LKW als Airride-Showcar

Chevrolet 5700 COE Truck

Chevrolet 5700 COE Truck

Eines mag man in der Begeisterung für US-amerikanische Pick-ups à la Ram oder auch Ford F-Series und Chevrolet Silverado schnell vergessen: Im Grunde genommen handelt es sich hier um Nutzfahrzeuge die zum Verrichten schwerer Transportaufgaben gedacht sind. Während Ram 1500 respektive F-150 und Co. noch am ehesten einen PKW-ähnlichen Charakter besitzen, sind geht es mit jeder darüber angesiedelten Variante, sprich etwa Ram 2500 sowie F-250 und vor allem auch Ram 3500 beziehungsweise Ford F-350 immer unbestreitbarer in Richtung waschechter leichter Lastkraftwagen.

Deutlich stärker dem Charakter eines Lastkraftwagens nach unserem europäischen Verständnis entsprechen unterdessen zweifellos die sogenannten COE-Trucks, was für Cabine over engine steht, sprich der Fahrgastzelle über dem Motor. Damit entsteht der bei hiesigen LKW so typische Look mit weit vorgerücktem und hoch aufragendem Aufbau sowie komplett senkrecht abfallender Front ohne vorgelagertem Motorraum. Während es entsprechende Ableger von den eingangs benannten US-Pick-ups schon lange nich mehr gibt, war das in der Vergangenheit noch anders. So produzierte Chevrolet die Trucks der AK Series, des 40er Jahre-Vorläufers des Silverados, in zahlreichen verschiedenen Karosserievarianten, darunter eben auch eine COE-Ausführung.

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Cars & Stripes 3-22

Aus den Alpen ins Flachland

Ein ganz besonderes Exemplar dessen, genauer gesagt ein Chevrolet 5700 COE aus dem Baujahr 1946 ist in den Niederlanden anzutreffen – und auf diesen Seiten zu bewundern. Der Wagen befindet sich im Besitz des US-Car-Enthusiasten und passenderweise LKW-Mechaniker Joris Van Duijnhoven aus dem in Limburg zwischen Nijmegen und Venlo an der deutschen Grenze gelegenen Well. Erworben hat Joris das Fahrzeug vor etwa sechs Jahren jedoch sehr weit von seiner Heimat entfernt: Dem Tipp eines Freundes folgend nahm er eine weitere Reise von etwa 2.100 Kilometer auf sich. Es ging in die Kärntener Berge, wo sich das Schätzchen großteils in seine Einzelteile zerlegt in einer kleinen Baracke verbarg. Schnell war ein Deal ausgehandelt und der Truck per Trailer auf dem Weg in die Niederlande.

Kompletter Neuaufbau

Danach startete für Joris und seine Helfer eine nicht weniger als vier Jahre andauernde Phase des Wiederaufbaus: Jedes Teil, gar jede Schraube, wurde angefasst, um den Chevrolet in seinen jetzigen Zustand zu versetzen. Ein essentieller Grund für den spektakulären und beeindruckenden Auftritt ist zweifellos die kompromisslose Tiefe: Um diese zu erreichen, wurden nicht nur die neu verbauten Achsen, vorne mit Einzelradaufhängung und von einem C30 stammend und hinten vom Chevrolet C20, mit Luftfederbeinen kombiniert. Darüber hinaus sind sowohl der als auch die Fahrerkabine um etwa 20 Zentimeter gekürzt. Den Straßenkontakt stellen absolut LKW-typische Stahlfelgen in 17 Zoll her, wobei es hinten Doppelbereifung gibt. Die Pneus messen vorne 225/50 R17 und hinten 225/70 R17.

Überzeugender Patina-Style

Natürlich war die Karosserie des Trucks nach einem etwa 70-jährigen Leben vom Zahn der Zeit gezeichnet und mit Rost beziehungsweise Patina übersäht. Diese Optik behielt Joris bewusst bei und trug zwecks Erhaltung dieses Zustands für die kommenden Jahre eine schützende Konservierungsschicht auf Ölbasis auf. Komplett neu, aber stilistisch perfekt passend, ist unterdessen der in Eigenbau gefertigte Kühlergrill aus senkrechten Latten: Etwa die Hälfte der Teile des Originals fehlten nämlich. Gleichfalls in erneuert ist die Ladefläche, auf deren Boden sich mit Metall-Inlays abwechselnde Eichenholz-Planken verlegt sind. Joris‘ Ziel war dabei, dass die Fläche so tief wie möglich ist, aber zugleich robust und groß genug, um seinen 1930er Ford zu tragen. Weitere optische Merkmale sind der zusätzliche Suchscheinwerfer auf der Fahrerseite und LED-Rückleuchten; ferner sind die Scheiben aus Sicherheitsglas erneuert.

