VW Käfer 1303 LS Cabriolet
„Wir sind jetzt über 30. Es ist also unsere verdammte Pflicht, jenen Unsinn zu machen, für den wir früher nicht die Kohle hatten!“ Fast könnte man meinen, Michael Kiefer aus Isselburg habe sich diese – selbstverständlich mit einem Augenzwinkern zu versehene – Weisheit bei der Konzeption und Realisation seines hier abgebildeten VW Käfer 1303 LS Cabriolets zum festen Vorsatz gemacht. Denn der heute 37-jährige Lufti-Schrauber setzte in dem offenen Wolfsburger en detail um, was er bereits während seiner Lehrzeit zum Kfz-Mechaniker gerne gemacht hätte, angesichts fehlender „Mittel“ aber nicht konnte.
Diese Situation hat sich zwischenzeitlich offenkundig geändert, ist Michael doch anno 2018 mit seinem Unternehmen Ahnendorp B.A.S. hervorragend in der Lufti-Szene etabliert, welches sich die Bearbeitung von historischen Volkswagen- und Porsche-Boxermotoren sowie die Fertigung und den Vertrieb von Performance-Teilen für ebensolche auf die Fahnen geschrieben hat.
Traumwagen der Lehrzeit
Das Cabrio befindet sich seit 2013 in Michaels Besitz, wurde damals in schlecht restauriertem Zustand erworben. Nachdem es zunächst als Versuchsfahrzeug für die Auspuffentwicklung von Ahnendorp B.A.S. sowie Vergasertests gedient hatte, konnte Michael den traurigen Zustand eines Tages nicht mehr mit ansehen: Er entschied, den Käfer einer Vollrestauration zu unterziehen und fasste damals den Vorsatz, nun endlich den „Traumkäfer“ seiner Lehrzeit zu realisieren.
Schon in den Grundzügen der Restaurierung allerdings musste Michael sich selbst eingestehen, dass man als selbständiger Unternehmen und zudem Familienvater einfach nicht genug Freizeit aufbringen kann, ein solches Projekt komplett eigenhändig durchzuziehen. Also lud er sich ein paar mit dem Werkzeug versierte Freunde ein, die den Cabriolet-Umbau mit ihm gemeinsam vollendeten. Ein großes Dankeschön sagt Michael an dieser Stelle an Gerd, Manni, Raimund, Achim und Thomas, denn ohne diese fleißigen Helfer stünde der Käfer heute nicht in seinem aktuellen Zustand da.
„Fahrzeug“ statt Sammlerstück
Stichwort Zustand: Selbiger ist natürlich gut. Sehr gut sogar. Allerdings nicht perfekt. Diesen Anspruch erhebt Michael allerdings auch gar nicht, darf man seiner Ansicht – die wir übrigens teilen – nach doch durchaus sehen, dass der VW wirklich ein „Fahrzeug“ ist und kein unbewegliches Sammlerstück.
Motor-Upgrades auf 166 PS
Dafür wäre der Käfer allerdings auch viel zu schade, erhielt er doch – wie könnte es anders sein – umfangreiche Upgrades seines Antriebs. So wurde der Hubraum des luftgekühlten Boxer-Triebwerks, dessen Fundament ein verstärktes Alu-HD-Motorgehäuse bildet, mittels einer 82-Millimeter-Kurbelwelle sowie 90,5-Millimeter-Kolben auf H-Schaft-Rennpleueln auf satte 2,1 Liter vergrößert. Eine scharfe (330 Grad) Schleicher-Nockenwelle bittet die 42/35-Millimeter-Ventile in den 044-Zylinderköpfen via 64-Gramm-Stößel mit Werkzeugstahl-Stangen zum Tanz. Für die Geschmischaufbereitung sind die dank Vergaserwendeplatten verkehrt herum montierten 44er Weber IDF-Doppelvergaser verantwortlich. Einen ausgeglichenen Temperaturhaushalt gewährleistet die 260er Porsche-Style-Kühlung, während die heißen Verbrennungsabgas selbstverständlich durch einen Ahnendorp-Auspuff entweichen: Der Streetport-Auspuff durchmisst, ebenso wie der Tuning-Wärmetauscher, 35 Millimeter und mündet in verschweißten Aufsatzendrohren. Ferner sind ein B.A.S.-Motorentlüftungskasten sowie eine Hauptstromölfilterung mit externem Filterträger und Thermostat an Bord. Nach einer Prüfstandsmessung stehen als Leistungspotenzial des 2,1-Liter-Boxers stattliche 166 PS.
