Schwedischer E30-Driftstar
Die Schweden sind ein wahrlich auto- und motorsportbegeistertes Volk. Dies bewies nicht nur beispielsweise schon das Mercedes CLK-Driftcar, das wir in Ausgabe 3/18 präsentierten, sondern stellen zudem diverse einschlägige Veranstaltungen wie die über die Grenzen der nordeuropäischen Länder bekannten Gatebil-Events oder auch die Bilsport Performance & Custom Car Show unter Beweis. Einen Einblick in die 2018er Auflage der letztgenannten haben wir in Heft 2/18 gegeben. Nun folgt auf diesen Seiten schon das nächste Highlight aus Schweden.
Es handelt sich erneut um ein für Drifteinsätze aufgebautes Fahrzeug, wobei als Basis in diesem Fall wohl eines der dafür prädestiniertesten und am häufigsten genutzten Modelle diente: der BMW Dreier der Baureihe E30. Den Aufbau des Wagens startete sein Besitzer Fredrik Larsson im Oktober 2018, nachdem er gerade seinen alten E30-Drifter in Einzelteilen verkauft hatte. Der in Örebro beheimatete Schwede wollte auf Grundlage der zweitürigen 89er Limousine dieses Mal ein Kunstwerk auf seine ganz eigenen Art bauen. Und so ließ er sich unter anderem etwas ganz Besonderes im Hinblick auf das Aggregat unter der Haube einfallen.
M50 mit 820 PS am Rad
Schließlich war Fredrik der Meinung, dass es zu viele E30 gibt, die einfach nur einen „ganz normalen“ Motortausch auf den eigentlich im E34 Fünfer und im E36 Dreier eingesetzten M50-Reihensechszylinder besitzen. Verzichten wollte er auf das Aggregat dabei aber trotzdem nicht: Und so entschied er sich, den anderer Lage als üblich einzubauen, statt um 20 Grad gekippt komplett gerade. Dies führte natürlich nicht zuletzt zu einigen individuellen Modifikationen, so fertigte Fredrik beispielsweise die Motorhalter, den Ölsumpf sowie das Ausaugrohr und den Abgaskrümmer – an den sich übrigens eine Sidepipe-Auspuffanlage anschließt – in Eigenbau an. Und selbstverständlich erhielt der M50 auch im Übrigen eine tiefgreifende Optimierung. Herzstücke sind dabei die Hubraumvergrößerung auf 2,8 Liter und der BorgWarner S369-Turbolader, wobei für die Ladedruckregelung zwei TiAL-Wastegates zuständig sind. Darüber hinaus erhielt das Aggregat geschmiedete Pleuel und Kolben, Incole-Ventile, neue Nockenwellen und 2200cc-Einspritzdüsen von Bosch. Aus dem selben Hause kommen ferner die drei Benzinpumpen, während das softwareseitige Management des Kraftwerks ein MaxxECU-Steuergerät übernimmt. Unter dem Strich stehen satte 820 PS am Rad und 1.048 Nm Drehmoment, was jeweils mehr als eine Vervierfachung im Vergleich zu den Werten der serienmäßigen, 2,5 Liter großen M50-Variante entspricht.
Spezielle Fahrwerkskonstruktion fürs Drifting
In Bezug auf die sonstigen technischen Komponenten blieb gleichfalls kaum ein Stein auf dem anderen. So verfügt der BMW beispielsweise über eine driftspezifische Voderachskonstuktion von Wisefab. Die Hinterachse stammt unterdessen nach wie vor vom E30, ist jedoch mit einer Differentialsperre vom Alpina B7 kombiniert. Zudem zeichnet sich der das Fahrwerk durch XYZ-Gewindefederbeine aus. Standfeste Stopper installierte Fredrik in Form von Locco BRX-Sechs-Kolben-Sätteln, die auf großen 320-Millimeter-Scheiben montiert sind. Und natürlich gibt es ergänzend eine hydraulische Handbremse, um den Münchener Zweitürer noch einfacher zur Quertreiberei zu verleiten. Die Kraftübertragung übernimmt ein Fünfgang-Handschaltgetriebe von ZF aus einem BMW 330d.
