Kremer K3R: Living History

Kremer K3R: Living History

Einer der international populärsten und glorreichsten Namen der deutschen Motorsport-Geschichte ist wohl „Kremer Racing“: Seit mehr als einem halben Jahrhundert besteht das 1962 unter dem Namen „Porsche Kremer“ von Erwin und Manfred Kremer als Porsche-Service gegründete und bald zum erfolgreichen Motorsport-Team avancierte Unternehmen. Seither fuhr der Traditionsrennstall mit seinen in der heimischen Werkstatt in Köln auf Basis der schwäbischen Sportwagen aufgebauten Rennsport-Boliden diverse Meisterschaftstitel und Gesamtsiege bei den bedeutendsten 24-Stunden-Langstreckrennen der Welt ein: Spa (1968), Daytona (1995) und Le Mans (1979). Insbesondere mit letzterem Sieg und der gesamten Motorsport-Saison 1979 setzte sich Kremer ein bis heute hoch geachtetes Denkmal.
Klaus Ludwig gewann damals im Trio-Team mit den US-amerikanischen Brüdern Don und Bill Whittington am Steuer des 780 PS starken Kremer 935 K3-Rennwagens nicht nur das wichtigste Langstreckenrennen der Welt, sondern siegte auch in der Deutschen Rennsport Meisterschaft triumphal: Zehn von insgesamt elf Saisonläufen gewann der Rennsport-Haudegen mit dem Kremer K3 der Gruppe 5 im Jägermeister-Outfit. Knapp vier Jahrzehnte später lässt Kremer Racing die „Legende“ K3 wieder aufleben: Auf Initiative des Inhabers Eberhard Baunach, welcher im Jahr 2010 das Ruder von Kremer Racing übernahm, fand nun der neue K3R auf Porsche 997-Basis den Weg auf den Asphalt von Rennstrecke und Straße.

„Sei dem ersten Rollout im Jahre 1979 fasziniert mich der Kremer K3 wie kein anderes Fahrzeug auf dieser Welt. Seine unfassbaren Fahreigenschaften wurden nur durch sein spektakuläres und muskulöses Erscheinungsbild übertroffen“ beschreibt Eberhard Baunach seine anno 2018 fast 40 Jahre währende Faszination für den flachschnauzigen Breitbau-Boliden mit der markanten Wespentaille. Diesen Wagen wollte Eberhard Baunach unbedingt wieder auf der Straßen sehen – und gab seinem Team im Jahr 2014 einen entsprechenden Entwicklungsauftrag. Zum Fototermin stand für uns das Entwicklungsfahrzeug der K3-Reinkarnation bereit.

R für Road

Schon seit jeher fand die im Rennsport erprobte Kremer-Technik und -Aerodynamik später auch in Form von modifizierten Porsche-Modellen den Weg in den Straßenverkehr. Letztere sind aufgrund ihrer Seltenheit heutzutage im Regelfall gesuchte Sammlerfahrzeuge. Auch beim K3R finden sich passende Analogien: Während die geplante Kleinserie des K3R – das „R“ steht übrigens nicht etwa für Racing, sondern für Road – zukünftig eher auf dem Porsche 997 Turbo basieren soll, steckt unter dem schwungvollen Karosseriekleid des Entwicklungsfahrzeugs reinrassige Motorsport-Technik. Seine technische Basis bildete ein 997 GT3 Cup aus dem Jahr 2008, in dessen Heck allerdings der frei saugende 3,8-Liter-Boxermotor der ab 2010 ausgelieferten Cup-Rennwagen bollert. Nur eine Handvoll der ab Werk zu 100 Prozent für den Rennstreckeneinsatz vorbereiteten Sportwagen lieferte Porsche ihrerzeit mit Straßenzulassung aus: die K3R-Basis ist einer davon, sodass auch der K3R-Prototyp im vergangenen Jahr offiziell für den Straßenverkehr zugelassen werden konnte, nachdem das Fahrzeug zu Anfang seiner „Karriere“ unter anderem mehrere Jahre in der VLN auf der Nürburgring-Nordschleife unterwegs war.

