Samba Carrera: 911-Boxer im T1

VW Bus T1 Samba von der Reifenscheune

Ladies and Gentleman, auf diesen Seiten zeigen wir Ihnen nicht weniger als den „Best of Show“-Titelträger unseres letztjährigen WOB Klassik Days im Stöffel-Park / Westerwald. Von allen angereisten Fahrzeugen beeindruckte uns der hier präsentierte Bus am meisten. Warum? Was ist an diesem patinierten 1958er T1 so besonders? Eigentlich sieht er doch ganz normal aus. Und genau hier liegt der Hase im Pfeffer. Denn trotz seiner achtsam bewahrten optischen Schlichtheit ist an diesem Samba praktisch alles „besonders“…

Moment: Samba-Bus?! Bevor nun Einwände laut werden, dass dieses unumstrittene Juwel unter den T1-Bullis doch acht markante Dachfenster und ein großes Golde-Faltschiebedach habe: ja, richtig. Meistens. Jedoch konnten diese Ausstattungsmerkmale mit der Option M130 abgewählt werden, sodass neben den bekanntesten Insignien nur noch die zusätzlichen Fenster hinten sowie die gewölbte Heck-Seitenfenster den Samba verraten. Dass der T1 so nun allerdings nicht über die klassischen 23, sondern „nur“ über 15 Fenster verfügt, macht ihn nicht weniger wertvoll – ganz im Gegenteil: 15-Fenster-Sambas sind, wie man sich an dieser Stelle zweifellos denken kann, extrem selten und entsprechend hochpreisig. Wer kommt also auf die Idee, eine Oldtimer-Preziose in derart seltener Konfiguration so umfangreich und praktisch irreversibel umzubauen. Christoph Filla aus dem in der Südpfalz gelegenen Hagenbach kommt auf so eine Idee. Und der 47-jährige Inhaber der dort angesiedelten „Reifenscheune“ weiß genau, was er tut – schließlich hat der passionierte Lufti-Schrauber bereits knapp zwei Dutzend Busse um- und aufgebaut.


Diese schönen Fotos vom Reifenscheune-T1 entstanden bei unserem WOB Klassik Day im vergangenen Jahr. Die zweite Ausgabe unseres großen Treffens für alle luft- und wassergekülten VW-, Porsche- und Audi-Oldies findet am 14. Mai 2023 wieder im Stöffel-Park /Westerwald (Rheinland-Pfalz) statt. Habt Ihr Euch schon Euer Ticket gesichert? Eintrittskarten gelten pro Fahrzeug inkl. bis zu 5 Insassen. Tickets gibt es bei uns im Shop unter: www.tuning-couture.de

WOB Klassik Day 2023


Nachdem sich die Kids des Familienvaters auf längeren Touren allerdings wiederholt über die mangelnde Aussicht aus dem bis dahin als Family-Cruiser in Dienst gestellten T2-Kastenwagen beschwerten, beschloss Christoph, dass es Zeit für etwas mit mehr Fenstern würde. Er machte sich also auf die Suche nach einer geeigneten Basis und fand den 1958 im sonnigen US-Bundesstaat Texas erstausgelieferten Samba. Beziehungsweise: dessen äußeres Skelett. Denn bei der substanziell außergewöhnlich gut erhaltenen Karosserie handelte sich um ein abgebrochenes Restaurationsprojekt, dessen Vorbesitzer bereits einige für den weiteren Verlauf entscheidende Schritte unternommen hatte, bevor er das Handtuch warf.

So war beispielsweise das Maschinendeck bereits für den Einzug eines Porsche-Sechszylinders vorbereitet. Christoph nahm diesen Faden dankend auf. Dabei setzte er mit tatkräftigem Support seines Kumpels Anton Stumpp von Cult Classics Süd allerdings nicht „irgendeinen“ Sechsender ins T1-Heck ein: Cult Classics revidierte den aus dem Porsche 964 Carrera stammenden 3,6-Liter-Boxermotor nicht nur aufwändig, sondern warf auch gleich dessen angestammte Einspritzanlage über Bord. Um dem Oldschool-Charakter des Sambas gerecht zu werden nämlich, wurde die Einspritzung durch mächtige Weber 48 IDA-Dreifachvergaser ersetzt. In Kombination mit einer, 123-Porsche-Doppelzündanlage samt frei programmierbaren Zündverteilers warten so nun rund 280 PS nur darauf, den Bus gleichermaßen druck- und stilvoll zu beschleunigen – untermalt von sattem Bollern aus der samt Fächerkrümmern mit „direktem“ Abgasstrom selbst angefertigten Auspuffanlage. Diese Leistung steht einem fahrfertigen Leergewicht von rund 1.100 Kilogramm gegenüber, sodass sich ein Leistungsgewicht von 4,1 kg/PS ergibt. Aha. Soso. Um dieser Zahl etwas „Leben“ zu geben: Damit liegt der Reifenscheune-Samba exakt gleichauf mit einem aktuellen Porsche 992 Carrera (385 PS / 1.580 kg) und man kann sich vorstellen, wie vehement der nach vorne marschiert. Wenn Christoph das rechte Pedal gen Bodenblech drückt, ist dementsprechend fleißige Schaltarbeit mit dem kurz übersetzten Porsche 915-Getriebe aus einem späten F-Elfer gefragt.

