Motorsport-Legende: der BMW M1 Procar

Racing-Ikone bei RM Sotheby’s versteigert

M1 – ein Name, der BMW-Fans wohlige Schauer über den Rücken jagt. Noch heute ist der Nimbus des legendären BMW-Mittelmotor-Supersportwagens aus den ausgehenden 1970er Jahren regelrecht übermächtig.

Der intern E26 genannte M1 war das erste Fahrzeug der BMW Motorsport GmbH ohne Großserien-Vorlage. Mit einer Spitzengeschwindigkeit von mehr als 260 km/h war die von einem 277 PS starken 3,5-Liter-Sechszylindermotor angetriebene teure Straßenversion des M1 immerhin der schnellste Seriensportwagen eines deutschen Herstellers und hielt diese prestigeträchtige Spitzenposition bis zum Erscheinen des Porsche 959 im Jahr 1986. Bei seiner Markteinführung 1979 kostet der Straßen-M1 genau 100.000 Deutsche Mark. Heute werden gut erhaltene Exemplare übrigens mit dem 5- bis 7-fachen bis Doppelten dieser Summer gehandelt – in Euro, versteht sich!

Von Beginn an war der M1 jedoch eigentlich nicht als Straßen-, sondern als lupenreines Rennsportfahrzeug konzipiert. Allein um die Homologation für den Motorsport zu erhalten, wurden die rund 400 Straßenfahrzeuge gefertigt und verkauft. Noch weitaus imposanter waren naturgemäß die Rennversionen: Eingesetzt wurden die Renn-M1 beispielsweise
in Rundstreckenrennen der Gruppe 4 (bis 470 PS) und Gruppe 5 (offene Leistung). In letzterer leisteten die Rennwagen dank des Einsatzes zweier Abgasturbolader bis zu 850 PS! Auch beim 24 Stunden Rennen von Le Mans sowie in der amerikanischen IMSA GTO-Meisterschaft waren M1 am Start. Besonders war es aber der BMW M1 Procar-Markenpokal, der den M1 im Rennsport populär machte.

Die Läufe dieses von Jochen Neerpasch, dem damaligen Chef der BMW Motorsport GmbH, zusammen mit den Motorsport-Titanen Bernie Ecclestone und Max Mosley aus der Taufe gehobenen sowie speziell auf den M1 zugeschnittenen Markenpokals wurden jeweils vor dem Start der europäischen Formel-1-Rennen ausgetragen. Und das Publikumsinteresse an dieser außergewöhnlichen Serie war groß: Die BMW M1 Procar-Läufe waren ähnlich gut besucht wie die eigentlichen Formel 1-Läufe.

 


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Das Procar-Starterfeld wurde nach einem ganz besonderen Modus Operandi besetzt: Die jeweils fünf schnellsten Formel-1-Piloten des Freitags-Trainings traten (sofern nicht vertraglich untersagt) unter anderem gegen fünf ausgewiesene Tourenwagen-Spezialisten an, was ein stets hochkarätiges Fahrerfeld und spannende Rennen versprach.
Mit technischen Vor- und Nachteilen konnten sich die Fahrer angesichts gleicher Fahrzeuge nicht gegenseitig ausstechen und so entschied allein das fahrerische Können sowie die Risikobereitschaft der Lenkradartisten über Sieg und Niederlage. Und diese gingen unter diesen Bedingungen stets bis ans Limit – und häufig auch darüber hinaus. So kamen beim Rennen 1979 in Zolder nur sieben von 19 gestarteten Fahrzeugen ins Ziel.

Der erste Lauf der BMW M1 Procar-Serie wurde am 12. Mai 1979 im Rahmen des Großen Preises von Belgien in Zolder ausgetragen. Nach einem spektakulären Husarenritt stand der – von Startplatz 15 ins Rennen gegangene – Italiener Elio de Angelis als erster auf einem Procar-Siegerpodest.
Den ersten BMW M1 Procar-Titel allerdings sicherte sich in der Debütsaison nach acht Läufen der Österreicher Niki Lauda, der Hans-Joachim Stuck (D) und Clay Reggazoni (CH) in der Gesamtabrechnung auf die Plätze zwei und drei verwies. Im Folgejahr triumphierte nach neun Rennen der Brasilianer Nelson Piquet vor Alan Jones (AU) und Hans-Joachim Stuck (D). Als attraktive Siegprämie durften die Meisterschafts-Sieger ihre jeweiligen Rennfahrzeuge behalten.