Die Kombination aus erstarktem Motor und der verlängerten Übersetzung der Gänge drei und vier des 4-Gang-Schaltgetriebes erlaubt dem Open Air-Käfer eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 216 km/h. Aber das macht, so Michael Kiefer „nicht wirklich Spaß“. Zu weich sei das Käfer Cabriolet, das Highspeed-Fahrverhalten entsprechend unpräzise. „Viel amüsanter sind flotte Landstraßen-Fahrten mit offenem Verdeck, bei denen man dann auch schonmal den einen oder anderen Fahrer moderner Kompaktsportler überraschen kann“, schmunzelt der passionierte Lufti-Schrauber.
Wir glauben ihm zweifellos, denn trotz „nur“ 166 PS ergibt sich angesichts eines fahrfertigen Leergewichts von 920 Kilogramm ein Leistungsgewicht von nur 5,5 kg/PS, womit der offene Käfer etwa auf dem Niveau eines aktuellen Golf GTI Performance spielt – und der ist bekanntlich nicht langsam unterwegs.
Kerscher-Komponenten optimieren Straßenlage und Verzögerung
Gut also, dass auch Fahrwerk und Bremsanlagen adäquate Aufrüstungen erhielten. Diese stammen weitgehend aus dem Hauser Kerscher: Die Traditionstuner aus Niederbayern lieferten sowohl die Gewindefederbeine der Vorder- als auch die Dämpfer der Hinterachse sowie die rundum installierten Scheibenbremsen, den Hauptbremszylinder und die Stahlflex-Bremsschläuche. Zudem wurden ein Vorderachsstabilisator und eine Getriebetraverse vom 1302 installiert sowie die Drehstabeinstellung angepasst.
Den Kontakt zur Fahrbahn stellen absolut zeitgenössische ATS Classic-Felgen der Dimensionen 5,5×15 Zoll ET25 und 7×15 Zoll ET16 her, welche rundum mit Hankook-Bereifung in 195/60R15 bezogen wurden.
Während der 1303 dem Laien optisch zunächst absolut serienmäßig erscheint, und damit ein echtes Wolf im Schafspelz ist, fällt dem Kenner sofort die ausgeprägte Breitschultrigkeit des Käfers ins Auge: Dessen geschwungene Kotflügel wurden im Blech um 38 Millimeter an der Vorder- und sogar 48 Millimeter an der Hinterachse verbreitert – säuberlich und perfekt in die charakteristische Linienführung integriert. Zudem wurde ein geschlitztes Frontblech eingearbeitet, sodass der dahinter liegende Ölkühler vom Fahrwind ungehindert angeströmt werden kann. Da er die orangefarbenen Originale als störend zur leuchtenden Farbgebung in Indischrot von Porsche empfand ersetzte Michael die vorderen Blinker durch weiße sowie die Rückleuchten durch schwarz-rote – jeweils aus dem Hella-Sortiment. Das neue Verdeck wurde von Sonnenland bezogen, während Spezialist Norbert Bruns die aus Edelstahl gefertigten Trittbretter lieferte.
Matching Colors
Die werksseitige Innenausstattung des 1303 ersetzen Michael und seine Mitstreiter durch ein sportlich-edles Leder/Alcantara-Interieur, welches mit seinen schwarzen Flächen und roten Nähten ebenso das Exterieur-Farbschema zitiert wie die schwarzen Fußmatten mit rotem Keder. VDO-Zusatzinstrumente informieren über Temperatur und Druck des Schmierstoffs sowie die Drehzahl. Apropos Drehzahl: Spätestens wenn das kleine Shiftlight im Armaturenbrett aufblitzt, sollte Michael dringend den nächsten Gang einwerfen, sonst setzte der elektronische Drehzahlbegrenzer dem hochtourigen Vergnügen ein stotterndes Ende. Trotz der Erweiterung seiner Skalierung auf 200 km/h vermag der Tachometer die wahre Geschwindigkeit des schnellen Cabriolets nicht in Gänze anzuzeigen.
