Bis zu 400 PS im Turbo-Käfer

VW 1302 Turbo weiß

VW 1302 Turbo

In reinem, unschuldigem Weiß steht er da. Für den Laien deutet zunächst recht wenig daraufhin, dass es der Käfer von Matthias Daume aus Schwalmstadt faustdick unter der Haube hat. Käfer-Kenner jedoch werden angesichts verschiedener Merkmale schnell stutzig: Ihnen fallen etwa die deutlich breiter bauenden GFK-Kotflügel vorne wie hinten ins Auge, in denen sich 18-Zoll-Leichtmetallräder Porsche-Wappen drehen. Auch die dahinterliegenden Bremsen tragen den Porsche-Schriftzug. Was ist denn hier los?!

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Der heute 37-Jährige Maschinenbauingenieur erwarb den Käfer bereits anno 2005 als Fahranfänger im zarten Alter von 18 Jahren. Bereits damals saß auf der 1971er 1302-Bodengruppe ein 1303-Häuschen mit der markant gewölbten Panorama-Windschutzscheibe und Elefantenfuß-Rückleuchten. Beim Kauf war das Auto in recht traurigem Zustand, immerhin gab ein ganzes Arsenal von Ersatzteilen dazu. Die Freizeit der folgenden fünf Jahre investierte Matthias, der aus einer Lufti-verrückten Familie stammt und auch im Alltag als Entwicklungsingenieur für Volkswagen tätig ist, in eine umfassende Restaurierung des 1302/1303-Zwitters.

Moderner Auftritt

Und auch nach deren Abschluss wurde das Werkzeug nicht zur Seite gelegt, sondern der Käfer Step by Step optisch individualisiert und technisch aufgerüstet. In beiderlei Hinsicht schlug Matthias moderne Wege ein: So sitzen in den vordereren GFK-Kotflügeln etwa moderne LED-Scheinwerfer, die ihre Pendants am Heck in getönten Rückleuchten finden. Die Trittbretter bestehen ebenso aus Carbon wie in die hinteren Kotflügel integrierte Einlagen. Die umlaufenden Zierleisten sowie der Kofferraumgriff hingegen wurden vor der Lackierung in Reinweiß säuberlich gecleant.

2,0-Liter-Typ 4 von Turboboxer.de

Im Heck des weißen Käfers arbeitet ein 2,0-Liter-Typ 4-Motor. „Nur“ 2,0 Liter? Ist das in Zeiten, in denen 2,4-, 2,7- oder gar 3,0-Liter-Hubraummonster in der luftgekühlten Performance-Community schon regelrecht zum guten Ton gehören, nicht ein bisschen zu wenig? Keineswegs! Denn das Triebwerk wurde in der Turboboxer.de-Werkstatt von Armin Klein aufgebaut. Kenner wissen, was das bedeutet: Der schwäbische Spezialist verordnete dem Typ 4 eine Zwangsbeatmung via eines Turbonetics-Turboladers samt großen Ladeluftkühlers, der – je nach Mapping – bis zu 1,7 bar Ladedruck aufbaut. Stichwort Mapping: Vergaser gibt es nicht mehr. An ihrer Stelle kamen eine DTA-Einspritzung mit Einzeldrosselklappen sowie eine programmierbare Kennfeldzündung an Bord. Natürlich wurden auch die Motorinnereien für die angesichts der genannten Upgrades zu erwartenden mechanischen und thermische Belastungen gewappnet. So sitzen auf belastbaren H-Schaft-Pleueln nun Schmiedekolben mit Kolbenbodenkühlung. Eine spezielle Turbo-Nockenwelle steuert die vergrößerten Ventile mit härteren Ventilfedern. Für die Kraftstoff-Logistik zeichnet eine Bosch 044-Benzinpumpe verantwortlich, während eine Wasser/Methanol-Einspritzung die Verbrennungseffizienz noch weiter optimiert und das Triebwerk thermisch entlastet. Aporpos thermische Entlastung: Für „Durchzug“ im Typ 4 sorgt ein Porsche-Lüfterrad, im Bug sitzt ein Front-Ölkühler. Die Brennungsabgase entweichen durch einen Sportauspuff mit Fächerkrümmer, speziellem Turboflansch und – man höre und staune – G-Kat, sodass der 71er-Turbo-Käfer sogar die Euro 1-Abgasnorm erfüllt und eine grüne Plakette tragen darf. Für den Einsatz im Straßenverkehr fährt Matthias einen Ladedruck von 0,8 bar, sodass TÜV-eingetragene 220 PS resultieren. Das Ende der Fahnenstange ist das natürlich noch nicht: Bis zu 400 PS sind mit der derzeitigen Hardware drin, wenn der 2,0-Liter-Turbomotor mit vollem Ladedruck zur Attacke bläst. An die Hinterachse geleitet wird die Turbo-Power via eines Porsche 915-Getriebes mit fünf Gängen.

