Dr. Jekyll & Mr. Hyde: Käfer à la Turboboxer

Turbo-Käfer mit 300 PS / 420 Nm

Müsste ich mich entscheiden, die in WOB Klassik präsentierten VW Käfer-Typen in nur ZWEI Kategorien zu klassifizieren, so würde meine Einteilung wohl lauten: „Die hübschen Klassiker“ und „Die starken Renner“. Fast alle bisher von uns gezeigten Käfer lassen sich in eine dieser beiden Formen pressen. Bis heute. Denn der hier abgebildete „1300er“ von Marc Hilbert aus Rottenburg am Neckar vereint beide Charaktere in sich – wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde.

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WOB Klassik 3-2022

Äußerlich steht da ein in klassischer Optik gehaltener 1300er-Käfer – von Kennern auf „Baujahr 1966/1967 oder etwas früher“ zugeordnet. Fast richtig. Das Auto stammt aus dem Baujahr 1968, wurde von dem 48-jährigen Ingenieur allerdings „rückdatiert“: Kotflügel mit liegenden Scheinwerfern, lange Hauben sowie „runde“ Rammstoßstangen samt geänderter Abschlussbleche vorne und hinten geben ein früheres Baujahr vor. Diesen Eindruck unterstreichen die geschwungenen Albert Schwanenhals-Replika-Außenspiegel sowie die Zweifarben-Lackierung in Schwarz (L041) und Tornadorot (LY3D).
Und obwohl neben den innenverbreiterten Kotflügeln von Remmele/CSP auch die Vergitterung der Hauptscheinwerfer sowie die auf der vorderen Stoßstange montierten Zusatzscheinwerfer dem Käfer einen Hauch von historischem Motorsport-Charakter verleihen, deuten sie doch nur unzureichend auf das hin, was da im Heck des VWs lauert…

216 PS mit Euro 1 – bis zu 300 ohne

Ein 2,0-Liter-Typ 4. Okay, das an sich ist noch nicht weiter spektakulär. Der große Ladeluftkühler mit „Turboboxer“-Schriftzug allerdings legt bereits nahe, dass es hier auf Anforderung richtig zur Sache geht. In der Tat: Der Turbonetics-Lader in spezieller Turboboxer-Konfiguration entfacht im Zusammenspiel mit dem liegenden Ladeluftkühler sowie einer elektronischen DTA S60-Einspritzanlage satte 216 PS – und zwar dank G-Kat unter Einhaltung der Euro 1-Abgasnorm, spricht mit grüner Plakette! Wird auf „maximale Power“ heraufgeschaltet sind sogar bis zu 300 PS und 420 Nm drin, womit der einst mit 34 PS vom Band gelaufene 1968er Käfer plötzlich auf dem Niveau des (erst zehn Jahren später an den Start gegangenen) Porsche 911 Turbo 3,3 spielt. Um die hierfür wirkenden mechanischen und thermischen Kräfte zu verdauen, rüstete das für den Motoraufbau verantwortlich zeichnende Turboboxer-Team rund um Armin Klein den Typ 4 mit sonderangefertigten 95-mm-Schmiedekolben an einer 71-mm-Kurbelwelle sowie einer Wasser/Methanol-Einspritzanlage aus. Wie unproblematisch und zuverlässig der Turbo-Käfer läuft, das unterstreicht sicherlich die Tatsache, dass Mark das Auto bei passendem Wetter gerne auch im Alltag und sogar auf längeren Urlaubsfahrten bewegt. So führte ihn sein Weg auch schon über die zwar wunderschöne, fürs Material bekanntlich aber auch recht anspruchsvolle Großglockner-Hochalpenstraße – ohne Probleme.

