DPM-Sieger auf Besitzer-Suche
Als in den 1980er Jahren das Gruppe A-Reglement für Tourenwagen eingeführt wurde, gehörte BMW in dieser Klasse ad hoc zu den erfolgreichsten Herstellern. Und das übrigens schon vor dem legendären und unvergessenen E30 M3. Denn auch dessen Rennwagen-Vorläufer in Form des E24 635 CSi errang beeindruckende Triumphe. So beispielsweise mit dem Österreicher Dieter Quester 1983 den Tourenwagen-Europameisterschafts-Titel in der Fahrer-Wertung. In genau diesem Jahr betrat auch der auf diesen Seiten gezeigte Wagen erstmals die große Bühne.
Der 635 CSi Gruppe A-Renner machte dabei jedoch keineswegs die gesamte Saison mit. Ganz im Gegenteil: Das Team von Schnitzer Motorsport baute es erst im Sommer auf. Seine Aufgabe sollte es sein, beim letzten Rennen des Wettbewerbs in Zolder dabei zu helfen, Questers insgesamt vierten EM-Titel zu sichern. Am Steuer saßen dafür Stefan Bellof und Christian Danner. Und der Plan ging auf, obwohl der Wagen mit der Chassis-Nummer E24-RA1-31 das Rennen nicht beendete. Quester hingegen wurde Vierter und krönte sich zum Meister.
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Erster DTM-Champion
Der Einsatz im Saisonfinale 1983 war nicht nur das erste, sondern zugleich auch das letzte Rennen für den 635 CSi in der Tourenwagen-Europmeisterschaft. Anfang 1984 wurde er verkauft. Damit begann seine erfolgreichste Zeit jedoch erst. Im gleichen Jahr ging Volker Strycek mit dem Coupé im Namen des Teams Gubin Sport in der ersten Saison der neuen Deutschen-Produktionswagen-Meisterschaft an den Start. Unter dieser weniger bekannten Bezeichnung war der Wettbewerb sehr kurzlebig. Schließlich ging daraus nur zwei Jahre später die umso renommiertere DTM hervor. Am Ende der aus 12 Rennen (mit teilweise zwei Läufen) in Deutschland und Zolder bestehenden Premieren-Saison konnte sich Strycek über den Sieg in der Fahrerwertung freuen.
Und das, obwohl er kein einziges Rennen gewonnen hatte. Er beendete aber nicht nur als einziger Fahrer alle Läufe. Zudem errang er jeweils mindestens den siebten, darunter dreimal den dritten und zweimal den zweiten Platz. Noch dazu sicherte BMW dank weiterer starker Fahrer, allen voran Harald Grohs, ferner die Konstrukteurs-Meisterschaft. Auch in der folgenden Saison fuhr Strycek E24-RA1-31 in der DPM. Dieses Mal war er aber weniger erfolgreich. Nur eines der elf Rennen endete auf dem Treppchen, lediglich zwei weitere in den Top 5. So stand unter dem Strich am Ende ein neunter Rang in der Meisterschaft.
Versteigerung durch RM Sotheby’s
Danach kam es erneut zu einem Wechsel des Besitzers und damit endete die erfolgreiche Zeit auf der großen Motorsport-Bühne für den 635 CSi endgültig. Nichtsdestotrotz wurde er immer wieder gemäß seiner ursprünglichen Bestimmung auf dem Track bewegt. So etwa zwischen 2015 und 2020 bei historischer Renn-Veranstaltungen wie der Spa Classic und der Monza Historic. Abzuwarten bleibt, ob dies künftig so weitergeht. Aktuell steht dem Wagen nämlich eine Versteigerung bevor. Ende November 2023 wird es über das weltweit aktive und renommierte Auktionshaus RM Sotheby’s in München angeboten. Der erwartete Erlös beträgt zwischen 320.000 und 420.000 Euro.
Originalgetreues Styling
Optisch zeichnet sich der BMW mittlerweile wieder durch die Gubin Sport-Kriegsbemalung in Weiß und den M-Farben aus, die es in der Meister-Saison 1984 besaß. Abgesehen davon tritt das Coupé Gruppe A-typisch recht seriennah auf. Es gibt jedoch trotzdem einige Rennsport-spezifische Details. Dazu gehören die weiter heruntergezogene Frontspoilerlippe, die aerodynamischen Spiegel und Abschleppösen vorne wie hinten. Zudem wurde die Karosserie an diversen hochbelasteten Stellen bei Karmann verstärkt respektive verschweißt. Nicht ganz originalgetreu sind die BBS-Felgen in 17 statt ursprünglich 16 Zoll. Die aufgezogenen Michelin-Slicks messen 24/61-17.