Nicht selten wird behauptet, in einem solchen Käfer – erst recht in einem Cabriolet – brauche man kein hochwertiges Bord-Entertainment. Ohnehin mache der Motor die Musik und den Rest besorge der Fahrtwind. Michael sah das offensichtlich grundlegend anders, spendierte er seinem 1303 doch eine gut versteckt installierte Musikanlage, welche die Käfer-Insassen druckvoll beschallt: Eine hinter der Rücksitzbank installierte Alpine-5-Kanal-Digitalendstufe befeuert sowohl die benachbarte JL Audio-Subwooferbox als auch die 16er Rockford Fosgate-Kompo-Lautsprechersysteme im vorderen Fußraum und die 10er Coax-Systeme aus gleichem Hause, welche unter der Rücksitzbank verbaut wurden. Als Signalquelle und Schaltzentrale dient ein Sony-CD-Radio.
Da steht er nun, der einstige „Traumkäfer“ von Michael Kiefer – und hat bis heute nichts von jener Faszination eingebüßt, die er damals in der Phantasie des einstigen Lehrlings entfachte.
Technical Facts
Fahrzeugtyp: VW Käfer 1303 LS Cabriolet
Baujahr: 1976
Karosserie: originale VW-Kotflügel im Blech verbreitert (VA 38 mm, HA 48 mm), geschlitztes Frontblech für Ölkühler, weiße Hella-Blinker vorne, rot-schwarze Hella-Rückleuchten, Edelstahl-Trittbretter von Norbert Bruns, Sonnenland-Verdeck, Lackierung in Indischrot von Porsche
Motor: 2,1-Liter-Vierzylinder-Boxermotor (Ahnendorp B.A.S. Typ 1), verstärktes neues Alu-HD-Motorgehäuse, Kurbelwelle mit 82 mm Hub, H-Schaft-Rennpleuel, Schleicher-330-Grad-Nockenwelle, 64-Gramm-Stößel mit Werkzeugstahl-Stößelstangen, 90,5-mm-Kolben, 044-Zylinderköpfe mit 42/35-mm-Ventilen, HD-Kipphebel und Wellen 1:1,25, 44er Weber IDF-Doppelvergaser, Vergaserwendeplatten, Hauptstromölfilterung mit externem Filterträger und Thermostat, Porsche-Style-Kühlung 260 mm, Ahnendorp Streetsport-Edelstahl-Auspuff mit 35 mm Innendurchmesser und verschweißten Aufsatzendrohren, Tuning-Wärmetauscher mit 35 mm Innendurchmesser, B.A.S.-Motorentlüftungskasten, 166 PS
Kraftübertragung: manuelles 4-Gang-Schaltgetriebe, 3. und 4. Gang verlängert, Schaltwegverkürzung
Fahrwerk: VA Kerscher-Gewindefahrwerk / HA Kerscher-Dämpfer, VA-Stabilisator, geänderte Drehstabeinstellung, Getriebetraverse vom 1302
Rad/Reifen: ATS Classic-Felgen in 5,5×15 Zoll ET25 und 7×15 Zoll ET16, Hankook-Bereifung in 195/60R15
Bremsen: Kerscher-Bremsanlage mit Scheibenbremsen rundum (VA innenbelüftet, gelocht/geschlitzt / HA gelocht/geschlitzt), Kerscher-Hauptbremszylinder, Kerscher-Stahlflex-Bremsschläuche
Innenraum: schwarzes Leder/Alcantara-Interieur mit roten Nähten, VDO-Zusatzinstrumente für Drehzahl, Öltemperatur und Öldruck, Drehzahlbegrenzer mit Shiftlight, Tachometer-Skalierung bis 200 km/h
Multimedia: Sony-CD-Radio, Alpine-5-Kanal-Digitalverstärker, JL Audio-Subwoofer, 16-cm-Rockford Fosgate-Kompo-Lautsprechersysteme vorne im Fußraum verbaut in mit Leder bezogenen Kickpanels, 10-cm-Rockford Fosgate-Coax-Lautsprechersysteme hinten unter der Rücksitzbank
Danke an: Gerd, Manni, Raimund, Achim und Thomas