Kraftübertragung, Fahrwerk und Bremsen aufgerüstet

Natürlich mussten auch die Kraftübertragung, das Fahrwerk und die Bremsen an den Vorwärtsdrang des Motors angepasst werden. Via einer für Drehmomente jenseits von 400 Nm gewappneten 228-Millimeter-Kupplung wurde ein 5-Gang-Schaltgetriebe vom Porsche 914 an den aufgeladenen Boxer angebunden. Die Bodenfreiheit – und damit auch den Fahrzeugschwerpunkt – reduziert eine höhenverstellbare Vorderachse samt Tieferlegungsachsschenkeln, während hinten auf Schräglenker umgebaut wurde. Bilstein-Gasdruckstoßdämpfer halten die Räder am Boden. Apropos Räder: In den Kotflügeln rotieren nun hochglanzverdichtete Porsche/Fuchs-Flügelrad-Felgen in 6×16 und 7×16 Zoll, auf welche Bereifung der Dimensionen 185/65R16 an der Lenk- und 225/50R16 an der Antriebsachse aufgezogen wurde.
Gut versteckt sitzen hinter den Füchsen die kräftigen Scheibenbremsen, welches das Kleinkaliber-Geschoss allzeit sicher im Griff haben: Vorne nehmen 6-Kolben-Feststättel von Tarox gelochte, geschlitzte und innenbelüftete Scheiben in die Zange, während hinten Kerscher-Faustsättel zum Einsatz kommen.

Zeitgenössische Cockpit-Sportlichkeit

Zeitgenössische Sportlichkeit spendierte Marc auch dem Cockpit seines Turbo-Käfers: Passend zum Exterieur-Farbschema sind auch die BF Torino-Leder-Schalensitze in Schwarz/Rot gehalten, gleiches gilt für die Rücksitzbank sowie die Tür- und Seitenverkleidungen. Während der hölzerne Kranz des Nardi Classico-Lenkrads ebenfalls absolut stilecht durch die Finger gleitet, sind links davon ins Armaturenbrett integrierte Instrumente wie das Manometer für den Ladedruck und die AEM-Lambda-Anzeige in einem Käfer ziemlich unüblich. Nicht verwirren lassen sollten sich Uneingeweihte darüber hinaus vom klassischen 4-Gang-Schaltschema, welches auf die Aschenbecher-Schublade gedruckt ist: Mit dem Holz-Schaltknauf werden wie gesagt fünf Gänge sortiert.

Weitere Informationen zu den Turboboxer-Motoren gibt es bei:

Armin Klein, Turbo-Boxermotoren
Feldstraße 26
89233 Neu-Ulm
Tel: 0731 / 711 04 16
Mobil: 0172 / 731 99 81
E-Mail: mail@turboboxer.de
www.turboboxer.de

Technical Facts

VW 1300

Baujahr: 04/1968

Karosserie: „Backdate“ auf 1966er Optik (Kotflügel mit liegenden Scheinwerfern vorne, geänderte Abschlussbleche vorne und hinten, lange Hauben vorne und hinten), geklemmtes und abnehmbares Abschlussblech hinten, innenverbreiterte Kotflügel vorne und hinten, Albert Schwanenhals-Replika-Außenspiegel, Umbau auf breitere Zierleisten, Zusatzscheinwerfer aus dem Motorrad-Zubehör, Zweifarben-Lackierung in Schwarz (L041) und Tornadorot (LY3D)

Motor: 2,0-Liter-Typ 4-Motor mit Turboaufladung von Turboboxer.de, 71-mm-Kurbelwelle, sonderangefertigte 95-mm-Schmiedekolben, Ladeluftkühler für 4-Drosselklappen-System, elektronische Einspritzanlage DTA S60, Ethanol-Sensor für Betrieb mit E85, G-Kat (grüne Plakette), Wasser/Methanol-Einspritzanlage, (maximal ca. 300 PS / 420 Nm)

Kraftübertragung: 228-mm-Kupplung (Spezialanfertigung für Drehmoment über 400 Nm), 5-Gang-Schaltgetriebe vom Porsche 914

Fahrwerk: höhenverstellbare Vorderachse, Tieferlegungsachsschenkel, Umbau auf Schräglenker-Hinterachse, Bilstein-Gasdruckstoßdämpfer rundum

Rad/Reifen: originale Porsche/Fuchs-Flügelrad-Felgen in 6×16 und 7×16 Zoll, hochglanzverdichtet, Bereifung in 185/65R16 und 225/50R16

Bremsen: Scheibenbremsen rundum, VA Tarox-6-Kolben-Feststättel mit gelochte, geschlitzten und innenbelüfteten Scheiben, HA Kerscher-Faustsättel mit gelochten und geschlitzten Scheiben

Innenraum: Ledersitze in Schwarz/Rot von BF Torino, Nardi Classico-Holzlenkrad, Becker Mexico Retro-Radio