Wechsel auf acht Zylinder

Um diese Transportaufgabe zu meistern, braucht es natürlich auch einen souveränen Antrieb: Der Niederländer tauschte den ursprünglich verbauten 3,5-Liter-Reihensechszylinder gegen einen großvolumigen 6,2-Liter-V8-Diesel. Dieser kam in den Genuss neuer Zylinderkopfdichtung sowie Einspritzdüsen. Zudem baute Joris einen Custom-Ansaugstutzen, damit das Aggregat in den Motorraum passte. Ebenfalls in Eigenbau entstanden der Kraftstofffilter, der Tank, die Motorlager und – ein besonderes Highlight fürs Auge – der Kühlmittel-Überlaufbehälter aus einer Jack Daniel’s-Flasche. Mit 155 PS ist der Motor zwar nicht unbedingt leistungsstark, dürfte aber nicht zuletzt vor allem auch mit seinem bärigen Drehmoment überzeugen. Die Kraftübertragung gewährleistet eine Vierstufen-Automatik und angemessene Verzögerungen garantieren Scheibenbremsen vom Chevrolet C30 an der Vorderachse.

Interieur mit Custom-Details

Last but not least bietet auch der Innenraum einige Neuerungen und kleine aber feine Details. So nehmen Joris und seine Mitfahrer auf einer gekürzten Sitzbank eines 1950er Pick-ups Platz, auf der eine farbenfrohe Decke ausgebreitet ist. Ferner finden sich ein Zusatzspiegel auf dem Armaturenbrett, eine schwarze Billardkugel als Schaltknauf und unter dem Dach platzierte Rundinstrumente, die über Wassertemperatur und Öldruck des Motors informieren. Das Lenkrad ist nun verstellbar und die Bodenbleche des Cockpits sind komplett erneuert.

Technicl Facts

Chevrolet 5700 COE Truck

Baujahr: 1946

Motor: 6,2-Liter-V8-Dieselmotor von Chevrolet/GM, Custom-Ansaugstutzen, Zylinderkopfdichtungen erneuert, Einspritzdüsen erneuert, Custom-Kraftstofffilter, Custom-Kühlmittel-Überlaufbehälter mit Jack Daniel’s-Flasche, Eigenbau-120-Liter-Tank, Eigenbau-Motorlager, 155 PS

Kraftübertragung: Vierstufen-Automatikgetriebe (GM 4L80-E)

Fahrwerk: Vorderachse vom Chevrolet C30 mit Einzelradaufhängung, Hinterachse vom Chevrolet C20, Airride mit 7-Zoll-Luftfederbeinen rundum

Rad/Reifen: Stahlfelgen in 17 Zoll mit Bereifung in 225/50 R17 und 225/70 R17, HA Doppelbereifung

Bremsen: VA Scheibenbremsen vom Chevrolet C30, HA Trommelbremsen vom Chevrolet C20

Karosserie: Eigenbau-Kühlergrill inkl. Kreuz aus Schraubenschlüsseln, Suchscheinwerfer an der Front auf der Fahrerseite, Eigenbau-Ladefläche aus Stahl mit Eichenholz-Bodenbelag samt Metall-Inlays, LED-Rückleuchten, Fensterscheiben erneuert aus Sicherheitsglas, originale Lackierung mit Rost/Patina und Konservierung auf Ölbasis

Innenraum: Fußbodenbleche erneuert, Zusatzspiegel auf dem Armaturenbrett, schwarze Billardkugel als Schaltknauf, gekürzte Sitzbank aus einem 1950er Pick-up, verstellbares Lenkrad mit Adapter für originale Lenksäule, Zusatz-Rundinstrumente für Öldruck und Wassertemperatur unter dem Dach

Sonstiges: Karosserie und Rahmen um 20 cm gekürzt für mehr Tiefe

Fotos: howygraphx