1970er-Jahre-Silhouette

Maßgebliches Kennzeichen des K3R ist selbstverständlich seine unübersehbar den 1970er-Jahre-K3 zitierende Formensprache. Die geschwungenen Linien, die muskulösen Verbreiterungen und die flache Schnauze des 935ers wurden analog auf den 997 übertragen, der nun nicht nur äußerst aggressiv daherkommt, sondern auch spürbar an aerodynamischer Effizienz gewonnen hat. 5,03 Meter in der Länge, 1,97 Meter in der Breite und 1,30 Meter in der Höhe misst der K3R, was einen Längenzuwachs um mehr als einen halben Meter sowie ein Breitenwachstum um knapp 20 Zentimeter bedeutet und seine mächtige Erscheinung auch in Zahlen erfassen lässt. Bei der Entwicklung und Konstruktion des aus leichtem GFK gefertigten K3R-Aerodynamik-Pakets stand den Kremer-Techniker der Spezialist Holger Zimmermann zur Seite. So sorgt etwa die „Slantnose“ für signifikant mehr Anpressdruck an der Vorderachse, während das gewaltige Leitwerk über dem Heckmotor dem K3R dort ein Maximum an Downforce beschert. Die weit nach vorne gezogene Frontschürze dient als ausgeklügelter Sammler zur Anströmung der Ölkühlanlage. Im Unterschied zu seinem Ahnen K3 trägt der moderne K3R seine Hauptscheinwerfer aus Gründen der Zulässigkeit für den Straßenverkehr weniger weit unten, sondern an beim 997 gewohnter Stelle – jedoch handelt es sich um kleine Hella-Linsen unter Plexiglas-Abdeckungen. Deutlich sichtbar sind rund um den K3R die Montagepunkte des Karosseriekits. Die Kleinserienfahrzeuge auf Porsche 997 Turbo-Basis werden – außer der Kunde wünscht den Motorsport-Look – cleaner erscheinen und weniger sichtbare Montagepunkte zeigen.
In den mächtigen Radhäusern des K3R befanden sich zum Fototermin für dieses Projekt im Rahmen der langjährigen Partnerschaft mit Fuchs eigens konstruierte Zentralverschluss-Dreiteiler mit Sternen im klassischen Design und für den Rennsport der 1970er Jahre so typischen, gestuften Tiefbetten. Bezogen sind die mächtigen 18-Zöller mit Michelin-Rennslicks in 30/65R18 und 31/71R18. Für den Einsatz auf der Straße setzt Kremer den K3R auf einen Zoll größere BBS-Mehrteiler und natürlich profilierte Reifen: Sie messen 9×19 und 11×19 Zoll mit Michelin Pilot Sport Cup 2-Bereifung in 245/35ZR19 und 325/30ZR19. Das installierte Bilstein-Rennsportfahrwerk bietet nicht nur eine stufenlose Höhenverstellungen sondern auch Justage-Möglichkeiten der Druck- und Zugstufendämpfung.

GT3 Cup-Technik

Der 3,8 Liter große Sechszylinder-Boxermotor mit 24 Ventilen, vierstufiger Resonanz-Ansauganlage, sequenzieller Multi-Point-Einspritzung, Trockensumpfschmierung und reinrassiger Rennabgasanlage entwickelt den Porsche-Werksangaben nach 450 PS und lässt Drehzahlen von bis zu 8.500 U/min zu. Transferiert wird seine Kraft von einem sequenziellen 6-Gang-Schaltgetriebe, welches via einer Dreischeiben-Sintermetall-Kupplung an den Sauger angebunden ist.
Seine ebenfalls dem Cup-Standard entsprechende Brembo-Rennsportbremsanlage mit Waagebalken-Balance-Regulierung verzögert den K3R mit 6-Kolben-Aluminium-Festsätteln und gelochten 380-mm-Scheiben an der Lenk- sowie 4-Kolben-Sätteln und 350er Scheiben an der Antriebsachse. Um eine Zulassung für den Straßenverkehr zu erhalten, wurde zusätzlich eine hydraulische AP Racing-Handbremse nachgerüstet. Selbige fällt im spartanischen Motorsport-Cockpit des K3R-Entwicklungsfahrzeugs nicht auf: Hier stehen weiterhin alle Zeichen auf Rennsport. So klettern Fahrer und Beifahrer über die Flankenkreuze einer eingeschweißten Sicherheitszelle in ihre Recaro Profi SPG XL-Rennschalensitze mit Schroth-6-Punkt-Sicherheitsgurten, bevor die Leichtbau-Türen aus Carbon scheppernd hinter ihnen zufallen. Der Pilot blickt durch sein mit Knöpfen und Schaltern versehendes OMP-Lenkrad auf ein digitales Motec ADL2-Dashboard mit Datenaufzeichnung. Geradezu merkwürdig muten in einem straßenzugelassenen Sportwagen die elektrische Feuerlöschanlage sowie die Lufthebeanlage an.