Umfangreicher Technik-Kit
Dass der 635 CSi Gruppe A tiefer liegt als das Serienmodell, ist dem komplett überarbeiteten Fahrwerk zuzuschreiben. Es zeichnet sich unter anderem durch Bilstein-Dämpfer, Einzelrad-Aufhängung und Stabilisatoren vorne wie hinten aus. Das Upgrade ist Bestandteil des Technik-Kits, das BMW seinerzeit zum Aufbau der Gruppe A-Renner anbot. Einen Verkauf als Komplettfahrzeug ab Werk gab es nämlich nicht. Weitere Bestandteile waren standfeste Bremsen mit vorne wie hinten Vier-Kolben-Sätteln auf innenbelüfteten Scheiben und ein Sicherheitstank. Der 3,5-Liter-M30-Reihensechszylinder leistete dank einer umfangreichen Optimierung seitens Alpina 290 PS und 350 Nm.
Der Blick ins Interieur offenbart ein reinrassiges, reduziert gestaltetes Racing-Cockpit. So ist E24-RA1-31 aktuell weitreichend bis aufs weiß lackierte Blech ausgeräumt. An Bord finden sich nur noch ein Sparco-Schalensitz, Schroth-Hosenträger-Gurte und ein schwarzer Überrollkäfig. Auch das Armaturenbrett bietet nur die wichtigsten Anzeigen, während alle wichtigen Bedienknöpfe und -schalter auf der Mittelkonsole gebündelt sind. Im Fond findet sich für den Notfall ein Feuerlöscher.
Fotos: Loic Kernen / Courtesy of RM Sotheby’s
Tech Facts
BMW E24 635 CSi
Baujahr: 1983
Karosserie: an diversen Stellen verstärkt und verschweißt bei Karmann, Frontspoiler, aerodynamische Außenspiegel, Notaus-Schalter vor der Windschutzscheibe, Heckklappe mit Schnellverschlüssen, rote Abschleppösen vorne/hinten, „Gubin Sport“-Motorsport-Design in den M-Farben
Motor: 3,5-Liter-M30-Reihensechszylinder-Ottomotor, Wasserkühlung, zwei Ventile pro Zylinder, Ventilbetätigung über Kipphebel, 324-Grad-Nockenwelle, siebenfach gelagerte Kurbelwelle, Rennkolben, polierte Pleuel, halbkugelförmige Brennräume, obenliegende Nockenwelle, elektrisches Bosch Motronik II-Einspritz- und Zündsystem, große Öl- und Wasserkühler, optimierte Software-Abstimmung von Alpina, 290 PS / 350 Nm
Kraftübertragung: vollsynchronisiertes, manuelles Fünfgang-Sportgetriebe (Getrag 265), Sperrdifferential
Fahrwerk: VA Einzelradaufhängung mit Querlenkern und Doppel-Gelenk-Federbeinen, HA Einzelradaufhängung mit verstärkten Schräglenkern und Federbeinen mit Schraubfedern, Bilstein-Stoßdämpfer, Stabilisatoren vorne/hinten, Fahrzeughöhe über Federteller einstellbar
Rad/Reifen: BBS-Kreuzspeichenfelgen in 17 Zoll mit Michelin Pilot Sport GT-Bereifungen (Slicks) in 24/61-17
Bremsen: hydraulische Zweikreis-Bremsanlagen mit Vier-Kolben-Sätteln auf innenbelüfteten Scheiben, vom Cockpit aus verstellbare Bremsbalance
Innenraum: komplett ausgeräumt, beflocktes Armaturenbrett mit reduzierten Custom-Anzeigen in Carbon-Einfassungen, Sparco Evo L-Schalensitz, Schroth-Sechs-Punkt-Gurt, OMP-Sportlenkrad mit gelber 12-Uhr-Markierung, Bedienzentrale inkl. Sicherungskasten auf der Mittelkonsole, Carbon-Türverkleidung (Fahrerseite), Überrollkäfig, Feuerlöscher im Fond