W16-Hypercar extrem – der Bugatti Bolide

Bugatti Bolide Experimentalfahrzeug Concept Car Studie Rennwagen W16

What if…?

Bugatti steht seit Jahren für extrem kraftvolle Hypercars, die ihresgleichen suchen und dementsprechend zur absoluten Spitze dessen gehören, was der internationale Automobilbau zu schaffen imstande ist. 2005 debütierte der famose, unvergleichliche 8,0-Liter-W16-Motor der Franzosen mit vierfacher Turboaufladung im Veyron und wird seitdem stetig weiterentwickelt. So treibt er aktuell auch den Veyron-Nachfolger Chiron an, in dem er mittlerweile bis zu 1.600 PS generiert. Allen Fahrzeugen mit diesem Aggregat war bisher jedoch gemein, dass sie – nicht zuletzt aufgrund der Straßenzulassung – ein Mindestmaß an Luxus, Komfort und Alltagstauglichkeit mitbrachten. In den Köpfen von Bugatti-Präsident Stephan Winkelmann und seiner gesamten Mannschaft schwirrte im Bestreben, immer das Maximum des Realisierbaren herauszuholen, jedoch stets ein „What if …?“, zu Deutsch „Was wäre, wenn …?“, im Hinterkopf umher: Was wäre, wenn man den W16 in ein kompromissloses, leichtgewichtiges und für den Rennstrecken-Einsatz konzipiertes Motorsport-Hypercar stecken würde? Genau diese Frage bekam nun letztlich seine spektakuläre Antwort in Form des Bugatti Bolide.

Die experimentelle Studie besteht im Kern quasi hautsächlich aus dem Sechzehnzylinder, um den dann möglichst gewichtssparend und aerodynamisch extrem optimiert ein enger Maßanzug geschneidert wurde – das Ergebnis ist nur knapp einen Meter hoch (bei einer Länge von etwa 4,75 Metern und circa zwei Metern Breite). Sowohl das Monocoque inklusive der Unterbodenverkleidung als auch große Teile der Karosserie wurden dabei aus Carbon gefertigt. Ferner produzierte Bugatti – teils hohl und im 3D-Druck-Verfahren – zahlreiche Komponenten wie Bauteile des sich durch Pushrod-Federbeine auszeichnenden Fahrwerks und alle Schraub- und Verbindungselemente aus Titan. Diese sind zugleich einerseits hochfest sowie bruchsicher und andererseits ausgesprochen leicht. So reultiert ein Leergewicht des Sportwagens von nur 1.240 Kilogramm.

Dieses ist eine der Grundlage des schier unfassbaren Leistungsgewichts, das Bugatti hier erreichte. Wer schon vom Koenigsegg One:1 mit seinem namendsgebenden Leistungsgewicht von einem Kilogramm pro PS begeistert ist, der dürfte sich beim Wert des Bolide erst recht fassungslos die Augen reiben: Sage und schreibe gerade einmal 670 Gramm respektive 0,67 Kilogramm muss jedes einzelne PS des W16 in diesem Fall bewegen! Dies ist andererseits der Tatsache zu verdanken, dass Bugatti den Motor nochmals mittels optimierter Turbolader samt neuer Luft-Luft-Ladeluftkühlung inklusive Wasservorkühlung, einer Entdrosselung der Ansaug- und Abgasanlage und zahlreichen weiteren Anpassungen, die seinen Charakter in Richtung hochdrehendes Rennsport-Triebwerk verschieden, deutlich verbesserte: So stehen nun tatsächlich nicht weniger als 1.850 PS und 1.850 Nm maximales Drehmoment bereit, die mittels eines Siebengang-Doppelkupplungsgetriebes über eine Carbon-Titan-Antriebswelle und Allradantrieb auf die Straße übertragen werden. Die damit erreichten Performance-Daten sind wirklich atemberaubend: Die Höchstgeschwindigkeit liegt jenseits der 500 km/h. Bis dahin katapultiert sich der Bolide innerhalb von 2,17 Sekunden auf 100 km/h, von 4,36 Sekunden auf 200 km/h, von 7,37 Sekunden auf 300 km/h, von 12,08 Sekunden auf 400 km/h und schließlich von 20,16 Sekunden auf 500 km/h. Nicht minder wahnsinnig klingen die Rundenzeiten, die Bugatti für die Nürburgring-Nordschleife und den Circuit de 24 Heures in Le Mans angibt: Die knapp 21 Kilometer lange Grüne Hölle soll in nur 5:23,1 Minuten pulverisiert sein – zum Vergleich: Der ebenfalls fabelhafte aktuelle All-Time-Rekord von 2018 liegt bei 5:19,546 Minuten im Porsche 919 Hybrid. Für den etwa 13,6 Kilometer langen französische Kurs nennen die Franzosen eine Zeit von 3:07,1 Minuten, womit der Bugatti hier sogar deutlich schneller wäre als alle bisherigen LMP1-Rennwagen!

