Tiefer Ovali von den Jungferninseln

VW Ovali-Käfer von den Jungferninseln

VW Ovali-Käfer von den Jungferninseln

Die Jungferninseln, im Englischen Virgin Islands, sind wohl nicht unbedingt der offensichtlichste Ort, an dem man erwarten würde, einen kompromisslos tiefergelegten und extrem leistungsstarken Ovali-Käfer anzutreffen. Die gut 1.600 Kilometer von der Küste Miamis entfernte Inselgruppe ist zwischen den USA und Großbritannien aufgeteilt. Aufgrund der historischen Verbindung zum Vereinigten Königreich sind die amerikanischen Jungferninseln das einzige Territorium unter US-Verwaltung, in dem Linksverkehr herrscht. Dennoch sind – aufgrund der Importe nordamerikanischer Fahrzeuge – vor Ort fast alle Pkw linksgelenkt.

Dies gilt auch für den hier vorgestellten Wagen – Jimez „Boogie“ Ashbys Käfer von 1953. Angesichts der Tatsache, dass luftgekühlte Volkswagen vor Ort eben sehr selten sind, dürfte klar sein, dass der Wagen dort in der Karibik ein echter Hingucker ist, nach dem sich viele für einen zweiten Blick umdrehen.

Aufgebaut von einem US-Lufti-Guru

Dabei betont Boogie stets schnell, dass sein Auto von Dave „Pip“ Pipoly erschaffen wurde, einem der angesagtesten US-amerikanischen Bauer von Custom-VWs der vergangenen Jahre. Er ist seit den 1980er Jahren in der Szene aktiv und zeichnete für diverse erstklassige Projekte verantwortlich. Ab 2008 präsentierte er seine jeweils neusten Umbauten öffentlichkeitswirksam im Rahmen der VW Classics in Kalifornien, gemeinsam mit seinem im selben Jahr gegründeten Club „Der Blitzkrieg Käfers“. Getrieben durch die Lufti-Leidenschaft eröffnete Pip seine knapp 300 Quadratmeter große Werkstatt „The Compound“ nahe Los Angeles, in der er jeden Tag mit seinen nicht minder begabten Freunden Mike Davis und Bob Lacoste schraubt. Während er regelmäßig auch mit Hingabe an serienmäßigen Oldies arbeitet, sind das wahre Steckenpferd Custom-Projekte. Er entwickelte sogar schon einen eigenen Style mit Wiedererkennungswert. Die Kreationen zeigen eine überschaubare Zahl an Accessories, sind stets tief und ihre Motoren präsentieren sich minimalistisch und clean. Der dezent zurückhaltende Look setzt sich im Innenraum fort, wo Pip auf ähnliche Farben setzt wie am jeweiligen Exterieur.

Doch zurück zum eigentlichen Thema, Jimez‘ wundervoll detailreichem Ovali, den Pip vom Lufti-Guru Lloyd Kee aus North Carolina kaufte. Seinerzeit war die Karosserie bereits restauriert und in L11 Pastellgrün lackiert, viele Bauteile von den Fenstern bis zu Sonnenverdeck waren aber noch einzeln in Kisten verpackt, womit der Wagen sich als Basis für einen Custom-Umbau regelrecht aufdrängte. Als er schließlich bei „The Compound“ angekommen war, wurde er alsbald endgültig komplett zerlegt, denn das Team wollte penibel genau jedes einzelne Teil veredeln. Mark Hunter aus Huntington Beach installierte neuen Bodenblechen und lackierte sie inklusive des gesamten Chassis schwarz. Die einstellbare Custom-Vorderachse wurde um sechs Zoll verschmälert und zudem kamen die Federbeindome abhanden – tatsächlich vertraut Pip beim Fahrwerk hier ausschließlich auf die Drehstäbe. Sicherlich eine unübliche Entscheidung, aber man muss gestehen: Das Auto fährt sehr ordentlich und weniger „schaukelig“ als man erwartet – schließlich sind auch die Drehstäbe um sechs Zoll gekürzt, wodurch die Federung straffer wird. Weiteren liebevolle Veredlungen am Fahrzeugunterbau sind beispielsweise verchromte Spurstangen, polierte Längslenker und Aluminiumhalter für die Lenkungsdämpfer und die Kraftstoffpumpe.

Modifizierte Fuchs-Style-Felgen

Das Pro Street Plus-Viergang-Getriebe fertigte Shan von Rancho Transaxles an: Es ist ebenfalls mit diversen – teils verchromten – Details individualisiert und herausgeputzt. Als nächstes erhielt der Käfer Sway-A-Way-Federblätter sowie rundum standfeste Old Speed-Scheibenbremsanlagen mit Wilwood-Sätteln in Wagenfarbe. Besonders wichtig ist den Jungs von The Compound eine tolle Stance und das ist ihnen in diesem Fall zweifellos gelungen: Zum einen liegt die Front etwas tiefer als das Heck, was nicht zuletzt durch die recht ungleiche Reifenkombination von vorne 165/40R17 und 225/55R17 kommt und für eine dezente Keilform sorgt. Zum anderen steht der Ovali auf einem coolen und einzigartigen Radsatz: Pip wählte als Basis 7×17-zöllige Empi-Felgen im Porsche-Fuchs-Style, die er vorne auf 4,75 Zoll und hinten auf 6 Zoll Breite verschmälerte, und mit einem Finish in Wagenfarbe versah, wobei einige Bereiche jedoch hochglanzpoliert in der Sonne funkeln.

