Auf dem Weg ins Premium-Segment
Heutzutage ist Audi längst als einer der großen deutschen Premiummarken im Automobilmarkt etabliert. Doch dies war nicht immer so. Nach dem zweiten Weltkrieg hatte Audi schwierige Zeiten zu durchleben: Es erfolgte zwangsweise ein kompletter Neuaufbau des Unternehmens. Die damalige Auto Union AG war nämlich enteignet worden. Ab Sommer 1948 wurde der Restart mit der Gründung der Auto Union GmbH eingeläutet. Damit ging auch der Umzug von Ostdeutschland nach Bayern einher. 1965 startete schließlich das erste Nachkriegsmodell mit der Bezeichnung Audi: Das Modell der Baureihe F103 war eine Weiterentwicklung des noch als DKW verkauften F102. Statt dessen Zweitakter besaß der Audi jedoch Viertakt-Reihenvierzylinder.
Grundstein für Audis Aufstieg
Damit war der erste Grundstein für eine über die folgenden Jahrzehnte erfolgten Wiederaufstieg gelegt. Einen weiteren entscheidenden Beitrag dabei leistete zweifellos der Audi 80. Dessen erste Generation trat 1972 die Nachfolge eben jenes F103 an. Somit feiert der Mittelklässler und A4-Ahn 2022 sein 50-jähriges Jubiläum. Grund genug für einen Blick zurück …
Hochmoderne erste Generation
Der erste, intern B1 genannte Audi 80 wurde ausgehend vom weißen Blatt Papier von Grund auf neu entwickelt. Das Ergebnis war ein seinerzeit topmodernes Fahrzeug und quasi zukunftsweisend nicht nur für Audi, sondern ebenso VW, seit Mitte der 60er Konzernmutter der Ingolstädter: Wie gut der 80 war, unterstreicht nicht zuletzt die Tatsache, dass er 1973 zum europäischen „Auto des Jahres“ gewählt wurde. Der Wagen hatte eine hervorragende Raumausnutzung, Frontantrieb und -motor: Es handelte sich um den neuen EA827-Vierzylinder mit Nockenwellen samt Zahnriemenantrieb sowie Tassenstößeln. Er kam später auch in diversen weiteren Baureihen bei Audi und VW zum Einsatz. So wurde er zum meistgebauten VW-Triebwerk.
Erhältlich war das Aggregat mit verschiedenen Hubräumen von 1,3 bis 1,6 Liter und Leistungsstufen von 55 bis 110 PS. Die stärkste Variante war prinzipiell das gleiche Triebwerk wie im ersten Golf GT. Sie befeuerte ab 1975 den besonders sportlich ausgerichteten GTE. Neben dem geringen Gewicht von um die 900 Kilogram sorgte die damals neuartige Vorderachs-Geometrie mit negativem Lenkrollradius dafür, dass der Audi 80 trotz seines Vorderradantriebs ein gutes Handling mit geringen Antriebseinflüssen in der Lekung und guten Geradeauslauf aufwies. Mit Blick auf das Getriebe gab es optional eine Dreigang-Automatik, die jedoch selten gekauft wurde.
Passat als VW-Bruder
Optisch zeichnete sich der erste Audi 80 durch ein gradliniges und kantiges Styling aus. Während die Front standardmäßig runde Einzelscheinwerfer aufwies, besaßen die höheren Ausstattungsversionen ab GL Doppelscheinwerfer. Hinsichtlich der Karosserie hatte der Kunde die Wahl zwischen zwei- und viertüriger Limousine. Doch: Auch eine Schrägheck-Version und den Kombi Variant gab es quasi, wenn auch im VW-Lager. Der erste Passat war unter dem Blech und bis zur B-Säule weitgehend baugleich mit dem 80. Auf manchen Exportmärkten wie in den USA und Großbritannien wurde der Variant sogar als Audi angeboten.
Im Spätsommer 1976 erhielt der B1 schließlich ein großes Facelift. Dieses bescherte ihm optisch stämmigere Front- und Heckpartien. Diese lehnten sich optisch an den Audi 100 mit rechteckigen Scheinwerfern und größeren Rückleuchten an. Die Motoren wurden unverändert vom Urmodell übernommen. Dennoch stieg die Modellvielfalt, da die 75-PS- und 85-PS-Ausführungeb des Aggregats nun mit mehr Ausstattungsvarianten kombinierbar waren. 1978 ging der B1 in Rente, nach insgesamt fast 1.104.000 gefertigten Exemplaren.
B2 mit Giugiaro-Einflüssen
Die zweite Generation B2 debütierte im September 1978, erneut ausschließlich als zwei- und viertürige Limousine. Der Wagen war in seinen Dimensionen deutlich gewachsen. Statt knapp 4,20 Meter war er etwa 4,40 Meter lang. Der zweite Audi 80 sollte dabei helfen, das angestaubte Image der Marke aufzupolieren. Audi sollte sich auf Augenhöhe mit den (angepeilten) Konkurrenten BMW und Mercedes begeben. Dieses Vorhaben wurde durch Ferdinand Piëch mit angestoßen, der mittlerweile im Audi-Vorstand saß. Vor allem hinsichtlich der Fahreigenschaften schaffe es der Ingolstädter, den Abstand zu den Münchener und Stuttgarter Wettbewerbern zu verkürzen.
Optisch trat der B2 zunächst recht ähnlich auf wie das B1-Facelift. Das Styling war nach wie vor gradlinig und kantig mit Betonung der Horizontalen. Verantwortlich für das Design zeichnete grundsätzlich Claus Luthe. Nach dessen Abgang von Audi überarbeitete Giorgio Giugiaro den Entwurf aber nochmals merklich. Das Fahrwerkslayout mit MacPherson-Vorderachse und starrer Torsionskurbelachse hinten wurde grundsätzlich vom Vorgänger übernommen. Motorseitig tat sich über die Laufzeit des B2 hingegen einiges: Ab 1980 gab es einen Dieselmotor, seinerzeit Alleinstellungsmerkmal gegenüber BMW oder Mercedes. Die Leistung betrug 54 PS, 1982 folgte eine Variante mit Turbolader und 70 PS.
Letztere war ausschließlich als Viertürer und in der edlen Ausstattungslinie CD erhältlich. Selbiges galt für den Zweiliter-Fünfzylinder mit 115 PS, der 1981 debütierte. Ein Jahr später folgte ein 2,2-Liter-Fünfender – samt Allradantrieb quattro. Damit war er nach dem Audi quattro das zweite Modell mit dem permanenten Vierradantrieb. Ebenso wie andere VAG-Modelle aus dieser Zeit war der B2 ferner als „Formel E“ mit dezidierter Spritspar-Auslegung erhältlich: Ein lang ausgelegter fünfter Gang und ein manuelles Start-Stop-System für den Motor ermöglichten deutliche Verbrauchreduktionen. Dennoch ließen sich nur wenige Kunden überzeugen.
Den zweiten Teil der Story mit allen Infos zum B2-Facelift sowie B3 und B4 gibt es auf der nächsten Seite.