In 13 Tagen rund 3.720 Kilometer einmal quer durch Südamerika.
Weite Strecken davon abseits asphaltierter Straßen. Start in Brasilien, durch Uruguay und Argentinien bis nach Chile – vom Atlantik bis zum Pazifik. In Summe mehr als 90.000 Höhenmeter bergauf und bergab. Und das alles mit VW Käfern aus den 1970er und 1980er-Jahren. Was für Couch-Potatos nach einem wahren Horrortrip klingt, ist für Adrenalin-Junkies das ultimative Lufti-Abenteuer. Aber wer macht denn sowas? Blue Bug Tours macht sowas! Der Wahnsinn hat einen Namen: Cono Sur. Zu Deutsch: Südkegel und die spanische Bezeichnung für den ungefähr dreiecksförmigen südlichen Teil Südamerikas. Mit acht von Blue Bug Tours gestellten und für den Adventure-Roadtrip vorbereiteten Käfern startete der kleine Tross am 5. Oktober in der brasilianischen Küstenstadt Florianópolis…
Hinter dem Label Blug Bug Tours stehen Frederico Hinselmann und Marc Sommer. Letzter dürfte regelmäßigen WOB Klassik-Lesern noch von unseren Features über dessen Touren mit seinem blauen Baja Bug ein Begriff sein, welcher letztlich natürlich auch namensgebend für den „Reiseveranstalter“ Blue Bug Tours war. Frederico und Marc arbeiteten den von Reifenhersteller Speedmax unterstützten Südamerika-Roadtrip samt Roadbook für ihre Teilnehmer aus, organisierten alle Übernachtungen sowie das Rahmenprogramm und Marc führte den Käfer-Konvoi natürlich auch persönlich an.
Die ersten beiden Tagesetappen von Florianópolis über Lauro Muller nach Canela hatten für die „Reisegruppe Cono Sur“ gleich reichlich Action zu bieten: Die jeweils rund 265 Kilometer wurden rund zu Hälfte offroad über sandige und felsige Pisten sowie Waldwege zurückgelegt. Denn nachdem sich die Teilnehmer, 14 Herren und zwei Damen im Alter zwischen 21 und 69 Jahren, auf den ersten Kilometern mit ihren Käfern vertraut gemacht hatten, schlängelte sich der Weg gleich hinauf in die beeindruckenden Serpentinen des Gebirgspasses Serra do Corvo Branco. Dieser hielt eine enge, kurvige Strecke mit stellenweise dramatischen Abhängen bereit. Der Lohn waren – neben dem Thrill der Fahrt an sich – sensationelle Panorama-Ausblicke, die wohl kein Teilnehmer so bald vergessen wird.
Nach der Übernachtung in Lauro Muller ging es am nächsten Tag weiter: mit relativ konstantem Höhenverlauf, dafür etwas zügiger. Schnelle Pisten mit den Pulsschlag in die Höhe treibenden Wasserdurchfahrten kennzeichneten die Strecke nach Canela in der Bergregion Serra Gaúcha. Viel Arbeit hatten an den beiden ersten Tagen auch gleich die Schrauber des mitfahrenden Service-Pick-Ups, welche unter anderem einen steckengebliebenen Gang und Elektrik-Ärger behoben sowie ein verlorenes Hinterrad wieder an Ort und Stelle brachten.
An Tag drei galt es, Strecke zu machen: Gut 460 Kilometer ging es für die acht Käfer über die Straße nach Rio Grande, ganz im Süden Brasiliens. Eine regelrechte Erholung für Mensch und Material, bevor am nächsten Tag „Strand und Sand“ auf dem Programm standen: Nach einem Ausflug an den Strand von Rio Grande ging es über Sandpisten und durch eine Lagune. Eigentlich hatte man auf diesem Weg noch ein altes Schiffswrack erreichen wollen, dieser Versuch aber musste aufgrund zu tief stehenden Wassers leider abgebrochen werden. So nahm man einen Umweg über die Straße, an deren Rand Krokodile, Wasserschweine und unzählige Vögel zu beobachten waren. Am Abend erreichten die Käfer wohlbehalten Chui, die südlichste Stadt Brasiliens direkt an der Grenze zu Uruguay.
Man ahnt es schon: Diese wurde gleich am nächsten Morgen passiert. Die Teilnehmer stellten sich von Brasilianisch auf Spanisch und ihre Geldbörsen vom brasilianischen Real auf den uruguaischen Peso um. Das Tagesziel: Montevideo. Eigentlich eine entspannte Fahrt. Nachdem jedoch gleich das Führungsfahrzeug auf einem aufgeweichten Feldweg stecken geblieben war, hieß es nochmal, lieber auf die berechenbarere Asphaltstraße auszuweichen, bevor man ins Verkehrgewusel der uruguaischen Hauptstadt eintauchte.
Nach einer erholsamen Nacht und einem kurzweiligen Vormittag in Montevideo hieß es abermals: ein neuer Tag, ein neues Land. Die Käfer rollten nach ca. 140 km Fahrt im Hafen von Colonia del Sacarmento auf eine Fähre, welche sie innerhalb einer Stunde nach Buenos Aires, die Hauptstadt Argentiniens brachte. Nach einem abendlichen Dinner bei Tango Argentino stand der nächste Tag den Teilnehmern zur freien Verfügung in der 15-Millionen-Metropole, an dem jeder seinen ganz persönlich Interessen nachgehen konnte.
