Moderner Sportwagen im klassischen Outfit
Der scheinbar nicht Enden wollenden Corona-Pandemie fielen in den vergangenen Monaten bekanntlich nahezu alle Treffen und Events der Automobil- und Tuning-Szene beziehungsweise -branche zum Opfer. Darunter waren natürlich auch große Namen wie die Tuning World Bodensee, die Essen Motor Show und die SEMA Show 2020. An dieser Stelle wurde zwar zum Ausgleich das digitale Format SEMA360 ins Leben gerufen, doch dies war zweifellos bei weitem kein gleichwertiger Ersatz sein. Um doch etwas in SEMA-Stimmung zu kommen, wagten wir daher im vergangenen November einen Blick zurück und zeigten in der Print-Ausgabe von Cars & Stripes eines der unzähligen erstklassigen Showcars, die in den letzten Jahren auf der Messe für großes Aufsehen sorgten. Nun bekommt ihr das Schmuckstück auch hier zu sehen: Gestatten, Madam V.
Nicht verpassen: Die brandneue Cars & Stripes Ausgabe 3-2021 erscheint am 28.04. kann aber sofort bequem und versandkostenfrei von zu Hause online bei uns im Shop bestellt werden unter www.tuning-couture.de
Premiere auf der SEMA Show 2016
Die Dame war einer der großen Stars auf der 2016er Ausgabe der SEMA Show, was schon dadurch verdeutlich wird, dass sie es unter die Top 10 beim legendären Battle of the Builders schaffte. Und ihre Erbauer sind dabei natürlich keine Unbekannten, sondern vielmehr die keine geringeren als die Ringbrothers aus Wisconsin. Kenner US-amerikanischer Klassiker sehen schnell, dass dieses Projektfahrzeug das Kleid eines Cadillac Fastback Coupés aus der Nachkriegszeit trägt. Bei genauerer Betrachtung fällt jedoch alsbald auf, dass der äußere Auftritt irgendwie modernisiert daherkommt.
Viel Carbon und große HRE Wheels
Die bei derartigen Fahrzeugen eigentlich obligatorischen, großflächigen Chrom-Zierelemente sucht man nämlich vergebens, stattdessen sind diverse Anbauteile wie die Rahmen des Kühlergrills und der Fenster oder auch die Stoßstangen aus feinem Carbon gefertigt. Komplett neu sind auch die Außenspiegel, welche die Spezialisten von Gentex für die Ringbrothers anfertigten. Wahre Hingucker im aktuellen Doppelspeichen-Look sind auch die Schuhe der Madam V: Es handelt sich um Mehrteiler aus dem Hause HRE Wheels mit klassisch-silbernem Finish: Sie messen an der Vorderachse 8×19 Zoll und am Heck gar 11,5×20 Zoll und sind mit Michelin Pilot Super Sport-Bereifung in 245/45 ZR19 und 325/30 ZR20 bezogen. Ebenfalls das Interesse des Betrachters dürfte die Motorhaube des Cadillacs wecken – und das durchaus zu Recht; mehr als 600 Stunden verbrachten die Ringbrothers alleine mit ihrer Anfertigung: Sie entstand wie beispielsweise auch die hinteren Kotflügel aus Carbon und beinhaltet dabei auch den markanten Luftauslass eines seinerzeit topaktuellen ATS-V.
Einstieg in einen 2016er Cadillac
ATS-V ist ohnehin ein essentielles Stichwort im Zusammenhang mit Madam V, denn tatsächlich spielte der Mittelklasse-Sportler eine weitaus größere Rolle bei ihrem Aufbau, als man bis hierher womöglich denkt. Und so mag man beim Blick in den Innenraum zunächst seinen Augen kaum glauben, denn man hat den Einruck, geradewegs in das Cockpit eines ebenjenen ATS-V zu gucken – vom Armaturenbrett über die Mittelkonsole und diverse weitere Merkmale bis hin zu den Recaro-Sportsitzen ist alles quasi 1:1 übernommen. Und während dieser Umstand Oldtimer-Fans durchaus bis ins Mark erschüttern könnte, so reift hierbei in den Köpfen des Betrachters doch zugleich eine vage Vorstellung der wahrlich meisterhaften Leistung, die von den Ringbrothers beim Aufbau des Wagens tatsächlich erbracht wurde: Tatsächlich „stülpten“ sie nämlich einmal die – wie wir schon wissen, individualisierte –Karosserie eines Fastback Coupés von 1948 über einen modernen ATS-V. Was sich immer so schön und einfach sagt, ist natürlich in Wahrheit alles andere als leicht: Mehr als 7.000 Arbeitsstunden verbrachte das Team tatsächlich mit der Anpassung der zur Fusion auserkorenen Fahrzeuge, zwischen deren Entstehung nahezu 70 Jahre liegen.
