Der Roadster-Koenig: Mercedes 500 SL by Koenig Specials

R129 mit 1990er Jahre-Breitbau

Neue Deutsche Welle und Vokuhila, Aerobic und Punks, Pac-Man und Privatfernsehen, Goldkettchen und Rollschuhe, Walkman und der Rubik’s Zauberwürfel: die 1980er Jahre waren schrill, bunt und extravagant. Kein Wunder, dass in diesem wilden Jahrzehnt auch das Autotuning in bisher ungekannten Dimensionen aufblühte – und das meinen wir ganz wörtlich.

Denn die 80er waren auch die Blütezeit des Breitbau-Tunings: In Anlehnung an die mächtigen Gruppe 5- und Gruppe 2-Rennwagen jener Zeit ließen Firmen wie Rieger, Langenberg, Folger und Co. von Haus aus eher „bürgerlichen“ Volumenmodellen der deutschen Automobilhersteller überproportionale Kunststoff-Muskeln wachsen, sodass diese wie breitschultrige Bodybuilding-Versionen ihrer selbst erschienen. Ein Tuning-Trend, der bis in die 1990er Jahre andauerte, dann vorübergehend regelrecht verpönt war, bis japanische Tuning-Schmieden wie TRA kyoto/Rocket Bunny und LB Performance/Liberty Walk in den frühen 2010er Jahren eine regelrechte Widebody-Renaissance anstießen
Eine Lichtgestalt des frühen Breitbau-Tunings war zweifellos Willy König: die Wurzeln seines Unternehmens Koenig Specials reichen bis in die 1970er Jahre zurück. Unvergessenes Highlight der Koenig Specials-Historie war der Koenig Competition auf Ferrari Testarossa-Basis, der für die Verhältnisse der 1980er Jahre absolut infernalische 1.000 PS leistete.

Aber auch diverse Mercedes-Benz-Baureihen kamen in den Genuss von Koenig Specials-Transformationen. So wie der hier abgebildete 500 SL der R129-Baureihe, der sich im Besitz von Florian Simon aus Bad Rappenau befindet. Der 30-Jährige ist nicht nur ein Petrolhead sowie ein passionierter Mercedes-Benz-Sammler, in dessen Garage nebem dem hier gezeigten „Prunkstück“ beispielsweise auch noch einen E 60 AMG sowie einen E 500 Limited der Baureihe W124 stehen, sondern hat seine Leidenschaft auch zum Beruf gemacht: Florian ist Inhaber der Firma „Schwaben Klassiker“, welche sich auf die Restaurierung von Stern-Klassikern aus der Zeit vor der Jahrtausendwende sowie den Handel mit entsprechenden Fahrzeugen und Ersatzteilen spezialisiert hat.

 

Seinen Koenig Specials-SL erwarb Florian vor knapp zwei Jahren tatsächlich aus erster Hand. Ursprünglich wurde das Auto auf Bestellung eines Japaners gebaut – der es jedoch nie bezahlte, sodass es schließlich von einem solventen deutschen Käufer für mehr als eine Viertelmillion Mark erworben wurde. Aus dessen Fuhrpark ging der Breitbau-Roadster im August 2021 in sehr gutem Sammlerzustand in Florians Besitz über.
Bereits vor der ersten Zulassung wurde der R129 folglich mit einem Breitbau-Kit zum Koenig Specials-Boliden transformiert: Aus glasfaserverstärktem Kunststoff angefertigt sind so die Frontschürze und die Motorhaube, die vorderen und hinteren Kotflügel samt passender Türaufsätze und Seitenschweller sowie die Heckschürze und der anlaminierte Ducktail-Heckspoiler. Passend zur Formensprache des Bodykits: die windschlüpfrigen Außenspiegel. Statt des Mercedes-Sterns steckt im Kühlergrill ein echtvergoldetes „KS“-Metall-Emblem.

Selbstverständlich verlangten die nun deutlich voluminöseren Radhäuser nach adäquater Füllung: Koenig Specials entschied sich hier seinerzeit für von OZ Racing im „Koenig-Sondermaß“ gefertigte Futura-Dreiteiler der Dimensionen 10,0×17 Zoll ET-19 mit Pirelli P Zero-Bereifung in 245/40R17 an der Lenk- und sogar 12,0×17 Zoll ET-45 samt 335/35er Walzen an der Antriebsachse.
Technisch weitgehend unangetastet blieb der frei saugende Fünfliter-V8 (M119), welcher werksseitig 326 PS mitbrachte. Akustisch jedoch lässt der von einem sich aus Vorschalldämpfer-Ersatzrohr und Sport-Endschalldämpfer zusammensetzende Koenig-Auspuff noch deutlich mehr Power vermuten.


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Nicht anfreunden konnte sich dieser allerdings mit der durchgängig roten Innenausstattung des Koenig-Cabriolets, sodass er hier eine umfangreiche „Renovierung“ einleitete. Die Türverkleidungen beispielsweise komponierte Florian aus Bestandteilen von acht (!) verschiedenen SL-Baujahren und Ausstattungslinien, so kamen beispielsweise AMG-Holzeinlagen zum Einsatz. Die Mittelkonsole stammt vom seltenen Zwölfzylinder-Bruder SL 600. Das konturierte Sportlenkrad wertete Florian mit einem Chromstern-Airbag auf. Dazu beschaffte er aus dem Fundes des – heute in der Tat noch existierenden – Unternehmens Koenig Specials einen nagelneuen Satz SL-Fußmatten. Das Windschott stammt indes vom Sondermodell „Silver Arrow Edition USA“, welches anno 2001 in einer Auflage von 1.550 Stück ausschließlich in den Vereinigen Staaten erhältlich war.

Aktuelle Informationen zu „Schwaben Klassiker“ gibt’s auf Instagram unter „schwabenklassiker“, den Ersatzteile-Shop findet ihr unter www.ebay-kleinanzeigen.de/pro/Schwabenklassiker.

Technical Facts

Mercedes-Benz R129 500 SL

Baujahr: 02/1992

Karosserie: Koenig Specials-Breitbau-Kit aus GFK (Frontschürze, Motorhaube, Kotflügel vorne und hinten, Seitenschweller, Türaufsätze, Heckspoiler, Heckschürze, Außenspiegel), vergoldetes Metall-Emblem im Kühlergrill

Motor: 5,0-Liter-V8 (M119), Koenig Specials-Sportabgasanlage (VSD-Ersatzrohr, Sport-ESD), 326 PS

Fahrwerk: Koenig Specials-Sportfahrwerk

Rad/Reifen: dreiteilige OZ Futura-Felgen im Koenig Specials-Sondermaß 10,0×17 Zoll ET-19 und 12,0×17 Zoll ET-45, Pirelli P Zero-Bereifung in 245/40R17 und 335/35R17

Innenraum: Innenausstattung erneuert, Mittelkonsole vom SL 600, neuer Türverkleidungen mit AMG-Holzeinlagen, konturiertes Sportlenkrad mit Chromstern-Airbag, neue Koenig Specials-Fußmatten, Windschott vom Silver Arrow Edition USA