Dann hieß es: Ab in die Pampa!
Und was man hierzulande als lockeren Ausspruch sieht, war hier ganz wörtlich zu nehmen, sind die weitläufigen, baumlosen Graslandschaften dieser Region doch die geografisch „echte“ Pampa. Durch die für Landwirtschaft und insbesondere Viehzucht idealen Flächen ging es über staubige, bis zu 60 Kilometer (!) ohne Kurve geradeaus führende Pisten zunächst nach Venado Tuerto und am nächsten Tag weiter nach Villa Mercedes. In der dazwischen liegenden Nacht gab es wieder einmal Arbeit für das Mechaniker-Team: Ein Auto kam mit „steckendem“ Gang in Venado Tuerto an, was bedeutete: abends Motor, Achsen und Getriebe raus. Nachts wieder rein. Am nächsten Morgen konnte der Käfer erstmal wieder laufen.
Als nächstes Etappenziel stand Mendoza auf dem Tableau, gelegen im äußersten Westen Argentiniens und das Herz des argentinischen Weinbaus. Auch auf der 460 Kilometer langen, relativ flachen Strecke durch die Pampa schlug der Fehlerteufel zu: ein erneut steckender Gang, ein fester Motor, sodass man sich entschied zwei Käfer auf dem Schlepper nach Mendoza zu bringen. Hier stand glücklicherweise ein freier Tag auf dem Programm: Während die Teilnehmer sich in der wunderschönen Stadt entspannten und ein Wein-Tasting mit 18-Gang-Mittagsmenü genossen gab das Technik-Team alles!
Aus zwei defekten Autos wurde kurzerhand ein „fittes“ gebaut: Der Käfer mit dem defekten Getriebe wurde ausrangiert und zum Teilspender gemacht. Sein Typ 1-Motor zog in den Käfer mit festem Triebwerk um. Darüber hinaus bereitete das Team auch die übrigen Käfer auf die nächste Etappe vor, welche fürs Material zweifellos die größere Herausforderung war: über die Anden nach Los Andes in Chile! Das hieß nach Planung: 330 Kilometer, ein Drittel davon über Geröllschotter, knapp 20.000 Höhenmeter bergauf und bergab mit einem höchsten Punkt auf ca. 3.800 Metern. Infolgedessen, dass wenige Tage zuvor einiges an Neuschnee in der Anden gefallen war, kürzte Blue Bug Tours aus Sicherheitsgründen ab und nahm eine kürzere, nicht weniger spannende Passage über die Berge.
Für die Andenpassage wurden die Vergaser und Zündungen der luftgekühlten Motoren vorab neu eingestellt. Ganz so hoch hinaus ging es dann am Ende allerdings doch nicht, denn der Paso Los Libertadores war wie vermutet wegen Schnee gesperrt. Die Cono Sur-Reisegruppe wich also auf den Pass-Tunnel „Túnel del Cristo Redentor“ aus, genoss bei Kaiserwetter dennoch imposante Straßen und Landschaften samt Ausblick auf den knapp 7.000 Meter hohen Berg Aconcagua. Auch Condorgeier und Lamas wurden gesichtet. Am Abend stand noch die Einreise nach Chile an, bevor es am nächsten Tag auf die Zielgerade ging. Diese führte die Käfer-Kolonne über kleine Umwege und wunderschöne Nebenstrecken: zunächst ins kunterbunte Valparaiso, dann entlang der Pazifik-Küste sowie durch ein Naturschutzgebiet und abschließend ins Getümmel der Hauptstadt Santiago de Chile zum finalen Get-together.
Und was sagen die Cono Sur-Teilnehmer nach ihrer Heimkehr über den zweifellos abenteuerlichsten Lufti-Roadtrip, von dem wir je gehört haben?
„Die von Marc Sommer organisierte Reise Cono Sur 2024 durch Südamerika war ein einmaliges Erlebnis! Die Kombination aus den unterschiedlichsten Landschaften, dem Fahrspaß mit den alten VW Käfern und den teils herausfordernden Pisten für Mensch und Material war einfach unvergesslich. Auf den Strecken von Florianopolis bis nach Santiago de Chile haben uns Passanten immer wieder begeistert zugewinkt, fotografiert und Daumen hoch gezeigt – ein tolles Gefühl“, berichtet beispielsweise Michael.
Ähnlich empfand auch Isabell: „Die unterschiedlichen Landschaften mit der jeweiligen Flora und Fauna der jeweiligen Länder waren beeindruckend. Super war die freundliche Art aller Menschen, die uns unterwegs mit Hupen, Winken und ‚Daumen hoch‘ begleiteten. Die alten Fuscas (Käfer) waren zwar herausfordernd zu fahren, doch genau das machte den Reiz dieser Tour aus. Die Tour war von Blue Bug Tours sehr gut und aufwendig vorbereitet. Kurzfristige Planänderungen wurden stets schnell umgesetzt. Wir fühlten uns immer gut und sicher geführt. Unser Fazit: kein Urlaub im klassischen Sinne, sondern ein unbeschreibliches, spannendes Abenteuer.“
Damit dürfte wohl alles gesagt sein. Übrigens: Wer mehr zu den Reisen von Blue Bug Tours erfahren möchte – denn es stehen natürlich schon wieder Reisen durch die Alpen und durch Brasilien an – der findet alle Informationen auf www.bluebugtours.com