Komplette Neulackierung
Doch nicht nur technisch, sondern ebenso optisch macht der BMW einiges her. Er erhielt durch Viktor Mårtensson, einen Werkstattkollegen von Fredrik einen kompletten Breitbau-Bodykit aus Fiberglas. Dieser lässt den ab Werk nach heutigen Maßstäben recht zierlich auftretenden E30 ausgesprochen stämmig und muskulös auftreten und bietet dabei auch reichlich Platz für breite Rad/Reifen-Kombinationen: So betragen die Dimensionen der an den Achsen montierten 59 North D-003-Leichtmetallfelgen im klassischen Y-Speichen-Design an der Front 8,5×18 Zoll und am Heck sogar 11×18 Zoll. Mit ihrem leuchtenden Finish in Hypergold setzen die Räder einen tollen Kontrast zu der neuen Lackierung der Karosserie in der BMW Individual-Farbe Atlantis Blue. Weitere optische Merkmale sind die Schnellverschlüsse an den Motor- und Heckklappen, die Angel Eyes-Leuchtringe am Bug und die abgedunkelten Rückleuchten.
Reduziertes Racing-Interieur
Highlight im konsequent abgespeckten und vereinfachten Innenraum ist zweifellos die in Wagenfarbe lackierte Sicherheitszelle. Sie war nicht nur der erste Umbau, den der BMW erhielt, zudem baute Fredrik sie ebenfalls komplett in Eigenregie – für ihn als Schweißer natürlich kein Problem. Ein weitere Hingucker ist das Armaturenbrett aus dem Dreier der Baureihe F31. Dieses ist kombiniert mit einer übersichtlich gestalteten und klar beschrifteten Custom-Mittelkonsole mit lediglich sechs Kippschaltern und einem roten Startknopf. Während rasanter Fahrten über den Drifttrack, wie beispielsweise beim Gatebil-Event im Juli am Rudskogen Motorsenter im norwegischen Rakkestad, sitzen Fredrik und sein etwaiger Co-Pilot durch Takata-Sechs-Punkt-Gurte fest verzurrt in Sparco-Rennsitzen. Lenkbefehlen werden über ein tief geschüsseltes OMP-Volant mit gelber 12-Uhr-Markierung getätigt. Hinter dem Fahrer ist an einer Käfig-Verstrebungen eine Flasche für die installierte Lachgas-Einspritzung installiert, die bei Bedarf für den nötigen Extra-Kick sorgt. So bleiben wahrlich keine Wünsche mehr offen …
Technical Facts
Fahrzeugtyp: BMW E30 (1989)
Motor: M50-Reihensechszylinder-Ottomotor, Hubraumvergrößerung, BorgWarner S369 (9180)-Turbolader, zwei TiAL-38-mm-Wastegate-Ventile, Bosch-2200cc-Einspritzdüsen, drei Bosch 0.44-Benzinpumpen, geschmiedete Pleuel und Kolben, rostfreie Inconel-Ventile, zwei Einlass-Nockenwellen, Lachgas-Einspritzung, MaxxECU-Motorsteuergerät, Eigenbau-Saugrohr, Eigenbau-Ölsumpf, Eigenbau-Motorhalter, Eigenbau-Abgaskrümmer, Sidepipe-Abgasanlage
Hubraum: 2,8 Liter
Leistung: 603 kW / 820 PS am Rad
max. Drehmoment: 1.048 Nm
Kraftübertragung: manuelles 5-Gang-Schaltgetriebe (ZF GS5-39DZ) vom BMW E46 330d
Fahrwerk: Wisefab-Vorderachskonstruktion, BMW E30-Hinterachse mit Sperrdifferential vom Alpina B7, XYZ-Gewindefederbeine
Rad/Reifen: 59 North Wheels D-003-Leichtmetallräder in 8,5×18 und 11×18 Zoll mit Bereifung in 225/40R18 und 265/35R18, Finish in Hypergold
Bremsen: 320-mm-Scheiben, Locco BRX-6-Kolben-Sättel, hydraulische Handbremse
Karosserie: kompletter Glasfaser-Breitbau-Bodykit, Custom-Rammbügel, Motorhaube und Heckklappe mit Schnellverschlüssen, Angel Eyes-Standlichtringe, getönte Rückleuchten, Abschleppschlaufen an Front und Heck, Lackierung in BMW Individual-Farbton Atlantis Blue
Innenraum: Armaturenbrett vom F31, Eigenbau-Mittelkonsole, geschüsseltes OMP-Motorsport-Lenkrad, Sparco-Rennsitze, Takata-6-Punkt-Gurte, eingeschweißte Eigenbau-Sicherheitszelle in Wagefarbe, Lachgas-Flasche