Auftrag durch einen Autohandel-Mogul
Und wer kam eigentlich auf diese glorreiche Idee? Denn: Es waren nicht die Ring-Brüder Mike und Jim, sondern vielmehr ihr Kunde Wes Rydell, seines Zeichens des größten Autohandels-Unternehmens in den Vereinigten Staaten mit über 60 Niederlassungen, die sich auf mehr als ein duzend der US-Bundesstaaten verteilen. Dieser liebt nicht nur Neuwagen, sondern genauso eben jenen Cadillac-Klassiker aus den 40er Jahren. Um die Sache etwas zu erleichtern, stellte er den Ringbrothers mit Erteilung des Auftrags jeweils gleich zwei Exemplare der Oldtimer und des ATS-V zur Verfügung. Eine der größten Herausforderungen bei der Vereinigung war die Verlegung des kilometerlangen Kabelbaums in der neuen Karosserie und den Anschluss neuer Komponenten wie der Front- und Heckleuchten und am Ende die Sicherstellung der korrekte Funktionsweise sämtlicher Bauteile und Ausstattungen bis hin zu den Airbags, die bis auf die seitlichen Bags vor den Fenstern komplett übernommen wurden, und sogar dem OnStar-Notfallservices sowie vielem mehr.
Biturbo-V6 mit 470 PS
Wie mittlerweile bereits zu vermuten war, stammt selbstverständlich nicht nur der Innenraum vom ATS-V, sondern quasi auch die komplette technische Basis beziehungsweise der Unterbau: Madam V steht auf einem modifizierten und verlängerten Chassis des modernen Nachfahren. Im Bug sitzt der 3,6 Liter große Biturbo-V6 mit 470 PS und 603 Nm und der Blick in den Motorraum verdeutlich besonders gut, wie sehr die Ringbrothers bei diesem Projekt Wert darauf legten, dass es nicht nach einem Custom-Wagen aussieht, sondern vielmehr einen OEM-Style aufweist, just so, als wäre das Auto in diesem Zustand aus dem Werk gerollt: Manche Abdeckungen im vorderen Teil wurden aus Aluminium angefertigt und eigens speziell behandelt beziehungsweise lackiert, dass sie so aussehen als seien sie aus Plastik – Wahnsinn! Ferner an Bord sind die Achtgang-Automatik, die Brembo-Bremsanlage samt ABS und das gesamte Fahrwerk inklusive der Stabilisatoren des ATS-V. Damit sieht Madam V zwar aus wie ein mittlerweile circa 73 Jahre altes Auto, fährt sich jedoch wirklich komplett wie ein Sportcoupé, das gerade einmal fünf Jahre auf dem Buckel hat …
Weitere Informationen unter:
Cadillac Fastback Coupé
Baujahr: 1948 / 2016
Motor: 3,6-Liter-V6-Ottomotor mit Biturbo-Aufladung vom Cadillac ATS-V, Custom-Edelstahl-Abgasendrohre von Flowmaster, 470 PS / 603 Nm
Kraftübertragung: 8-Stufen-Automatikgetriebe und Antriebswelle vom Cadillac ATS-V, Traktionskontrolle
Fahrwerk: komplettes Fahrwerk samt Stabilisatoren vom Cadillac ATS-V
Rad/Reifen: mehrteilige HRE-Leichtmetallfelgen in 8×19 und 11,5×20 Zoll mit Michelin Pilot Super Sport-Bereifung in 245/45 ZR19 und 325/30 ZR20
Bremsen: OEM-Brembo-Bremsanlage vom Cadillac ATS-V, VA 6-Kolben-Sättel, HA 4-Kolben-Sättel, ABS
Karosserie: Carbon-Motorhaube mit eingearbeitetem Luftauslass von der Cadillac ATS-V-Haube, hintere Zierteile aus Carbon, Stoßstangen aus Carbon, diverse Zierelemente aus Carbon, Custom-Scheinwerfer und -Rückleuchten, Custom-Außenspiegel von Gentex, Lackierung in BASF-Farbe Vivi White
Innenraum: komplette Inneneinrichtung vom vom Cadillac ATS-V samt Instrumenten sowie Klimaanlage Recaro-Sportsitzen etc., Türverkleidungen von Upholstery Unlimited angefertigt
Multimedia: Bose-Soundsystem mit Headunit sowie Lautsprechern und Verstärkern
Sonstiges: modifiziertes und verlängertes Chassis vom Cadillac ATS-V, Fahrzeugbatterie im Kofferraum