DTM-Star der 90er
Heutzutage wird in der DTM mit GT3-Rennwagen gefahren. Das erhöht zwar einerseits die mögliche Marken- und Modellvielfalt. Andererseits macht es die Meisterschaft mit dem traditionsreichen Namen aber doch irgendwie nur zu einer weiteren Rennserie wie viele andere auch. Das Alleinstellungsmerkmal ist abhanden gekommen. Es gehen eben nicht mehr – wie zuvor viele Jahre lang – spezifische Tourenwagen an den Start. Eine absolute Hochphase hatte die DTM in den 80ern und 90ern. In dieser Zeit lieferten sich Audi, BMW und Mercedes heiße Kämpfe um die Krone.
Erfolgreicher Tourenwagen
Mercedes ging dabei bis einschließlich 1993 in Tourenwagen auf Basis des damaligen „Baby-Benz“ 190 E an den Start – mit großem Erfolg. Die Fortentwicklung der Rennwagen gipfelte schließlich 1990 im unvergessenen, legendären 190 E 2.5-16 Evolution II. Insgesamt nur 502 Straßenableger entstanden als Homologationsmodelle. Sie sind heutzutage extrem begehrte Sammlerstücke, die zu Preisen im sechsstelligen Bereich die Besitzer wechseln – Tendenz steigend. Dies untermauert das hier gezeigte Exemplar. Es wurde im November 2023 in Las Vegas durch das weltweit aktive und renommierte Auktionshaus RM Sotheby’s versteigert – für 544.000 Dollar! Als es etwa sechs Jahre zuvor in Arizona ebenfalls bei RM unter den Hammer kam, zahlte der erfolgreiche Bieter noch „nur“ 220.000 Dollar.
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Grandiose Saison 1992
Verantwortlich für den enorm hohen Preis von mehr als einer halben Million Dollar war freilich nicht ausschließlich die Tatsache, dass es sich um einen Evo II handelt. Noch dazu kommt, dass das Fahrzeug eine ganze Reihe an Upgrades aufweist. Diese orientieren sich stark an den Anpassungen, welche auch die DTM-Rennwagen besaßen. Deren mit Abstand erfolgreichstes Jahr war zweifellos 1992. In dieser Saison konnten Mercedes-Fahrer in der Gesamt-Abrechnung der Fahrerwertung fünf der ersten sechs Plätze erringen. Die Meisterschaft sicherte sich Klaus Ludwig.
Er gehörte ebenso zum AMG-Werksfahrerteam wie der drittplatzierte Bernd Schneider, Keke Rosberg, der die Saison auf Rang Fünf beendete und Ellen Lohr. Letzterer gelang dabei eine absoluten Premiere, denn sie konnte Ende Mai in Hockenheim als erste Frau überhaupt einen DTM-Lauf gewinnen. Die weiteren erfolgreichen 190 E-Piloten Kurt Thiim (Gesamt-Zweiter) und Roland Asch (Gesamt-Sechster) waren für das Kundenteam Diebels Zakspeed unterwegs. Insgesamt fuhr 1992 bei 16 von 24 Saisonrennen ein Benz als Sieger durchs Ziel.
Brachiales Bodykit
Nachdem schon seine Vorläufer wie vor allem der erste Evolution deutlich sportlicher auftraten als der Durchschnitts-190er, übertraf der Evo II optisch wirklich alles bisher von Mercedes gekannte. Erstmals 1990 auf dem Genfer Autosalon präsentiert, erstaunte er mit einem extrem extrovertierten und wuchtigen Widebodykit. Neben den markanten Kotflügel-Verbreiterungen zeichnete sich dieser durch bulligere Schürzen, vorne samt weit vorgeschobenem Splitter, und – als absolutes Highlight – einen riesigen Heckflügel aus. Als wäre dies nicht schon aufsehenerregend genug, wurde das gezeigte Fahrzeug auf einen Satz 18-zölliger OZ-Leichtmetallfelgen in DTM-Spezifikation gestellt. Bezogen sind sie mit 235/40er Bereifungen.
Racing-Style-Interieur
Die Räder sind bei weitem nicht die einzigen Upgrades, die den Evo II deutlich näher an das Motorsport-Pendant aus der DTM heranbrachten. Der Innenraum zeigt sich mit Recaro-Schalensitzen samt Willians-3-Punkt-Hosenträger-Gurten, einem Überrollkäfig, einem AMG-Sportlenkrad und Armaturen im DTM-Style entsprechend aufgewertet. Und der Blick in den Kofferraum offenbart gleichfalls eine Überraschung. Hier findet sich unter anderem eine professionelle Sicherheits-Tankzelle.
Umfangreiches Motor-Upgrade
Dies lässt schon ganz ohne Zweifel darauf schließen: Auch technisch erhielt die Sportlimousine in Sachen Motor und Co. einige Optimierungen. Der schon im Serienzustand 235 PS und 245 Nm starke 2,5-Liter-M102-Reihenvierzylinder wurde unter anderem mit Motorsport-Ansaug- und -Abgaskrümmern, individuellen Drosselklappen und größeren Einspritzdüsen näher an die Spezifikation der Rennwagen herangebracht. Hinzu kommt eine Racing-Abgasanlage und ein Motec-Steuergerät dirigiert das neue Ensemble. Fahrwerksseitig sind zusätzliche Versteifungsstreben und teilweise größere Aufhängungskomponenten an Bord. Eine Brembo-Monoblock-Bremsanlage verspricht gute Verzögerungswerte.
So scheint summa summarum der 190 E 2.5-16 Evolution II so nur darauf zu warten, sich auf den Track auszutoben. Tatsächlich passiert ist dies laut RM Sotheby’s jedoch bisher nie. Vielmehr war der Wagen, bevor er in die USA kam, etwa 20 Jahre lang im Besitz eines Sammlers aus Japan und hat bis heute nur etwa 5.338 Kilometer zurückgelegt.
Fotos: Robin Adams / Courtesy of RM Sotheby’s
Tech Facts
Mercedes-Benz 190 E 2.5-16 Evolution II
Baujahr: 1990
Motor: M102-Reihenvierzylinder-Ottomotor, Motorsport-Ansaugkrümmer, Custom-Ausgleichsbehälter, individuelle Drosselklappen, größere Einspritzdüsen, leichte Aluminium-Umlenkrollen, Motec-Steuergerät, Sicherheits-Tankzelle, Motorsport-Abgaskrümmer, Motorsport-Abgasanlage
Hubraum: 2.463 ccm
Kraftübertragung: Fünfgang-Handschaltgetriebe
Fahrwerk: zusätzliche Versteifungsstreben, vergrößerte Aufhängungskomponenten
Rad/Reifen: OZ-Leichtmetallfelgen in 18 Zoll mit Zentralverschluss, Yokohama-Bereifung in 23/40R18
Bremsen: Brembo-Monoblock-Scheibenbremsanlagen
Karosserie: Evolution II-Bodykit mit Frontsplitter, Karosserieverbreiterungen und Heckflügel
Innenraum: beflocktes AMG M38-Sportlenkrad, Armaturen im DTM-Style, Recaro-Schalensitze, Willians-Motorsport-3-Punkt-Hosenträger-Gurte, Recaro-Rücksitzbank, Überrollkäfig