Seine beeindruckenden Fähigkeiten stellte der nach Gruppe 4-Reglement aufgebaute Procar-M1 erstmals am Freitag, dem 27. April 1979, im Rahmen des Eifelrennens auf der extrem anspruchsvollen Nürburgring-Nordschleife unter Beweis: Marc Surer jagte den flachen Mittelmotor-Boliden in exakt 7:55,9 Minuten durch die Grüne Hölle und schockte mit dieser Zeit die versammelte Konkurrenz.
In der Procar-Serie war der M1 zwar ohne Aufladung unterwegs, sein M88/1-3,5-Liter-DOHC-Reihensechszylinder mit Vierventil-Technik entwickelte bei heftigen 9.000 U/min aber dennoch stolze 470 PS. Möglich machten dies umfangreiche Tuning-Maßnahmen wie der Einsatz von geschmiedeten Kolben, größeren Ventilen, nachgearbeiteten Pleueln und Kanälen, schärferen Nockenwellen, Schiebern statt Drosselklappen sowie einer modifizierten Abgasanlage. Das maximale Drehmoment des Rennmotors von 382 Newtonmetern lag bei 7.000 U/min an. Für optimale Rundenzeiten war angesichts des Hochdrehzahl-Konzepts also fleißige Schaltarbeit gefragt. Gangwechsel geschahen mittels eines manuellen 5-Gang-Schaltgetriebes.
Ausladendes Spoilerwerk – wie es für viele Rennwagen seiner Zeit üblich war – trägt der Procar-M1 nicht, unterscheidet sich optisch nur wenig vom Straßenfahrzeug: Weder seine weit nach unten gezogene Frontspoilerstoßstange noch die ausgestellten Radhäuser oder der für Anpressdruck sorgende Heckflügel stören die auf eine Studie des BMW Designers Paul Brancq zurückgehende und von Giorgetto Giugiaro vollendete Formensprache des M1. Die Karosserie des Rennwagens besteht – wie auch jene des Straßenfahrzeugs – aus Kunststoff und zieht sich über einen Gitterrohrrahmen. Überraschend bescheiden nehmen sich die Dimensionen der Felgen mit Zentralverschluss aus: An der Vorderachse messen die Rennsport-Felgen gerade einmal 7×16 Zoll und auch die Räder der Antriebsachse fallen nur einen Zoll breiter aus.
Motorsport-typisch spartanisch geht es im Innenraum zu: Das Cockpit wurde aller „überflüssigen“ Verkleidungen beraubt und auch die Instrumente und Bedienelemente beschränken sich auf das Nötigste. Durch diesen konsequenten Verzicht und den Einsatz von Leichtbau-Materialien wie GFK und Makrolon konnte das Fahrzeuggewicht von den 1.300 Kilogramm des Straßensportwagens auf die gut 1.000 Kilogramm des Rennwagens gedrückt werden. Mit seinem Leistungsgewicht von nur 2,18 Kilogramm pro PS sprintet dieser in 4,5 Sekunden auf 100 km/h und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von rund 310 km/h.

Hier abgebildet sehen wir die Nummer 36 von insgesamt 54 gefertigten M1-Rennwagen: Das Fahrzeug mit der Chassis-Nummer 1195 wurde im Sommer 2020 vom renommierten Auktionshaus RM Sotheby’s versteigert und wechselte für die stolze Summe von 912.000 US-Dollar den Besitzer.

Über Einsätze in der Procar-Rennserie ist uns nichts genaues bekannt, dafür aber startete der Rennwagen nach deren Auslaufen zum Saisonende 1980 so richtig durch: 1981 und 1982 wurde M1 von seinem Erstbesitzer Joe Creview und dessen Cockpit-Partner, der Rennfahrer-Legende Al Unser Jr. in der US-amerikanischen IMSA GTO Chamionship gefahren, errang dort insgesamt acht Podiumsplatzierungen. In der folgenden Saison wurde das Auto noch von Don Walker / Dalles Motorsport in der IMSA GTO eingesetzt, bevor dieser es 1987 an den Schweizer Franco Sbarro – bekannt für seine außergewöhnlichen Concept Cars und Invididual-Umbauten – verkaufte. Nach dem Jahrtausendwechsel ging es für den M1 zunächst für sechs Jahre nach Norwegen, bevor der Rennwagen 2006 von der Graber Sportgarage erworben, woraufhin die auf solcherlei Arbeiten spezialisierten Experten aus dem Schweizer Kanton Bern es einer dreijährigen umfangreichen Vollrestaurierung unterzogen und fit für neue Einsätze bei historischen Rennveranstaltungen machten: Der Schweizer Pedro Mello-Breyner, welcher den M1 nach seiner Restaurierung erwarb, brachte den BMW unter anderem bei Le Mans Classic (2010), dem 1000-km-Rennen von Silverstone (2010) und Spa Classic (2011) an den Start. Der nächste Besitzer ließ Einsätze bei der Monza Historic (2015) und Spa Classic (2017) folgen.

Technical Facts

Fahrzeug: BMW M1 Procar

Baujahr: 1980

Motor: 6-Zylinder-Reihen-Mittelmotor (M88/1), DOHC, 4 Ventile pro Zylinder

Hubraum: 3.500 ccm

Bohrung x Hub: 84 x 93,4 mm

Verdichtung: 9,0:1

Leistung: 345 kW / 470 PS bei 9.000 U/min

max. Drehmoment: 382 Nm bei 7.000 U/min

Kraftübertragung: manuelles 5-Gang-Getriebe, Heckantrieb

Felgen: 7×16 und 8×16 Zoll

Länge/Breite/Höhe: 4.360/1.924/1.110 mm

Radstand: 2.560 mm

Leergewicht: 1.020 kg

Beschleunigung 0-100 km/h: 4,5 s

Höchstgeschwindigkeit: 310 km/h