Understatement pur: 24-Ventiler im W123

Mercedes-Benz W123 230 E 3.0-24V

Die Limousinen der W123-Baureihe sind Synonyme für Solidität, Zeitlosigkeit sowie hochkomfortable Premium-Automobilität der 1970er und 1980er Jahre. Fahrdynamik und Speed allerdings standen im Lastenheft der W123-Entwickler und -Marketingstrategen eher im unteren Drittel. Selbst das sechszylindrige Baureihen-Topmodell 280 E war in seiner ab 1978 verfügbaren Einspritzer-Version maximal 185 PS stark – und darüber hinaus sehr selten. Weitaus häufiger: Die Vierzylinder-Benziner 230 E mit 136 PS sowie die für ihre Zuverlässigkeit und Langlebigkeit, aber auch ihre Betulichkeit legendären Saugdiesel 200 D / 220 D (54-60 PS) und 240 D (65-72 PS). Umso überraschter wird so mancher Verkehrsteilnehmer sein, wenn Sascha Bendereit mit seiner hier abgebildeten W123-Limousine auf der Autobahn im Rückspiegel auftaucht.

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Sascha ist ausgewiesener 123er-Enthusiast und dem einen oder anderen Stammleser von Mercedes Tuner dürfte sein Name bekannt vorkommen. Denn: In der Mercedes Tuner-Ausgabe 5/2018 war bereits sein graues, liebevoll aufgebautes C123 230CE-Coupé zu sehen. Dieses steht auch weiterhin in der Bendereitschen Garage in Geldern, wo darüber hinaus im vergangenen September die hier abgebildete Limo einzog. Der 43-jährige Altbausanierer schmückt sich nicht mit fremden Federn und gibt freimütig zu, dass er diese als angefangenes Tuning-Projekt übernahm. Vorhanden war so beispielsweise bereits das „Prunkstück“ des W123: der 3,0-Liter-Reihensechszylinder mit Vierventiltechnik aus dem Nachfolgemodell 300 E-24 – Ende der 1980er ein innovatives Stück Motorenbau.

24-Ventiler in sauberem Ambiente

Ins W123-Maschinendeck zog dieses Aggregat nach einem umfangreichen Cleaning sowie einer sauberen Auslackierung in Wagenfarbe ein, sodass der Motorraum heute nicht nur technisch interessant ist, sondern auch einen sehr appetitlichen Anblick bietet. In Kombination mit einem Getrag-5-Gang-Schaltgetriebe (1. Gang unten links) sorgen die 220 PS des M104 E30-Motors überdies für einen imposanten Vortrieb, den man dem W123 aus eingangs thematisierten Gründen keineswegs zutrauen würde.

Ebenfalls beim Vorbesitzer erhielt die ursprünglich weiße 230 E-Limousine ihren Neulack in kräftigem Blau, vor dessen Aufbringung zudem die Radläufe gebördelt und das Antennenloch zugeschweißt wurden. Um allzu kräftige „Farbtupfer“ zu vermeiden, kombinierte Sascha dazu weiße Blinker und schwarze Rückleuchten.

Kultig: BBS RS-Mehrteiler

Ihre universelle Einsetzbarkeit unterstreichen einmal mehr die BBS RS-Kreuzspeichen-Klassiker: Sie stehen einer Vielzahl von 1980er-Jahre-Fahrzeugen einfach perfekt – so auch dem blauen W123. An dessen Achsen rotieren die Dreiteiler mit grauen Sternen und auf Hochglanz polierten Stufenbetten in den Dimensionen 8×16 Zoll ET11 an der Lenk- und sogar 10×16 Zoll ET11 an der Antriebsachse. Bespannt wurden die mehrteiligen Kultfelgen mit Bereifung in 205/55R16 und 245/45R16. Das KAW-Sportfahrwerk sorgt mit 65/50 Millimetern Tieferlegung nicht nur für gehörige Talfahrt, sondern auch für eine deutliche Keilform.

Größeren Renovierungsarbeiten unterzog Sascha, der sich mit solchen als professioneller Altbausanierer bestens auskennt, den Fahrgastraum des W123. Der Innenraum wurde im letzten Winter komplett leergemacht und neu bestückt. Aus einem Schlacht-123er stammen so der blaue Veloursteppich sowie die elektrischen Fensterheber und der elektrische rechte Außenspiegel. Obwohl in den 123ern geradezu angestammt: Die Holz-Dekore brachte Sascha nachträglich an. Dazu passt bestens das Nardi-Sportlenkrad mit seinem dünnen Holz-Kranz. Auch der gesamte Kabelbaum wurde erneuert. Dazu kam angesichts der erheblich gesteigerten Motorleistung der Tachometer der Sechszylinder-W123 an Bord, der – im Unterschied zu den vierzylindrigen W123 – bis 220 km/h reicht.

Weitere Upgrades in Planung

Nicht mehr ausreichen wird das, wenn Sascha den nächsten Punkt von einer ToDo-Liste in die Realität umgesetzt hat: Einem weiteren M104 E30-Motor, der bereits in seiner heimischen Garage auf diese Operation wartet, möchte er eine Zwangsbeatmung via Turbolader verordnen. Nimmt man ähnliche, zeitgenössische Umbauten als Referenz dürften damit rund 300 standfeste PS realistisch sein. Spätestens dann wird auch die Bremsanlage das bereits vorgezeichnete Upgrade erhalten: Hier steht ein Umbau auf die kraftvollen Stopper der W126-V8-Modelle an.

Technical Facts

Mercedes-Benz W123 230E 3.0-24V

Baujahr: 1982

Karosserie: Radläufe gebördelt, Antennenloch hinten zugeschweißt, Neulackierung in Capriblau, weiße Blinker vorne, schwarze Rückleuchten

Motor: 3,0-Liter-Reihensechszylinder 24V (M104 E30), Motorraum komplett gecleant, 220 PS / 265 Nm

Kraftübertragung: 5-Gang-Schaltgetriebe (Getrag) vom W124

Fahrwerk: KAW-Sportfahrwerk, 65/50 mm Tieferlegung

Rad/Reifen: BBS RS 009/058-Felgen in 8×16 Zoll ET11 und 10×16 Zoll ET11, Bereifung in 205/55R16 und 245/45R16

Innenraum: originale Ausstattung aufgearbeitet, blaue Velours-Teppiche, Nardi-Holzlenkrad, Holz nachgerüstet, Mittelarmlehne nachgerüstet