Audi-Power im braven VW-Kombi

VW Passat Variant GT Syncro

In der VW-Tuning- und -Schrauberszene stehen zweifellos der Golf beziehungsweise im Oldie-Bereich vor allem der Käfer oder auch der legendäre Bus im Zentrum des Interesses. Die übrigen Modelle haben demgegenüber mehr oder weniger deutlich das Nachsehen. Dies gilt etwa für den Mittelklasse-Vertreter Passat, genauer gesagt insbesondere die frühen Modelle der 70er bis 90er Jahre. Doch natürlich heißt es nicht umsonst sprichwörtlich so schön, dass Ausnahmen die Regel bestätigen. Zu diesen gehört ganz offensichtlich der hier vorgestellte Passat Variant der Baureihe B2 beziehungsweise 32b aus dem Baujahr 1987.

Passat-Fan seit Kindertagen

Besitzer des Wagens ist seit 2013 Dennis Kalscheuer. Der 38-Jährige ist regelrechter 32b-Jünger, der seit 2002 bereits mehrere Exemplare besaß. Um die Ursache für diese Liebe zu ergründen, muss man weit zurückschauen, denn sie findet sich bereits in Dennis‘ Jugend. In den 1990ern, als der Kölner gerade das Teenager-Alter erreichte, besaßen seine Eltern gleich zwei Vertreter dieser Passat-Generation. Während Dennis schon vom ersten stark angetan war, konnte sein Nachfolger dies noch toppen, schließlich besaß er einen der famosen Fünfzylinder-Motoren, die damals in verschiedenen Versionen für den Passat verfügbar waren. Dieses Aggregat faszinierte und begeisterte Dennis vollends, hatte er doch von dieser exotischen Zylinderanzahl zuvor noch nie gehört und zum anderen natürlich aufgrund seines charakteristischen Klangs.

Der Traum: Passat Syncro mit S2-Motor

Daher beschäftigte sich Dennis etwas genauer mit den Fünfzylindern im Passat. Er realisierte, dass sie bis auf wenige Anpassungen quasi baugleich waren mit jenen in den Audi 80- (beziehungsweise 90-)Baureihen B2 bis B4 – wie zudem diverse weitere Komponenten, etwa das Getriebe, die Vorderachse samt Bremsen und die Antriebswellen. Somit reifte allmählich nicht nur der Wunsch in ihm, einen Fünfzylinder-Passat nach seinem Geschmack aufzubauen, sondern dies zudem sogar mit einer der nur bei Audi im S2 (und RS2) verbauten Turbo-Versionen des Aggregats. Bis er sich an die Erfüllung des Traums machte, ging jedoch noch einige Zeit ins Land, und als er sich dann letztlich wirklich damit befasste, erwies sich die Umsetzung zunächst als unmöglich für Dennis.

Zweiter Anlauf

So schob er das Vorhaben Mitte der 2000er zunächst bei Seite, doch es wollte ihn einfach nicht loslassen. So machte er 2013 endgültig Ernst und begann die Suche nach einem Basis-Fahrzeug, wobei er explizit ein Exemplar samt des – weitgehend mit dem quattro-Antrieb baugleichen – Syncro-Allradantrieb wollte – schließlich waren die S2- und RS2-Modelle bei Audi auch nur in dieser Kombination erhältlich. Trotz katastrophaler 32b-Marktlage erlangte er dank eines Freundes letztlich den Kontakt zu einem Fahrers, der seinen in halbwegs akzeptablem Zustand befindlichen Syncro-Passat Variant verkaufen wollte. Nachdem die Übernahme dieses Wagens über die Bühne gegangen war, hieß es, den Antriebsstrang zu erwerben. Dabei stellte sich aber heraus, dass einfach kein erschwinglicher beziehungsweise schlachtfähige S2 als Spender zu bekommen war. So wich Dennis letztlich auf die Baureihe C4 aus, die als 100 S4 respektive später S6 ebenfalls mit dem 20V-Turbo-Fünfzylinder erhältlich war. Hier war die Verfügbarkeit besser und so ergab es sich, dass der Motor aus einem 1993er 100 S4 samt des zugehörigen Fünfgang-Handschaltgetriebes in den Passat einzogen. Der Nachteil war hier jedoch, dass Vorderachse, Bremsen und Antriebswellen nicht mit übernommen werden konnten. So rüstete Dennis in dieser Hinsicht mit von Autewo stammenden Ersatzteilen inklusive Girling G60-Bremsanlagen mit Doppelkolben-Sätteln und S2-Antriebswellen auf. Mit letzteren sowie S2-Radnaben ist zudem die Hinterachse upgegradet.