Fahrwerkskomponenten und Bremsen vom Porsche 944

Vom Fahrwerk des 1302 ist ebenfalls kaum noch etwas übrig geblieben: Matthias kombinierte Porsche 944-Schräglenker sowie Uniball-Aufhängungen ohne Drehstäbe mit K.A.W.-Gewindefederbeinen. Vom Porsche 944 S2 stammen darüber hinaus auch die Festsattel-Bremsen beider Achsen. Für zusätzliche Steifigkeit zog in den kurzen Vorderwagen eine gekreuzte Domstrebe ein. Die vom Porsche 996 Carrera stammenden Sport Classic 2-Mehrteiler mit in Bronze metallic gepulverten Y-Speichen-Sternen messen für einen Käfer gewaltige 7,5×18 und 10×18 Zoll. Besohlt sind die zweiteilig verschraubten Räder mit Bereifung der Dimensionen 205/35R18 an der Lenk- und 245/35R18 an der Antriebsachse.

Carbon-Cockpit

Reichlich Carbon findet sich im ansonsten weitgehend ausgeräumten und säuberlich in Wagenfarbe auslackierten Innenraum des Häuschens. Das gesamt Käfer-Armaturenbrett besteht hier ebenso aus schimmerndem Kohlefaser-Gewebe wie die glatten Türverkleidungen mit weißen Zuziehschlaufen. Absolute Highlights des Cockpits sind aber zweifellos die beiden vom Porsche 997 GT3 stammenden Carbon-Klappschalensitze. Auch der Innenspiegel und die Schiebedachkurbel unter dem schwarzen Dachhimmel wurden aus Carbon angefertigt. Gelb leuchtende Dreipunkt-Gurte sowie die gelben Nähte des tief geschüsselten Luisi-Sportlenkrads setzen farbige Akzente. Eine Rücksitzbank gibt es erwartungsgemäß nicht mehr: Hinter den Sitzen verstrebt sich das Club-Kreuz des Wiechers-Überrollbügels.

Technical Facts

VW 1302 Turbo

Baujahr: 1971

Karosserie: Umbau auf Karosserie mit Stahlschiebedach vom 1303, innenverbreiterte GFK-Kotflügel (hinten mit Sichtcarbon-Einlage), Carbon-Trittbretter, GFK-Stoßstangen, Zierleisten entfernt, Kofferraumgriff entfernt, LED-Scheinwerfer, getönte Rückleuchten, Vitaloni-Außenspiegel, Lackierung in Reinweiß

Motor: luftgekühlter 2,0-Liter-Typ 4-Boxermotor von Turboboxer.de, Schmiedekolben auf H-Schaft-Pleueln, Kolbenbodenkühlung, vergrößerte Ventile mit härteren Federn, Turbo-Nockenwelle, Turbonetics-Turbolader, Ladeluftkühler, Porsche-Lüfterrad, Bosch 044-Benzinpumpe, DTA-Einspritzung mit Einzeldrosselklappen, programmierbare Kennfeldzündung, Wasser/Methanol-Einspritzung, Abgasanlage mit Fächerkrümmer und Turboflansch, G-Kat (Euro 1), Front-Ölkühler, eingetragen 220 PS bei 0,8 bar Ladedruck, bis zu 400 PS bei 1,7 bar Ladedruck

Kraftübertragung: 5-Gang-Getriebe (Porsche 915)

Fahrwerk: KAW-Gewindefahrwerk, Porsche 944-Schräglenker, Uniball-Aufhängung ohne Drehstäbe, Kreuz-Domstrebe im Kofferraum

Rad/Reifen: Porsche Sport Classic 2-Felgen vom 997 in 7,5×18 und 10×18 Zoll, Bereifung in 205/35R18 und 245/35R18

Bremsen: VA/HA Porsche 944-Festsattelbremsanlagen

Innenraum: Carbon-Klappschalensitze vom Porsche 997 GT3, gelbe 3-Punkt-Gurte, Wiechers-Überrollbügel, Entfall Rückbank, Carbon-Armaturenbrett, Carbon-Türverkleidungen, geschüsseltes Luisi-Lenkrad mit 12-Uhr-Markierung, Carbon-Innenspiegel, Carbon-Schiebedachkurbel, Dachhimmel in Schwarz