Neue SL-Baureihe vereint Heritage und High-Tech
Er ist zweifellos DIE lebende Legende innerhalb der Mercedes-Familie: der SL. Bekanntlich reicht die Ahnenreihe des Roadsters bis in die 1950er-Jahre zurück. Allerdings: Nicht – wie häufig angenommen – der 300 SL (W198) bildete ihren Ursprung, sondern dessen kleiner Bruder. Denn während Mercedes-Benz die Stoffdach-Variante des 300 SL-Flügeltürers erst 1957 lancierte, war der kleinere, optisch aber sehr ähnliche 190 SL (W121BII) zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Jahre auf dem Markt. Anyway: 1963 löste die SL-Baureihe W113, unter Markenfreunden als „Pagode“ bekannt, beide Typen gleichzeitig ab und seither gibt es stets nur einen SL gleichzeitig. Vor wenigen Wochen zog Mercedes-Benz das verhüllende Tuch von der siebten SL-Generation R232.
Das heisst: Eigentlich ist das nur halb richtig. Denn während bisher nur die Topmodelle bisheriger SL-Baureihen als AMGs klassifiziert wurden, firmiert fortan die gesamte Baureihe R232 unter dem Label der Submarke Mercedes-AMG. Damit macht Mercedes klar, dass der SL sein sportliches Profil trotz aller luxuriösen Alltagstauglichkeit nochmals geschärft präsentieren möchte. Dementsprechend wurde der R232 als „Performance Luxury Modell“ von AMG in Affalterbach komplett eigenständig entwickelt – wie zuvor schon die AMG GT-Familie.
Kein Bauteil von Vorgänger oder AMG GT übernommen
Und obwohl der neue SL auch optisch eindeutig an den AMG GT erinnert und gleichzeitig auch als jüngster Mitglied der SL-Ahnenreihe zu erkennen ist, hat er weder mit dem einen noch mit dem anderen auch nur ein einziges Bauteil gemeinsam. Die AMG-Techniker begannen mit einem weißen Blatt Papier und schufen als tragende Grundlage des Autos ein in leichter Verbundaluminium-Struktur konstruiertes Chassis, besteht aus einem Aluminium-Spaceframe mit einer selbsttragenden Struktur.
Die typischen, kraftvoll-eleganten SL-Proportionen resultieren aus Karosserie-Design-Merkmalen wie einem großen Radstand mit kurzen Überhängen, einer lange Motorhaube, dem in der Folge nach hinten versetzte Fahrgastraum mit stark geneigter Frontscheibe und dem kräftigen Heck.
Kennern fällt beim Walkaround zweifellos das klassische Stoffverdeck ins Auge, welches das in den beiden Vorläufer-Generationen R230 und R231 angestammte Metall-Vario-Faltdach ersetzt und so die Brücke zu den historischen SL-Baureihen schlägt. Weitere Reminiszenzen an die Vergangenheit sind unter anderem die beiden Powerdomes auf der Motorhaube sowie die AMG-spezifische Kühlerverkleidung mit ihren 14 vertikalen Lamellen, welche jeweils den Urahn aller SL-Modelle zitieren, den legendären Rennsportwagen 300 SL von 1952. Unverkennbar moderne Akzente setzen auf der anderen Seite die scharf geschnittenen Digital Light LED-Scheinwerfer und die extrem flachen LED-Heckleuchten. Nur eine von verschiedenen aktiven Aerodynamik-Komponenten ist der nahtlos in den Heckdeckel integrierte, ausfahrbare Heckspoiler. Er verändert seine Stellung je nach Fahrzustand.
„Mit dem neuen SL haben wir eine Repositionierung des ikonischen SL Designs geschaffen. Das expressiv modellierte Exterieur vermittelt einen leichten und puristischen Eindruck und bringt sinnliche Schönheit und extravagantes Design in einen perfekten Einklang“, sagt Gorden Wagener, Chief Design Officer Daimler Group.
V8-Biturbos mit 476 und 585 PS
Zur Markteinführung der neuen Baureihe startet der SL mit zwei Leistungsstufen des bewährten AMG-4,0-Liter-V8-Biturbomotors. Im SL 63 4MATIC+ leistet das Triebwerk 585 PS und stellt ein maximales Drehmoment von 800 Nm über ein breites Drehzahlband von 2.500 bis 4.500 U/min zur Verfügung. Für die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h vergehen nur 3,6 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit beträgt 315 km/h. Im „kleinen“ SL 55 4MATIC+ entwickelt der Biturbo-Achzylinder 476 PS und 700 Nm. Moment…4MATIC+? Ja. Denn erstmals in der fast 70-jährigen Modellgeschichte ist der SL mit Allradantrieb erhältlich: Neben einer überarbeiteten Variante des AMG SPEEDSHIFT MCT 9G-Getriebes haben beide Modelle stets die AMG Performance 4MATIC+ Allrad-Technologie an Bord, welche dank ihrer vollvariablen Momentenverteilung auf Vorder- und Hinterachse optimale Traktion gewährleistet. Ebenfalls neu und serienmäßig im SL ist die aktive Hinterachslenkung, welche die Hinterräder abhängig von der Geschwindigkeit steuert: Bis 100 km/h lenken sie in die entgegensetzte Richtung wie die Vorderräder, oberhalb davon in die gleiche. So soll ein agiles und gleichzeitig stabiles Fahrverhalten erzielt werden – Eigenschaften, die ohne Hinterachslenkung im Gegensatz zueinander stehen.
Später wird der SL auch mit einem leistungsstarken Performance-Hybridantrieb angeboten werden, welcher im wesentlichen jenem des AMG GT 63 S E PERFORMANCE entsprechen durfte, den wir euch in der letzten Mercedes Tuner-Ausgabe vorstellten.
High Tech-Innovationen
Wie in der Vergangenheit üblich bringen aber auch die „konventionellen“ Modelle der neuen SL-Generation technische State of the Art-Innovationen mit sich: So ist der SL 63 4MATIC+ beispielsweise serienmäßig mit dem AMG ACTIVE RIDE CONTROL-Fahrwerk mit aktiver, hydraulischer Wankstabilisierung ausgerüstet. Aktive Hydraulikelemente ersetzen bei diesem die herkömmlichen mechanischen Querstabilisatoren und gleichen Wankbewegungen des Autos in Sekundenbruchteilen aus. So soll das System ein dynamisches Einlenk- und Lastwechselverhalten mit optimalem Fahrkomfort bei Geradeausfahrt vereinen. Optional ist für beide Modelle die neu entwickelte AMG-Hochleistungs-Verbundbremsanlage erhältlich, welche exzellente Verzögerungswerte und präzise Dosierbarkeit verspricht.
„Hyperanaloges“ Cockpit
Die Vergangenheit lässt Mercedes-AMG auch im Innenraum des neuen SL wieder aufleben: Das Interieur des neuen Roadsters transportiert die Tradition des Ur-SL in die Gegenwart, will dabei sportliche Tugenden und Luxus im minimalistischen Stil in Einklang bringen. Das Ergebnis ist eine Kombination aus analoger Geometrie und digitaler Welt – „hyperanalog“ genannt. Die Cockpit-Gestaltung bis hin zum verstellbaren Zentraldisplay in der Mittelkonsole ist auf den Fahrer fokussiert. Gleichzeitig bietet das neue Innenraum-Konzept mit 2+2 Sitzen mehr Platz und Funktionalität als bisher.
Kein Zweifel: Wir schon seine Vorgänger – insbesondere der R230 und der R129 – wird auch der neue SL R232 wieder zum „Lieblingsspielzeug“ der Mercedes-Tuning-Gilde werden…