Die Höchstgeschwindigkeit hat Christoph nach eigenem Bekunden noch nie „ermittelt“, sie ist allerdings auch reichlich unerheblich: Schnelle Autobahn-Etappen sind ohnehin nicht das Metier des Porsche-Busses – trotz seiner umfangreichen Fahrwerksmodifikationen, welche das Fahrverhalten des 55 Jahre alten VWs ein gutes Stück zeitgemäßer machen und gleichzeitig für eine Tieferlegung um 30 Zentimeter sorgen. Richtig gelesen: Wir sprechen hier nicht von den bei aktuellen Fahrzeugmodellen durch die Installation von Tieferlegungsfedern üblichen 30 Millimetern, sondern tatsächlich von Zentimetern! Dazu kommen vorne eine um vier Zoll gekürzte Dog Back-Achse sowie Tieferlegungsachsschenkel zum Einsatz. Hinten warf Christoph die Drehstäbe heraus und kombinierte eine sonderangefertigte Schräglenker-Achse mit Uniball-Achsführungen von MBT sowie Spax-Federbeinen. Richtungsvorgaben werden via einer Zahnstangenlenkung umgesetzt. Hinter den Rädern warten Scheibenbremsen von CSP und Kerscher auf ihren Einsatz.
Apropos Räder: In den Radhäusern drehen sich Maxlite-Alufelgen, die Christoph trotz der hohen Antriebsleistung bewusst dezent dimensionierte. Vorne wählte er die Fuchs-Styling-Räder in 6,5×15 Zoll und hinten in 7,0×15 Zoll. Aufgezogen wurden Toyo Proxes R888-Semlislicks 165/50R15 und 195/55R15. Selbige sind dann aber äußerlich auch praktisch schon der einzige Hinweis auf den Motorumbau: Zusätzliche Luftschlitze oder gar Hutzen sucht man vergeblich, das Exterieur ist praktisch komplett serienmäßig. Selbst die Patina der in Siegellackrot und Beigegrau lackierten Karosserie ist zu rund 60 Prozent original, beim Rest wurde etwas „nachgeholfen“.

Rechtzeitig vor unserem WOB Klassik Day im vergangenen September wurde als letztes maßgebliches Kapitel des dreijährigen Neuaufbaus auch der Innenausbau des Sambas vollendet: Die Spezialisten von Kens Customs fertigen für den Bus in ihrer englischen Manufaktur eine komplett neue Ausstattung im Devon-Style, welche in puncto Qualität und Funktionalität über jeden Zweifel erhaben ist. Sowohl die mit kräftigem Stoff bezogenen als auch die hölzernen Schränke und Tische wirken überaus hochwertig und passgenau. Bei Bedarf lässt sich problemlos eine gut nutzbare Liegefläche schaffen – schließlich sind auch eine Whisky-Bar und ein kleiner Kühlschrank an Bord. Das Cockpit selbst hingegen blieb praktisch serienmäßig: Nur genau hinschauende T1-Kenner schmunzelnd die im Original-Look auf 180 km/h erweiterte Tachometer-Skalierung entdecken.

Wer sich den Reifenscheune-Samba einmal live ansehen möchte, der sollte entweder der Reifenscheune in Hagenbach einen Besuch abstatten, oder bei unserem nächsten WOB Klassik Day vorbeischauen: Wir hoffen sehr, dass wir Christoph und seinen Sechszylinder-Samba bei unserem Season Open am 14.05.2023 im Stöffel-Park wieder begrüßen dürfen!

Nähere Infos zur Reifenscheune und zum Samba gibt’s direkt bei:

Hagenbacher Reifenscheune
Friedenstraße 2a
76767 Hagenbach
Telefon: 07273 / 935 157
E-Mail: info@hagenbacher-reifenscheune.de
www.reifenscheune.de

Technical Facts

VW Bus T1 Samba

Baujahr: 1958

Karosserie: Abwahl von Dachfensterscheiben und Faltschiebedach (M130), Rammschutz-Stoßstangen (M175), Lackierung in Siegellackrot / Beigegrau mit echter Patina, Rahmen verstärkt und modifiziert

Motor: luftgekühlter 3,6-Liter-Boxermotor vom Porsche 964 Carrera, Umbau auf Weber 48 IDA-Dreifachvergaser, 123-Porsche-Doppelzündanlage mit frei programmierbarem Zündverteiler, Trockensumpfschmierung, Eigenbau-Auspuff mit Fächerkrümmern, ca. 280 PS

Kraftübertragung: kurzes Porsche 915-Getriebe

Fahrwerk: VA Dog Back BeamAchse (4 Zoll gekürzt), Tieferlegungsachschenkel, HA Schräglenker-Achse (Sonderanfertigung) mit Uniball-Achsführung von MBT und Spax-Federbeine, Zahnstangenlenkung

Rad/Reifen: Maxlite-Alufelgen im Fuchs-Design, 6,5×15 Zoll ET36 und 7×15 Zoll ET47, Toyo Proxes R888-Semlislicks 165/50R15 und 195/55R15

Bremsen: VA CSP-Scheibenbremsen mit Bremskraftverstärker, HA Kerscher-Scheibenbremsen

Innenraum: komplette Devon-Style-Neuausstattung von Kens Customs, Tachometer bis 180 km/h