Custom-Boxer mit 2,3 Litern

Für ordentlichen Vortrieb sorgt zu unterdessen der im Heck verbaute 2.332-ccm-Motor mit niedriger Verdichtung von 8,0:1, welcher von Old Speed aufgebaut wurde. Zu seinen zahlreichen Highlights gehören die Engle FK-8-Nockenwelle, die CB 044-Zylinderköpfe, ein AA-Edelstahl-Abgasanlage, ein 36-PS-Style-Lufter von Scat und die unauffälligen Gasgestänge, die ebenso von JayCee stammen wie die auf den Weber 48 IDA-Vergasern platzierten Trichter. Zu der sauberen und reduzierten Optik des Aggregats tragen des Weiteren die Don Zig Magneto-Zündanlage und die dank eines passenden MST-Halters um 90 Grad gedrehte, hochglanzpolierte Lichtmaschine bei, wodurch deren Verkabelung versteckt verbaut werden konnte.

Der Zusammenbau startet

Stück für Stück näherte sich der VW nun langsam aber sicher seiner Fertigstellung: So legte Mark Hunter, der für die Aufbereitung und Detailarbeiten der Karosserie und Co. fast aller „The Compound“-Projektfahrzeugen verantwortlich zeichnet, nochmals Hand an dem Auto an und erledigte einige Verbesserungen der Karosserie und lackierte das Lüftergehäuse sowie weitere Teile des Motors in Wagenfarbe. Danach konnten Pip, Mike und Bob schließlich mit dem Wiederzusammenbau beginnen – es hieß, den Motor, die Fenster, das Sonnen-Faltdach, einen neuen Kabelbaum und vieles Weiteres zu installieren.

Aufgehübschter Innenraum

Für das letzte Kapitel kam schließlich Pips Freund Manuel ins Spiel, der die Sattlerarbeiten des Innenraums durchführte. Die auf von Mark Hunter restaurierten und lackierten Gestellen montierten Sitze und Tür- beziehungsweise Seitenverkleidungen bekamen – passend zur Lackierung des VWs – neue Bezüge mit grünem Vinylstoff. Die klassischen Webteppiche, an Mittelkonsole und Co. zu finden sind, lieferten die Spezialisten von West Coast Classic Restauration in Fullerton. Der Haltegriff am Armaturenbrett sowie der kleine Griff am Handschuhfach sind unterdessen einzelangefertigte Stücke von Pip und seinem Team. Und wie kam es jetzt eigentlich zum Verkauf auf die Jungferninseln? Boogie entdeckte den Käfer wie es in der heutigen, digitalen Welt so ist online über Instagram und war auf Anhieb begeistert. So suchte er den Kontakt zu Pip und die beiden trafen sich schließlich im Rahmen der VW Classic Weeks und brachten den Deal in trockene Tücher. Kurz darauf trat der VW seine lange Reise in die Karibik an. Dort genießt Jimez den Wagen nicht nur ausgiebig, sondern arbeitet auch emsig an einer Verbreitung der Lufti-Leidenschaft in der örtlichen Auto-Szene – im Rahmen seines kleinen aber umso enthusiastischeren Club „Der Luftkühlers“.

Technische Daten

Fahrzeugtyp: VW Export

Baujahr: 1953

Karosserie: verschiedene Restaurationsarbeiten, Neulackierung in L11 Pastellgrün

Motor: 2,3-Liter-Vierzylinder-Boxermotor von Old Speed, VW Typ 1-Magneisum-Block, Verdichtungsverhältnis von 8,0:1, Engle FK-8-Nockenwelle, geportete und polierte CB 044-Zylinderköpfe, 42×37 mm messende Edestahl-Ventile, Autocraft-Kipphebel, 84-mm-Kurbelwelle, geschmiedete 5,5-Zoll-H-Shaft-Pleuel von Scat, 94-mm-Cima-Kolben, Weber 48 IDA-Vergaser mit JayCee-Trichtern, JayCee-Einlasskrümmer, AA-Edelstahl-Abgasanlage, 30-mm-Gene Berg-Ölpumpe, JayCee-Ölfilter, Scat-36-PS-Style-Lüfter, Don Zig Magneto-Zündanlage

Kraftübertragung: manuelles Rancho Pro Street Plus-Viergang-Getriebe, Kennedy Stage 2-Kupplung

Fahrwerk: Drehstab-Federung (VA keine Dämpfer, HA modifizierte Empi-Dämpfer), Vorderachsen um sechs Zoll verschmälert, Sway-A-Way-Federblätter

Rad/Reifen: Empi-Felgen im Porsche Fuchs-Style in 4,75×17 und 6×17 Zoll (jeweils verschmälert von ursprünglich 7×17 Zoll), Bereifung in 165/40R17 und 225/55R17, Lackierung in Wagenfarbe und teilweise hochglanzpolierte Bereiche

Bremsen: Old Speed-Scheibenbremsanlage mit Wilwood-Sätteln in Wagenfarbe

Innenraum: dunkelgrüne Vinyl-Bezüge für Sitze und Tür-/Seitenverkleidungen, restaurierte und neu lackierte Sitzgestelle, restauriertes Original-Lenkrad, Gene-Berg-Schalthebel, Custom-Griff am Armaturenbrett, Custom-Handschuhfach-Griff, grüne Webteppiche von West Coast Classic Restoration