Revolutionär aufgeladener Elfer

Theon Design BEL001 (Basis Porsche 911 964)

Theon Design BEL001 (Basis Porsche 911 964)

Die klassischste Motorisierung für den Porsche 911 ist zweifellos der frei saugende, luftgekühlte Sechszylinder-Boxermotor. Schließlich war das unvergessene und bis heute heißbegehrte Ur-Modell zeit Lebens ausschließlich mit solcherlei Triebwerke erhältlich. Noch viele Jahre später bis zur 1997 eingeläuteten Ablösung des 993 setzte ein Großteil der Elfer-Varianten auf prinzipiell genau diese Konfiguration. Selbst danach änderte sich bis Ende 2015 mit Ausnahme des Wechsels auf Wasserkühlung am Grundkonzept quasi nichts. Lediglich für die jeweiligen kraftvollen Topmodelle griff Porsche parallel schon ab 1974 auch zur Motor-Aufladung.

Als geeignetes Mittels setzten die Zuffenhausener dabei als erst zweiter Hersteller überhaupt in einem Serienauto einen Abgas-Turbolader ein. Das entsprechende Modell bekam folgerichtig schlicht den bis heute genutzten und mittlerweile regelrecht legendären Zunamen „Turbo“, später setzten die GT2-Ausführungen ebenfalls stets auf Zwangsbeatmung. Eins war dabei jedoch immer klar: Am Turbo als Art der Aufladung gab und gibt es nichts zu rütteln. Ein Kompressor im 911? Unvorstellbar! Oder etwa doch nicht? Die Spezialisten von Theon Design aus dem englischen Oxfordshire respektive deren belgischer Kunde ließen sich von dem Grundsatz nicht nennenswert beeindrucken: Resultat dessen ist der hier gezeigte BEL001, in dessen Heck tatsächlich ein luftgekühlter, Kompressor-befeuerter 3,6-Liter-Sechszylinder-Boxer sein Werk verrichtet.

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Komplett neu aufgebaut

Verbaut ist der kompakte Rotrex-Lader im Motorraum ausgesprochen unauffällig, dort wo ursprünglich das Klimaanlagen-Aggregat verortet war. Zwei Ladeluftkühl-Systeme sorgen dafür, dass die Ladeluft stets wohltemperiert ist – ohne das deren cleanen Look störende zusätzliche Lufteinlässe oder ähnliches in der Karosserie hätten platziert werden müssen. Neben der ergänzten Aufladung wurde der Boxermotor einmal komplett neu aufgebaut sowie abgestimmt und im Rahmen dessen auch gleich mit diversen Upgrade-Komponenten ausgerüstet: Er zeichnet sich unter anderem durch geportete Zylinderköpfe samt Nockenwellen mit speziellem Profil, Mahle-Motorsport-Zylinder und passende -laufbuchsen, Carillo-Pleuel, Einzeldrosselklappen sowie Wasser-Methanol-Einspritzung aus. Abgase entweichen durch gleichlange Krümmer und eine Edelstahl-Anlage. Dirigiert durch ein MoTeC-Steuergerät liefert der Motor 405 PS und 498 Nm.

Aufwändig abgestimmtes Fahrwerk

Auf die Straße übertragen wird diese Power mit Hilfe eines ebenfalls komplett neu aufgebauten und mit einem Sperrdifferential kombinierten G50-Fünfgang-Handschaltgetriebe. Das Fahrwerk zeichnet sich durch über fünf Modi verfügende adaptive Dämpfer aus, die gemeinsam mit TracTrive entwickelt und im Zuge unzähliger Erprobungsfahrten auf gleichermaßen Straße und Track ihren Feinschliff erhielten. Die standfesten Bremsen kombinieren vorne wie hinten Vier-Kolben-Sättel auf gelochten Scheiben. Davor sitzen 8×17 und 10,5×17 Zoll messende Felgen, deren griffigen 225/45er und 275/40er Bereifungen den Kontakt zum Asphalt herstellen.

Modernisierte Optik des Ur-Modells

Mit ihrem absolut klassischen Fuchs-Design suggerieren die Räder dem unbedarften Betrachter zunächst zweifellos, dass es sich bei BEL001 um ein restauriertes Exemplar des Ur-Elfers handelt. Dazu passt auch der Look der Karosserie, die manch einem nur womöglich etwas breit vorkommen könnte. Und genau dieser Umstand gibt schon einen Hinweis darauf, dass als Basis in Wahrheit keineswegs ein Coupé der ersten Generation, sondern vielmehr ein 964 diente. Dessen Neuaufbau geschah von der blanken Rohkarosse ausgehend. Ein Großteil der angebauten Teile von der Motorhaube über die Schürzen, die Kotflügel und das Dach bis hin zur Motorhaube samt des elektrisch ausfahrbaren Spoilers sind aus Carbon gefertigt. Damit leisten sie einen entscheidenden Beitrag dazu, dass der Porsche nur 1.265 Kilogramm auf die Waage bringt – samt sämtlicher Flüssigkeiten und vollem Benzintank. Perfekt passgenau entworfen wurden die Karosserieteile im CAD-Verfahren mit Hilfe einer 3D-Design-Software. Die Lackierung in Aquamarinblau basiert auf einer Farbe des 356 aus den 50ern und ist mit gelben Porsche-Schriftzügen verziert.

