinweiße Lackierung, welche mit ihren diagonalen M-Streifen an die legendären Warsteiner-E30 M3-DTM-Rennwagen der 1980er und 1990er erinnert, wurde auch die vom jeglichem Unterbodenschutz befreite Fahrzeugunterseite miteinbezogen.
Am Bug des Zweitürer platzierte Jani eine M3-Frontschürze, welche zusätzlich mit einem selbst angefertigten Carbon-Frontspoilerschwert kombiniert wurde. In den schwarzen Kühlergrill setzte Jani vier gelbe Bosch-Scheinwerfer ein, wie sie häufig im Langstrecken-Rennsport zum Einsatz kommen. Auch die vorderen Kotflügel sind M3-Originalteile, welche jedoch nochmals um fünf Zentimeter verbreitert wurden. Analog wurden die hinteren Radläufe sogar um sieben Zentimeter in die Breite gearbeitet. Bei den Seitenschwellern handelt es sich um nach Maß selbst angefertigte Unikate. Auf unseren Bildern nicht zu sehen ist die in Eigenarbeit aus GFK angefertigte Motorhaube mit eingearbeiteten Carbon-Luftauslässen. Abgerundet wird die M3-Replik von einer an die Breite der hinteren Radläufe angepassten M3-Heckschürze sowie einem auf dem Heckdeckel platzierten Flügel, welcher mit dem durch ihn generierten Anpressdruck ein wenig Ruhe ins E30-Heck zu bringen versucht.
Magnesium-Felgen
Apropos Hinterräder: Ebenfalls an die glorreichen DTM-Zeiten des E30 erinnern die superleichten OZ-Magnesium-Felgen. Besohlt wurden die weißen 8×18-Zöller mit MaxSport-Semislicks der Größe 225/40R18 rundum. In puncto Fahrwerk setzt Jani auf in Höhe und Dämpfung einstellbare Gewindefederbeine von Koni/KYB, die mit zusätzlichen Sturzverstellern kombiniert wurden. Darüber hinaus wurde der BMW mit einem ganzen Arsenal von Powerflex-PU-Buchsen ausgerüstet.
Gut versteckt hinter den flächigen Felgen wartet aufgerüstete OEM-Bremstechnik auf ihren Einsatz. An der Vorderachse nehmen E36 M3-Sättel gelochte 315-Millimeter-Zimmermann-Scheiben in die Zange, während an der Hinterachse 320er Scheiben gleichen Herstellers von E39 M5-Sätteln verzögert werden. Rundum wurden zudem Ferodo-Beläge und Teflon-Schläuche verbaut.
Zweckmäßiger Fahrer-Arbeitsplatz
Von spartanischer Zweckmäßigkeit ist das Cockpit des Turbo-E30 geprägt. Die Insassen des BMWs verzurren sich mit 4-Punkt-Gurten aus dem Hause OMP in ihren Cobra Imola-Schalensitzen. Sicher umschlossen werden sie von einem Wiechers-Überrollkäfig mit zusätzlichen verschweißten Verstärkungen. Statt aus Textil und/oder Leder gefertigten Tür- und Seitenverkleidungen fällt der Blick an deren Stelle auf RST-Verblendungen aus blanken Aluminium. Während Jani den E30 mittels beherzter Griffe in das tief geschüsselte Luisi-Sportlenkrad dirigiert, informieren ihn in das beflockte Armaturenbrett integrierte Autogauge-Zusatzinstrumente über die wichtigsten Vitalwerte seines 1.000-PS-Oldtimers.
Specs
BMW E30 329i Turbo (1985)
Karosserie: modifizierte M3-Frontschürze mit Custom-Carbon-Spoilerschwert, modifizierte M3-Heckschürze, originale M3-Kotflügel um 5 cm verbreitert, Radläufe hinten um 7 cm verbreitert, Eigenbau-GFK-Motorhaube mit Carbon-Luftauslässen, gelbe Bosch-Scheinwerfer, Custom-Seitenschweller, Unterbodenschutz entfernt und Unterboden weiß lackiert
Motor: M50B25-Sechszylindermotor, Bohrung um 0,5 mm vergrößert, S50B30/US-Kurbelwelle, CP-Schmiedekolben mit Techline CBX-Beschichtung, geschmiedete SPM-135-mm-Pleuel, modifizierter Zylinderkopf mit Motorsport-Ventilsitzen, Supertech-Ventile (1 mm Übermaß), Pure Performance Factory-Ventilfedern, CRMO-Retainer, ENEM-Nockenwellen (292 Grad, 11,1 mm Hub), ARP-Bolzen, Pure Performance Factory-Zylinderkopfdichtung, Custom-Ansaugkrümmer, 80-mm-Drosselklappe, Turbonetics T76-Turbolader, Fintube-Ladeluftkühler mit 3/3,5-Zoll-Verrohrung, 60-mm-Wastegate, 60-mm-Blow-Off-Ventil, 4,5-Zoll-RST-Downpipe, 4-Zoll-RST-Abgasanlage, Fuelab-Benzinpumpe, Aeromotive-Benzindruckregler, 13-mm-Alu-Benzinleitungen, Bosch-2.200-cc-Einspritzdüsen, Autronic 500R CDI-Zündanlage, ACCEL CDI-Zündspulen und -Zündkabel, JAZ-65-Liter-Sicherheitstank, Autronic SM3-Steuergerät
Hubraum: 2,9 Liter
Leistung: 1.005 PS bei ca. 8.500 U/min
max. Drehmoment: 885 Nm bei ca. 7.900 U/min
Kraftübertragung: 6-Gang-Schaltgetriebe (ZF 320D) vom E36 M3, Tilton-Dreischeiben-Kupplung (7,25 Zoll), 3,8-kg-Schwungrad (7,25 Zoll), hydraulisches Howe-Ausrücklager, 3,45er Differenzial vom E34 M5, Quaife Differenzialsperre, E34 M5-Kardanwelle, Custom-Antriebswellen
Fahrwerk: Koni/KYB-Gewindefederbeine, Powerflex-PU-Buchsen, Sturzversteller hinten
Rad/Reifen: OZ-Magnesium-Felgen in 18 Zoll, MaxSport-Semislicks in 225/40R18
Bremsen: VA E36 M3-Sättel und gelochte 315-mm-Zimmermann-Scheiben, HA E39 M5-Sättel und gelochte 320-mm-Zimmermann-Scheiben, rundum Ferodo-Beläge und Teflon-Schläuche
Innenraum: Wiechers-Überrollkäfig mit Verstärkungen, Cobra Imola-Schalensitze, OMP-4-Punkt-Gurte, Luisi-Wildleder-Sportlenkrad, Autogauge-Zusatzinstrumente, RST-Alu-Türverkleidungen, Armaturenbrett beflockt