Vor 50 Jahren: der Triumph der Roten Sau

Motorsport, 50 Jahre „Rote Sau“ / Sonderedition „50 Years Legend of Spa“

Motorsport, 50 Jahre „Rote Sau“ / Sonderedition „50 Years Legend of Spa“

Jemanden oder etwas als „Sau“ zu bezeichnen, ist in aller Regel nicht als Kompliment gemeint. Eine der wenigen Ausnahmen von dieser Regel bildet der legendäre Mercedes-Benz 300 SEL 6.8 AMG-Rennwagen, welcher am 24./25. Juli 1971 den Klassensieg sowie einen zweiten Platz im Gesamtklassement beim traditionsreichen 24-Stunden-Rennen von Spa Franchorchamps einfuhr. Jener Bolide nämlich wird von Kennern der Mercedes-Benz-Rennsport-Historie gemeinhin nur „Rote Sau“ genannt – und das ist dann durchaus liebevoll und keineswegs despektierlich gemeint. In diesen Wochen jährt sich der triumphale Überraschungscoup des AMG-Rennwagens zum 50. Mal. Grund genug, Rückschau zu halten…

Am Steuer der Roten Sau waren es damals die Rennfahrerlegenden Hans Heyer und Clemens Schickentanz, die den schweren Boliden durch die berüchtigte „Eau Rouge“-Kurve sowie über die lange „Kemmel“-Gerade der Ardennen-Achterbahn prügelten. Die Rote Sau gilt auch als maßgeblicher Durchbruch der heutigen Daimler-Tochtergesellschaft Mercedes-AMG, wurde der erfolgreiche Rennwagen doch von Hans-Werner Aufrecht und Erhard Melcher im schwäbischen Großaspach aufgebaut und eingesetzt. Kenner wissen, dass deren jeweilige Anfangsbuchstaben zu „AMG“ verkürzt wurden: Aufrecht, Melcher, Großaspach.

AMG-Keimzelle mit überlegener Power

Dabei nahm sich die von AMG insbesondere hinsichtlich ihres Motors und Fahrwerks umfassend für den Langstrecken-Renneinsatz vorbereitete S-Klasse-Limousine innerhalb des rund 80 Renntourenwagen umfassenden Starterfeld optisch zunächst aus wie ein schwerfälliger Dickhäuter inmitten von leichtfüßigen Gazellen. Zum Vergleich: Den Gesamtsieg fuhr damals ein Ford Capri RS 2600 ein, auf den Plätzen drei bis fünf platzierten sich leichte Alfa Romeo 2000 GTAm-Zweitürer und dahinter kamen auf den Rängen sechs und sieben BMW 2800 CS-Coupés ins Ziel. Das Erfolgsrezept des die junge AMG-Mannschaft schlagartig ins Rampenlicht der großen Motorsport-Bühne katapultierenden 300 SEL 6.8 gegenüber dieser Meute: schiere Power! 428 PS und 620 Nm aus dem auf 6,8 Liter aufgebohrtem Hubraum bescherten der Roten Sau eine Höchstgeschwindigkeit von 265 km/h nachdem sich das 1.635 Kilogramm auf die Waage bringende Großkaliber-Geschoss innerhalb von 6,1 Sekunden auf 100 km/h beschleunigt hatte. Und der alte Kurs von Spa-Franchorchamps kam dem Konzept der Roten Sau entgegen: Auf der 14,863 Kilometer langen Runde waren viele langen Vollgas-Geraden enthalten, auf welchen der AMG-Rennwagen seine Kraft ausspielen konnte.

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Insider wissen jedoch: Ohne kompromisslose Zuverlässigkeit geht bei einem 24-Stunden-Rennen nichts, selbst wenn der Speed noch so überlegen ist. Und so trug auch sein Uhrwerk-gleiche Verlässlichkeit maßgeblich zum historischen Triumph des AMG-Rennwagens bei: Während weite Teile des Starterfelds – darunter auch ganze Werksmannschaften – der Reihe nach die Flaggen streichen mussten, raste die Achtzylinder-Limousine zuverlässig durch die Nacht. Nachdem von rund 80 angetreteten Rennwagen im Morgengrauen noch 23 übrig waren, fuhren am Nachmittag schließlich nur noch 18 über die Ziellinie.

One of One-Sonderserie: 50 Years Legend of Spa

Als Hommage an den historischen Erfolg der Roten Sau, welche druchaus als Keimzelle der AMG-Erfolgsgeschichte bezeichnet werden darf, lancierte Mercedes-AMG Motorsport nun die Sonderedition „50 Years Legend of Spa“, welche alle drei seit 2010 bislang angebotenen Generationen von GT3-Rennwagen umfasst: einen Mercedes-Benz SLS AMG GT3, einen Mercedes-AMG GT3 (Modelljahr 2016) und einen aktuellen Mercedes-AMG GT3.

Maximale Exklusivität garantiert die Limitierung der Stückzahl auf jeweils nur genau EINEN Neuwagen. Richtig gelesen: Neuwagen! Denn obwohl beispielsweise der SLS AMG GT3 seit 2015 nicht mehr gefertigt wird, wurde das Exemplar der Sonderedition auf Basis der letzten und einzigen noch verfügbaren Rohkarosse dieses Modells aufgebaut.

Erstmals zu sehen waren die drei Unikate, welche selbstverständlich das ikonische Design der Roten Sau von 1971 tragen und über weitere exklusive Eigenschaften und Ausstattungen verfügen, im vergangenen Juli bei der diesjährigen Ausgabe des Langstrecken-Klassikers von Spa-Francorchamps. Durch den Verzicht auf einen Air-Restriktor darf AMGs 6,3-Liter-V8-Saugmotor seine Power in den „50 Years Legend of Spa“-GT3-Fahrzeugen voll entfalten, kommt auf bis zu 650 PS. Die rennbereiten Autos werden ohne FIA-Homologation ausgeliefert.

Zu ihren Interieur-Merkmalen gehört unter anderem eine Lackierung in Graphite Metallic Matt und eine in Sichtcarbon ausgeführte Instrumententafel samt Jubiläums-Plakette mit der Original-Unterschrift des AMG-Gründers Hans Werner Aufrecht. Die Verkaufspreise der Fahrzeuge liegen zwischen 500.000 und 650.000 Euro netto.

Übrigens: Noch bis zum 19. September wird eine detaillierte Rekonstruktion der Roten Sau im Atrium des Mercedes-Benz Museums in Stuttgart zu sehen sein. Ein Besuch der heiligen Stern-Hallen lohnt sich bis dahin also umso mehr.