Zweifarbig eingerichtetes Interieur

Ein weiteres echtes Highlight des BEL001 ist last but not least sein Innenraum. Die beiden Sitze basieren auf Porsche-Recaro-Gestühl, bekamen jedoch eine anders geformte Polsterung und selbstverständlich neue Bezüge. Letztere bestehen aus braunem Leder mit schwarzen Ziernähten. Die selbe Kombination tragen ferner der untere Teil des Armaturenbretts, der Carbon-Mittelkonsole sowie der Tür- und hinteren Seitenverkleidungen. Der Rest bis hin zum Kranz des sonderangefertigten Nardi-Lenkrads stellt die umgekehrte Kombination zur Schau, sprich schwarzes Leder mit braunen Ziernähten. Hinzu kommen abrundend großflächige Akzente in der Wagenfarbe. Die fünf klassischen VDO-Rundinstrumente, natürlich mit zentralem Drehzahlmesser, zeigen grüne Ziffern auf schwarzem Grund. Ein fest verbautes Infotainmentsystem, welches sicherlich ohnehin nur die klassische Linie des Cockpits stören würde, gibt es nicht. Das Armaturenbrett besitzt jedoch einen eigens vorgesehenen Stellplatz für Smartphones, an dem diese nicht nur induktiv aufgeladen werden können. Zudem ist zwecks Navigation und Ansteuerung der Soundanlage eine nahtlose Integration des Telefon ins Fahrzeug möglich.

Jeder Theon-Porsche ist ein wahres Einzelstück – und ein kostspieliges noch dazu: Die Preise beginnen bei 380.000 Pfund, zuzüglich Steuern und der Kosten für ein Basisfahrzeug. Die Bauzeit beträgt 18 Monate – da ist Geduld gefragt!

Technical Facts

Theon Design BEL001

Karosserie: komplett neu designte Leichtbau-Karosserie im Look des Ur-911, breitere Kotflügel, Hella-Klarglas-Scheinwerfer, runde Außenspiegel im Retro-Design, elektrisch ausfahrbarer Heckspoiler, Lackierung in Aquamarinblau mit gelben Porsche-Schriftzügen

Motor: luftgekühlter 3,6-Liter-Sechszylinder-Boxermotor mit Kompressor-Aufladung, komplett neu aufgebaut und abgestimmt, geportete Zylinderköpfe, erleichterter Motorblock, Rotrex-Kompressor, zwei Ladeluftkühl-Systeme, Mahle-Motorsport-Zylinderlaufbuchsen, Mahle-Motorsport-Zylinder, Carillo-Pleuel, Nockenwellen mit Custom-Profil, Wasser-Methanol-Einspritzung, Einzeldrosselklappen, Trockensumpf-Schmierung, MoTeC-Steuergerät, Carbon-Tank im Bug, gleichlange Abgaskrümmer, Edelstahl-Abgasanlage, ca. 405 PS / 498 Nm

Kraftübertragung: originales G50-Fünfgang-Handschaltgetriebe, komplett neu aufgebaut, Sperrdifferential

Fahrwerk: einstellbare adaptive TracTive-Dämpfer, 964 RS-Domstrebe vorne

Rad/Reifen: Fuchs-Design-Leichtmetallfelgen in 8×17 und 10,5×17 Zoll mit Michelin Pilot Sport-Bereifung in 225/45ZR17 und 275/40ZR17

Bremsen: rundum Vier-Kolben-Sättel auf gelochten Scheiben

Innenraum: Nardi-Lenkrad mit Custom-Bezug, VDO-Rundarmaturen mit grünen Ziffern auf schwarzem Grund, Touring-Frontsitze auf Basis von Porsche-Recaro-Sitzen mit neu geformter Polsterung und Lederbezügen in Braun mit schwarzen Ziernähten, Zweifarb-Lederausstattung in Braun und Schwarz mit Ziernähten in der jeweils anderen Farbe (inkl. Kofferraum im Bug), diverse Akzente in Wagenfarbe, Carbon-Mittelkonsole, Drehknopf zur Wahl der Dämpfungs-Modi, Klimabedienteil in klassischer Optik

Multimedia: Stellplatz zur nahtlosen Smartphone-Integration mit kabelloser Ladefunktion (inkl. Soundsystem-Ansteuerung und Satelliten-Navigation)

Sonstiges: effizientere Klimaanlage im Bug

Fotos: Dean Smith