Dafür, dass der Wagen stets auf dem Boden der Tatsachen bleibt, sorgen einerseits auf geschmiedete OZ-Zentralverschlussfelgen aus Magnesium aufgezogene Michelin-Slicks in 30/60 R18 und 37/71 R18, was einer Reifenbreite von vorne 340 Millimeter und hinten 400 Millimetern entspricht. Andererseits kommt die eingangs erwähnte ausgeklügelte Aerodynamik einer Karosserie hinzu, die tatsächlich eher an einen reinrassigen LMP1-Rennwagen denn an einen Straßensportwagen erinnert und dabei (nicht zuletzt durch ihre charakteristisch blau-schwarze Zweifarb-Optik) dennoch unverkennbar als Bugatti zu identifizieren ist. Ein echtes Highlight ist dabei die riesige Luftansaugung auf dem Dach mit dynamischen „Bubble“-Elementen: Während die Hutzen-Oberfläche bei langsamerer Fahrt glatt ist, wölben sich bei höheren Geschwindigkeiten die Blasen nach außen, sodass sich der Strömungsverlauf ändert, der Luftwiderstand reduziert und der Abtrieb verstärkt. Erstklassige Verzögerungswerte garantierten schließlich Bremsanlagen, die – wie aus der Formel 1 bekannt – Keramik-Scheiben und -Beläge besitzen. Damit steht der Bugatti selbst aus Geschwindigkeiten von 400 bis 500 km/h nach round about 13 Sekunden wieder.

Wer es schafft, durch die, wie von LMP1-Racern bekannt, nach vorne klappende Flügeltüren und über die breiten Schweller hinweg den Innenraum zu entern, was übrigens mit Körpergrößen von bis zu zwei Metern möglich sein soll, findet sich in einem kompromisslosen Motorsport-Cockpit wieder. Die beiden nur rudimentär gepolsterten Carbon-Sitze sind extrem tief angeordnet und die Insassen nehmen in ihnen fast schon eine Liegeposition ein. Dabei verzurren sie sich fest mit Sechspunkt-Renngurten. Die Mittelkonsole trägt nur eine Handvoll Bedienknöpfe, die meisten und wichtigsten Funktionen lassen sich unterdessen über das oben offene Lenkrad mit diversen weiteren Knöpfen ansteuern. Die wichtigsten Fahrinformationen liefert ein dahinter liegendes, digitales Display.
Wenngleich der Bolide bisher ein Einzelstück ist, stellt er laut Bugatti übrigens mehr als nur ein experimentelles Gedankenspiel dar. Selbst eine (Klein-)Serienfertigung scheint noch nicht vom Tisch zu sein, zumindest aber sollen die mit diesem Fahrzeug gemachten Erfahrungen und realisierten Entwicklungen aber in kommende Bugatti-Modelle einfließen.