Motor-Neuaufbau

Nach Abschluss der technischen Transplantationen und Umbauten war der Wagen pünktlich zur Saison 2015 fertig und mit TÜV-Segen versehen. Schon im August erlitt der Motor aber einen Pleuellager-Schaden. Dennis entschied in Anbetracht dessen, keine halben Sachen zu machen und dieses Unglück für eine komplette Revision des 230 PS starken Aggregats zu nutzen, bei der er auf die Hilfe seines Chefs und Stiefvaters Hacky Gutermann von Cartec VW Bus Technik, bei dem er als Karosseriebauer arbeitet, zurückgreifen konnte. Der Fünfzylinder besitzt nun unter anderem einen neuen, gebohrten sowie gehonten und geplanten Block, Mahle-Schmiedekolben, H-Schaft-Pleuel, Zahnriemen und Sputterlager vom RS2, eine neue Ölpumpe und ARP-Stehbolzen. Die Abgase entweichen durch eine Custom-Abgasanlage aus 3-Zoll-Rohren mit Renn-Katalysator, zwei Endschalldämpfern und 2,5-Zoll-Endrohr.

Optisch weitgehend Serie

Im Gegensatz zu den wirklich beeindruckend umfangreichen, technischen Umbauten fielen die übrigen Modifikationen scheinbar eher überschaubar aus. Wobei dieser Eindruck etwas täuscht, denn die Karosserie ist zwar bis auf leicht gezogene Radläufe komplett im Serienzustand, diverse Komponenten wie die Motorhaube und die Türen, der Kühlergrill sowie diverse Gummis und Dichtungen wurden jedoch erneuert. Darüber hinaus ist das gesamte Auto in der Originalfarbe Flashsilber metallic neu lackiert. Wenngleich dies auf den ersten Blick nicht so wirken mag, so sind ferner die Stahlfelgen eine Besonderheit: Sie messen 7,5×16 Zoll und stammen eigentlich von einer Mercedes E-Klasse der Baureihe W210. Die aufgezogenen Reifen messen 215/40R16. Die beachtliche Tieferlegung, die dem Passat einen deutlich veränderten Auftritt beschert, ist auf ein eigentlich für den Audi 80 gedachtes H&R Monotube-Gewindefahrwerk zurückzuführen. Ebenfalls weitgehend eher unerkannt bleibt bleibt die in den Innenraum geflossene Arbeitszeit: Denn er ist optisch ebenfalls quasi komplett im Seirenzustand, wirklich neu sind nur vier Zusatzanzeigen im Handschuhfach für Ladedruck, Öltemperatur und Co. Im Übrigens wurde das Interieur jedoch weitreichend erneuert, so etwa frisch gesattelt und unter anderem das Armaturenbrett ausgetauscht. So dürfte der glühende 32b-Fan Dennis summa summarum noch lange Freude an seinem S4-befeuerten Syncro-Passat haben …

Technische Daten

Fahrzeugtyp: VW Passat Variant GT Syncro

Baujahr: 1987

Karosserie: GT-Ausstattung, Radläufe gezogen, diverse Karosserieteile (Türen, Motorhaube, Kühlergrill, Außenspiegel, Frontschürze, …) und Schriftzüge ausgetauscht, Neulackierung im originalen Farbton Flashsilber metallic

Motor: 2,2-Liter-20V-Fünfzylinder-Ottomotor mit Turboaufladung vom Audi 100 S4, Motorblock komplett neu aufgebaut (u.a. gebohrt, gehont und geplant), Mahle-Schmiedekolben, H-Schaft-Pleuel aus Stahl, Sputterlager und Zahnriemen vom Audi RS2, Ölpumpe neu, rissfreier Zylinderkopf, ARP-Stehbolzen, Eigenbau-Edelstahl-Abgasanlage ab Turbo aus 3-Zoll-Rohren mit Renn-Katalysator sowie zwei Simons-Endschalldämpfern und 2,5-Zoll-Endrohr, 230 PS

Kraftübertragung: manuelles 5-Gang-Getriebe vom Audi 100 S4

Fahrwerk: H&R Monotube-Gewindefahrwerk (für Audi 80 Typ 89), Vorderachse samt Antriebswellen vom S2, HA überholt und mit S2-Antriebswellen und -Radnaben sowie PU-Buchsen ausgerüstet, Kardanwelle überholt

Rad/Reifen: Stahlfelgen von der Mercedes E-Klasse W210 in 7,5×16 Zoll ET41 mit Hankook Ventus Evo²-Bereifung in 215/40R16

Bremsen: Girling G60-Bremsen vom Audi S2 mit Doppelkolben-Sättel

Innenraum: Zusatzinstrumente im Handschuhfach, GT-Ausstattung, Hub-Schiebedach, Sitzheizung

Multimedia: VW Gamma 2-Radio, Zwei-Wege-Lautsprecher vorne und hinten

Sonstiges: Armaturenbrett ausgetauscht, Servolenkung, ABS, Colorverglasung, Dichtungen neu

Dank an: Cartec VW Bus Technik in Köln-Poll