Tiefer Baby-Benz auf großem Fuße

Classic Mercedes 190 (W201)

Mit dem 190 startete Mercedes ab 1983 ein neues Einstiegsmodell und wagte sich damit auf unbekanntes Terrain. Und tatsächlich hatte er es in den ersten Monaten schwer in der Mittelklasse, vor allem gegen den erklärten Hauptkonkurrenten von BMW: Den seit 1975 gebauten Dreier, der nahezu zeitgleich mit dem 190er bereits in seiner zweiten Modellgeneration an den Start ging. Zwar war die Ausstattung des kleinen Mercedes dank Sicherheitsfeatures wie ABS und Airbag auf hohen Niveau, diese bedeutete jedoch zudem einen hohen Kaufpreis, der die Kunden abschreckte.

Mit Einstiegspreisen von mehr als 25.000 Mark konnte der 190er, welcher schnell den Spitznamen „Baby-Benz“ bekam, in der Tat keineswegs als Schnäppchen gelten. Vielmehr war die günstigste Version des zwar weniger modernen aber auch größeren und höher angesiedelten E-Klasse-Vorgänger W123 sogar zu niedrigeren Preisen erhältlich. Durch effektive Maßnahmen, wie die Einführung zusätzlicher Motorisierungen, konnte Mercedes die Startschwierigkeiten des 190 jedoch beheben, sodass er in der Folge zu einem der erfolgreichsten Modelle in der Geschichte der Stuttgarter avancierte – und schlussendlich selbst begehrte Traumautos wie das limitierte Homologationsfahrzeug 190 E 2.5-16V Evolution II hervorbrachte. Insgesamt liefen bis zum Produktionsende im Jahr 1993 1,8 Millionen Exemplare der intern W201 genannten Baureihe vom Band. Eines der Fahrzeuge aus dem Baujahr 1989 ist im Besitz von Bjorn Struyve aus der belgischen Provinz Westflandern. Als passionierter Auto-Fan hat er seinem Klassiker eine zwar deutlich sichtbare, aber gleichzeitig dezent zurückhaltende Verfeinerung angedeihen lassen.

Klassisches Design

Komplett in ihrem ursprünglichen Zustand beließ er beispielsweise die Karosserie des 190. Deren Optik galt damals als richtungsweisend, da es unter anderem mit dem hohen sowie kurzen Heck eine völlig neue Designsprache bei Mercedes einführte. Entsprechend nahmen später mit dem W124 und sogar dem W140 die größeren Modellreihen Merkmale dieser zeitlosen und geradlinigen Exterieurgestaltung auf. Die breiten Stoßschutzleisten an den Flanken geben unterdessen einen klaren Hinweis darauf, dass es sich bei Bjorns W201 um ein Exemplar aus einem späteren Baujahr handelt: Sie waren Bestandteil der 1988 durchgeführten Modellpflege. Für europäische Betrachter eher ungewohnt ist die Optik der Rückleuchten: Sie weisen nicht die üblichen, orangefarbenen Blinkergläser auf, sondern sind stattdessen nahezu komplett rot – stammen also wohl ursprünglich von einem US-Modell.

Custom-Gullideckel-Felgen

Das eigentliche Highlight des 190, der übrigens noch über seinen originalen weißen Lack verfügt, befindet sich jedoch schließlich in den Radkästen: Dort drehen sich dreiteilige Custom-Felgen im 17-Zoll-Format, die auf Basis von Mercedes-Gullideckel-Rädern – vermutlich 15-Zöllern eines W124 – aufgebaut wurden. Sie zeichnen sich nicht nur innen wie außen durch polierte Felgenbetten, sondern auch durch goldene Schrauben aus. Die aufgezogene Bereifung hat die Dimensionen 195/40ZR17. Umso besser kommen die Felgen zudem in Verbindung mit der deutlichen Tieferlegung des Baby-Benz‘ zur Geltung, welche die optische Modifikation abrundet. Verantwortlich für die Absenkung sind H&R-Federn.

Aufgewertetes Interieur

Gleichfalls äußerst zurückhaltend ging Bjorn bei der Aufwertung des Cockpits seiner Limousine vor. Im dank Holzeinlagen hochwertig anmutenden Innenraum installierte er ausschließlich ein von Momo stammendes Lenkrad sowie die aus einer der sportlicheren und leistungsstärkeren 190er-Varianten mit 16V-Motor entliehenen Leder-Sportsitze. Letztere sind in Anbetracht ihres gehobenen Alters – wie im Allgemeinen der gesamte Mercedes – in einem beeindruckend guten Zustand. Schließlich seien noch einige Worte über die Motorisierung des W201 verloren: Obwohl die Kennziffer bei dieser Baureihe bekanntlich nicht mit dem Hubraum des jeweils verbauten Triebwerks in Verbindung stand, also alle 190er diesen Namen trugen, ist sie in diesem Fall sogar beinahe zutreffend: Unter der Haube arbeitet die bis 1990 gebaute Vergaser-Version des 2,0 Liter großen M102-Vierzylinders mit Katalysator und einer Leistung von 102 PS.

Technical Facts

Fahrzeugtyp: Mercedes-Benz 190 W201

Baujahr: 1989

Karosserie: Ursprungszustand samt originaler Lackierung

Motor: 2,0-Liter-Vierzylinder mit Vergaser, 102 PS

Kraftübertragung: Viergang-Handschaltgetriebe

Fahrwerk: H&R-Federn

Rad/Reifen: Originale- Mercedes-Gullideckel-Felgen, umgebaut in dreiteiliges Rad in 17 Zoll, Nankang-Bereifung in 195/40ZR17 rundum

Innenraum: Momo-Lenkrad, Sport-Ledersitze aus einem 16V