Mit 18 den Typ 17 gekauft: Einser-GTI mit G60-Herz

VW Golf 1 GTI G60

VW Golf 1 GTI G60

Die prägenden Momente im Leben eines Menschen – jeder kennt sie: die erste Liebe, der erste Urlaub, die erste eigene Wohnung. Und natürlich: das erste Auto-Erlebnis. Bei vielen ist dies der Besuch in einer Fahrschule, doch manche begegnen ihrem Glück auf vier Rädern auch schon Jahre früher.

Bei Hannes Steinbauer aus Österreich war dies der Fall. Schon mit 12 Jahren sammelte er erste Erfahrungen mit dem Golf 1 Diesel seines Cousins auf einem abgelegenen Parkplatz. Bis zum Führerschein vergingen zwar noch einige Jahre, doch schon damals stand für Hannes fest: Ein Golf 1 muss her! Diesem Wunsch kam er auch nach und kaufte sich mit Erreichen der Volljährigkeit einen marsroten Einser-Golf.

Ein 76er GTI stand auf dem Wunschzettel

Aber wie das so ist, waren die 50 PS bald schon nicht mehr ausreichend. Hannes verkaufte den kantigen Gesellen und tobte sich an verschiedenen Projekten aus, darunter zwei Corrado, ein Zweier-Golf, ein Golf 3 Turbo und auch ein Einser-Cabrio. Dann packte ihn der Golf 1-Virus erneut und Hannes legte sich einen 1983er GTI zu. Der wurde schick gemacht, mit terracottafarbenem Leder ausgepolstert und motortechnisch mit 45er Weber-Doppelvergasern „gedopt“. Fürs Erste war Hannes glücklich, aber noch nicht zufrieden: „Ich wollte unbedingt einen Golf GTI aus dem Jahr 1976 – mit den kleinen Rückleuchten!“

Wer sucht, der findet endlich. So veräußerte Hannes seinen umgebauten 83er GTI und kaufte ein 1976er Modell in sehr gutem Zustand. Das war 2013. Seitdem hat der Wagen mehrere Umbauphasen hinter sich und so gut wie gar nichts erinnert mehr an den Seriengolf von einst.

260 PS im gedopten G60

Den größten Anteil daran hält der Motor. Ursprünglich in einem Golf 2 beheimatet, verpflanzte Hannes den 1,8-Liter-G60 in das Triebwerksabteil seines GTI. Doch zuvor kreiste der große Werkzeugkasten über dem Vierzylinder. Das Aggregat erfuhr eine grundlegende Überarbeitung mit Kolben und Pleueln von Wössner. Der Kopf wurde geplant, eine verschärfte Schrick-Nockenwelle gibt den Takt vor. Dermaßen modifiziert und dank 0,8 bar Ladedruck bringt es der Motor jetzt auf rund 260 PS, die an den verstärkten Antriebswellen und dem modifizierten Getriebe zerren. Ein zusätzlicher Ölkühler hält den Schmierstoff stets im grünen Bereich, die abgespeckte Schwungscheibe sorgt für gestiegene Hochdrehfreude.

Dieser Golf ist bei Bedarf nicht nur verflixt schnell, er stoppt auch sehr bissig, was an den Seat Ibiza Cupra-Bremsscheiben liegt, die von Audi S2-Sätteln in den Schwitzkasten genommen werden. Fahrwerksseitig vertraut Hannes auf ein Gewinde von KW in der „gepfefferten“ Variante 3 inklusive verstellbarer Domlager.

160 Millimeter statische Tieferlegung

Es ermöglicht eine fast schon unverschämte Tieferlegung von rund 160 Millimetern. Den Kontakt zur Straße stellen 17-Zöller von Nankang her. Sie dienen den glamourösen BBS E50-Magnesium-Mehrteilern als Auflage. Sechs Zoll messen die Rennsportfelgen an der Vorderachse, hinten sind sie ein halbes Zoll breiter.

Die außergewöhnlich gute Substanz nutzte Hannes, um möglichst wenig an der Karosserie zu verändern. So ganz die Finger davon lassen konnte er am Ende doch nicht, was als Resultat gecleante Abschleppösen zur Folge hatte, sowie behutsam angepasste Radläufe. Rückleuchten ohne Rückfahrscheinwerfer zieren das Heck, der Lack erfuhr eine Auffrischung in einem neuen Auftrag der Originalfarbe „Harvest Moon Beige“.

Post-Golf-Interieur

Im Innenraum tobte sich Hannes noch ein wenig aus. Das Interieur eines Post-Golf verströmt das originale Flair der 1970er Jahre. Auch das Radio scheint in die Jahre gekommen, doch das ist nur auf den ersten Blick der Fall: Hinter der Retro-Fassade verbirgt sich moderne MP3-Technik. So ist das auch unter der Haube. Und während aufgeladene Benzinmotoren heutzutage nichts aufregend neues sind, galten sie seinerzeit noch als Exoten. Das erste Zusammentreffen mit ihnen war für viele von uns ebenfalls ein prägender Moment im Leben.

Technical Facts

VW Golf 1 GTI G60

Baujahr: 1976

Karosserie: Abschleppösen gecleant, Radläufe bearbeitet, Rückleuchten ohne Rückfahrscheinwerfer, Neulackierung in Harvest Moon Beige

Motor: 1,8-Liter-Vierzylinder G60, Kennbuchstabe „PG“, Pleuel und Kolben von Wössner, Schrick- 272-Grad-Nockenwelle, Kopf geplant, erleichterter Schwung, Zusatz-Ölkühler, verstärkte Benzinpumpe, Eigenbau-Auspuff, Leistung ca. 260 PS bei 0,8 bar Ladedruck

Kraftübertragung: Getriebe verstärkt

Fahrwerk: gepfeffert.com by KW V3 Gewindefahrwerk mit verstellbaren Domlagern, ca. 160 mm Tieferlegung

Rad/Reifen: BBS E50-Rennsportfelgen mit Magnesium-Sternen, VA 6×17 Zoll ET63, HA 6,5×17 Zoll ET68, 25/40 -mm-Adapterscheiben, Nankang-Bereifung in 165/35R17

Bremsen: Seat Ibiza Cupra R-Bremsscheiben mit Audi S2-Sätteln vorne, hinten GTI-Bremsanlage

Innenraum: Umbau auf braune Post-Golf Innenausstattung, Spucknapf-Lenkrad, Tittentacho, Retro-Look Radio mit MP3 und CD

Dank an: gepfeffert.at/Tirol, Markus Zach, Andy Pfeffer, Felgen Renninger, Auto Pirker Lainach, Alois Forstenlechner, Pascal Steiner, Patrick Engeler, Daniel Obererlachner, Freundin Christina

Text und Fotos: Igor Vucinic