58 Jahre alter Neugeborener

VW 1200 Wilke Motorenbau

VW 1200

Denken wir einmal rund 60 Jahre zurück: In den frühen 1960er-Jahren war ein grauer VW 1200 die wohl unauffälligste Art, sich mit einem Auto im deutschen Straßenverkehr zu bewegen, dominierte der Käfer das Straßenbild doch absolut. Heute sieht letzteres freilich ganz anders aus: Der einst omnipräsente Volkswagen ist selten geworden und sein Anblick erfreut sowohl diejenigen, die noch über eigene Erinnerungen an die Hochzeiten des legendären Millionen-Bestsellers erinnern oder womöglich sogar selbst einmal einen Käfer besaßen, als auch junge Leute, die sich vom Vintage-Charme des kugeligen Krabblers einnehmen lassen. Zu ersterer Gruppe gehört Ingo Schröder aus Siegen: Der heute 57-jährige Hausmeister durfte als erstes eigenes Auto überhaupt vor knapp 40 Jahren einen Käfer sein Eigen nennen.

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WOB Klassik 3-2021

In Erinnerung an die damalige Zeit baute sich der passionierte Schrauber in den vergangenen beiden Jahren einen aus dem Baujahr 1963 stammenden 1200er komplett neu auf, wobei er die Karosserie-Restaurierung mit Unterstützung von Familie und Freunden weitgehend selbst übernahm, während er die Motorenbau- und Sattlerarbeiten in professionelle Hände legte.

In welch traurigem Zustand das Häuschen des Käfers zu Beginn der Arbeiten war, dokumentieren unsere Bilder aus der Aufbauzeit des Käfers: Hier war reichlich Metallarbeit nötig. Besser sah es hinsichtlich der Bodengruppe aus: Diese hatte der Vorbesitzer bereits für die nächsten Jahrzehnte fit und haltbar gemacht.

Steel Grey trifft Leuchtorange

Schon während der Restaurationsphase war Ingo klar: Sein Käfer sollte grau werden – eine auch bei Neuwagen derzeit wieder sehr beliebte Lackvariante. Abweichend von den historischen VW-Originalfarben entschied sich Ingo dann auch für Steel Grey aus der aktuellen Skoda-Farbkarte, welches von Lackierer Thomas Knapp aus Kreuztal-Buschhütten aufgebracht wurde. Zu dieser neutralen Karosseriefarbe kontrastieren die Hackmesser-Räder – und wie! Denn fünfarmigen Sterne sind in leuchtendem Orange lackiert. Bezogen sind die 6×15 und 7×15 Zoll messenden Kultfelgen, welche in dieser schreienden Warnfarbe zweifellos als Thema kontroverser Diskussionen taugen, mit Goodyear-Bereifung in 195/60R15 an der Lenk- und 195/65R15 an der Antriebsachse. Während die ursprünglich verchromten Stoßstangen in Mattschwarz pulverbeschichtet wurden, polierte Ingo den Chrom-Zierrat des 1200 wo immer möglich auf, oder ersetzte ihn durch Neuteile.

Die mittels einer verstellbaren Vorderachse sowie den Drehstäben der Hinterachse generierte Tieferlegung resultiert in einer dezenten Keilform, während neue Koni-Stoßdämpfer eine satte Straßenlage des einstigen 1200ers sicherstellen.

125-PS-Typ4

Einstig“ deshalb, weil während der Karosserie-Restaurierung in der Kölner Werkstatt von Wilke Motorenbau bereits ein 2,0-Liter-Typ4-Aggregat gebaut wurde, welches dem nur rund 800 Kilogramm leichten Käfer mit seinen 125 PS sehr beeindruckende Fahrleistungen ermöglicht.

Wilke Motorenbau kombinierte hierfür Pleuel, Kolben und Zylinder in Porsche 914 2.0-Spezifikation, also 94 mm Bohrung und 71 mm Hub mit vom VW 411/412 stammenden Zylinderköpfen und strömungsoptimierte 41/34-mm-Ventilen, die von einer 312-Grad-Nockenwelle zum Tanz gebeten werden.

Um dem angesichts einer gegenüber dem Serienzustand mehr als vervierfachten Motorleistung auch eine adäquate Negativbeschleunigung entgegensetzen zu können, rüsteten Holger Wilke und sein Team den Käfer an der Vorderachse zudem mit CSP-Scheibenbremsen aus.

Renoviertes Interieur

Völlig verwohnt und verschlissen war vor der Restaurierung freilich auch der Fahrgastraum des Käfers. Sattlerin Annika Drechsler aus Lindlar spendierte nicht nur dessen Sitzmöbeln neue Bezüge und Grau mit schwarz-weißem Karomuster auf Sitz- und Rückflächen, sondern renovierte analog auch die Tür- und Seitenverkleidungen, die Teppiche und den Dachhimmel, sodass das Volkswagen-Interieur heute wie neu erscheint. Ins ansonsten serienmäßig belassene Cockpit wurden links des dünnen Lenkrads drei VDO-Zusatzinstrumente für Drehzahl, Öltemperatur und Spannung integriert.

Technische Daten

VW Käfer 1200

Baujahr: 1963

Karosserie: komplett restauriert, Lackierung in Steel Grey von Skoda, Stoßstangen in Mattschwarz gepulvert, Seitenscheiben hinten getönt

Motor: 2,0-Liter-Typ 4-Boxermotor von Wilke Motorenbau, Pleuel / Kolben / Zylinder wie Porsche 914 (Bohrung 94 mm, Hub 71 mm), VW 411/412-Zylinderköpfe, Verdichtung 9:1, strömungsoptimierte 41/34-mm-Ventile, 312-Grad-Nockenwelle, Dopperohr-Auspuff, ca. 125 PS

Kraftübertragung: verstärktes 4-Gang-Schaltgetriebe, langer 3. und 4. Gang, schmale Hinterachse, erleichterte und feingewuchtete Schwungscheibe

Fahrwerk: Koni-Stoßdämpfer, verstellbare Vorderachse, Tieferlegung hinten mit Drehstäben

Bremsen: VA CSP-Scheibenbremsen, HA Trommelbremsen

Rad/Reifen: Hackmesser-Felgen in Leuchtorange, 6×15 und 7×15 Zoll, Goodyear-Bereifung in 195/60R15 und 195/65R15

Innenraum: originale Innenausstattung (Sitze vorne und hinten, Tür- und Seitenverkleidungen, Teppiche, Dachhimmel) komplett restauriert von Sattlerin Annika Drechsler (Lindlar)