Lebende Legende in Kleinserie

Der K3R wird stets ein Exot bleiben, dafür bürgt Kremer: Mehr als 30 Exemplare wird die Kleinserie der „lebenden Legende“ nicht umfassen. Diese Exklusivität hat angesichts der immensen Entwicklungskosten natürlich ihren Preis: Für die K3R-Transformation veranschlagt Kremer mindestens 200.000 Euro – netto und zuzüglich Basisfahrzeug sowie eventueller Sonderwünsche wie Leistungssteigerungen, Motorumbauten oder Interieurveredelungen. Vorgesehen ist als Basis – wie bereits beschrieben – der 997 Turbo, auf Kundenwunsch können aber auch alle anderen 997-Varianten zum K3R transformiert werden. Ausgeliefert wird jeder K3R inklusive transparenter Fahrzeughistorie sowie einer die Originalität des Fahrzeugs belegenden Dokumentation in Buch-Form.

Specs

Kremer K3R (Basis Porsche 997 GT3 Cup)

Baujahr: 2008 (Basis), 2014-2017 (Neuaufbau)

Motor: wassergekühlter Sechszylinder-Boxermotor, 24 Ventile, sequenzielle Multi-Point-Einspritzung, Vierstufe-Resonanz-Ansauganlage, elektronisches Bosch MS3.1-Motormanagement, Trockensumpfschmierung, Rennabgasanlage

Hubraum: 3.797 ccm

Verdichtung: 12,2:1

Leistung: 450 PS bei 7.500 U/min

Kraftübertragung: sequenzielles 6-Gang-Schaltgetriebe, 5,5-Zoll-Dreischeiben-Sintermetall-Kupplung, Einmassen-Schwungrad, Sperrdifferenzial 40/60%

Fahrwerk: Bilstein-Rennsportfahrwerk mit einstellbarer Druck- und Zugstufendämpfung

Rad/Reifen: dreiteilige Fuchs-Felgen (Sonderanfertigung) in 18 Zoll mit Michelin-Rennslicks in 30/65R18 und 31/71R18, für Straßeneinsatz: dreiteilige BBS-Felgen in 9×19 und 11×19 Zoll mit Michelin Pilot Sport Cup 2-Bereifung in 245/35ZR19 und 325/30ZR19

Bremsen: Brembo-Rennsportbremsanlage mit Waagebalken-Balance-Regulierung, VA 6-Kolben-Aluminium-Sättel und gelochte 380-mm-Scheiben, HA 4-Kolben-Aluminium-Sättel und gelochte 350-mm-Scheiben, Pagid-Rennbremsbeläge, hydraulische AP Racing-Handbremse

Karosserie: Kremer K3R-Karosseriekit aus GFK, Leichtbau-Türen aus CFK mit Kunststoff-Spiegeln, flacher Carbon-Unterboden, Hella-Scheinwerfer unter Plexiglas-Abdeckungen, Makrolon-Scheiben rundum (außer Windschutzscheibe)

Innenraum: eingeschweißte Sicherheitszelle, Recaro Profi SPG XL-Rennschalensitze, Schroth-6-Punkt-Sicherheitsgurte, Motec ADL2-Dashboard mit Datenaufzeichnung, OMP-Lenkrad

Sonstiges: elektrische Feuerlöschanlage, Lufthebeanlage