Shelby: das Erbe einer Rennfahrer-Legende

Hausbesuch bei Shelby American in Las Vegas

Der Name Shelby steht seit Jahrzehnten für eine der legendärsten Sportwagen-Marken, die es jemals gab und klingt – vor allem US-Car-Fans – wie Musik in den Ohren. Bis heute baut das Unternehmen an seinem Stammsitz in Las Vegas optimierte Fahrzeuge auf Basis von zum einen dem Ford Mustang und zum anderen mittlerweile auch den großen F-150/250-Pick-ups. Wir wollten wissen, wo das Unternehmen seinen Ursprung hat, und haben den Firmensitz in Las Vegas besucht.

Dieser stellt sich als Himmel für Shelby-Fans heraus: Es gibt riesige Ausstellungs-Räume in denen einerseits Merchandise- und Fan-Produkte jeglicher erdenklicher Art besichtigt und gekauft werden können. Andererseits – und das wird Petrolheads wohl noch mehr die Freudentränen in die Augen treiben – strahlen zahlreiche Meilensteine aus mehr als 50 Jahren Shelby-Automobilgeschichte fein säuberlich aufgereiht im Scheinwerferlicht um die Wette. Und über allem steht ein großer, ja gar legendärer Name: Carroll Shelby. Sein Spirit ist hier allgegenwärtig.


Geboren wurde der Unternehmensgründer im Januar 1923 im Nahe Washington, DC in Virginia gelegenen Leesburg. Schon in seiner Kindheit und Jugend war der Sohn des Postboten Warren Shelby vor große Herausforderungen gestellt: Er litt unter Herzproblemen aufgrund eines Lochs in der Herzklappe, wodurch er erhebliche Beeinträchtigungen hinnehmen musste. Tatsächlich begleitete ihn dieser Umstand sein gesamtes Leben lang, insbesondere auch wieder in den letzten Jahrzehnten vor seinem Tod mit 89 Jahren im Mai 2012 – 1990 unterzog er sich sogar einer Herztransplantation. Doch nichtsdestotrotz hatte Carroll Shelby ein erfülltes und ereignisreiches Leben: Dabei hat er sich zunächst insbesondere als einer der ruhmreichsten US-amerikanischen Rennfahrer einen Platz in den Geschichtsbüchern gesichert. Schon während der High School-Zeit in Dallas eignete er sich sein hervorragendes Fahrkönnen an. Nach seinem Schulabschluss ergab es sich durch den Zweiten Weltkrieg, dass er unter anderem als Pilot bei der Air Force diente. Infolgedessen war seine Motorsport-Karriere nicht mehr aufzuhalten: Seine ersten Rennen bestritt er dabei in geliehenen Fahrzeugen wie einem MG TC und Cad-Allards.

Schon bald machte Shelby mit seinen Leistungen auf sich aufmerksam und so startete er Mitte bis Ende der 50er Jahre in verschiedenen Rennserien als professioneller Fahrer – insbesondere für Maserati und Aston Martin. Für diese Hersteller ging er beispielsweise in den Jahren 1958 und 1959 in der Formel 1 auf die Strecke. Seinen größten Erfolg jedoch errang er – ebenfalls im Jahr 1959 – als er gemeinsam mit dem Briten Roy Salvadori im Aston Martin DBR1/300 den Gesamtsieg bei den 24 Stunden von Le Mans erringen konnte. Zuvor hatte er schon 1955 und 1956 Top-Ergebnisse bei den 12-Stunden-Rennen in Sebring erreicht. Gewürdigt wurde Shelby für seine Leistungen unter anderem, indem das renommierte Blatt Sports Illustrated ihn 1956 und 1957 zum Fahrer des Jahres kürte. Zudem wurde er im Laufe der 1990er Jahre nacheinander in die International Motorsports Hall of Fame, die Motorsports Hall of Fame of America und die Automotive Hall of Fame aufgenommen. Nachdem er für etwa acht Jahre im Motorsport aktiv gewesen war, musste er jedoch letztlich seiner Gesundheit Tribut zollen und beendete seine Motorsport-Karriere.
Nicht weniger gefeiert jedoch war Shelby in der Folgezeit, in der er seiner Sportwagen-Leidenschaft weiterhin auch beruflich treu blieb und sich als Autobauer und -Tuner einen Namen machte.


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Das erste auf ihn zurückgehende Werk ist dabei die spektakuläre AC Cobra, für die er das exklusive Vermarktungsrecht in den USA erlangte, wo der Wagen daher unter dem Namen Shelby Cobra verkauft wurde. Die Idee zu der Realisierung des Roadsters kam ihm, wie er einmal sagte, durch die angesprochenen, von ihm gefahrenen Cad-Allards, bei denen es sich um offene Zweisitzer der britischen Marke Allard mit V8-Motoren von Cadillac handelte. Dieses Konzept hatte sein Gefallen gefunden und so fragte er bei der englischen Firma AC an, ob sie bereit wären, ihr sonst mit Reihensechszylindern ausgerüstetes Modell Ace mit einen V8 zu bestücken. Die Briten stimmten zu, unter der Voraussetzung, dass Shelby ein passendes Aggregat auftreiben würde – was diesem bei Ford gelang, die den gerade neu entwickelten 4,3-Liter-Windsor-Motor bereitstellten. Der Start einer automobilen Legende, die heutzutage Kultstatus besitzt und im Laufe der Zeit auch mit noch größeren und kraftvolleren Aggregaten ausgerüstet wurde – über eine andere Variante des Windsor-V8 mit 4,7 Litern Hubraum bis hin zum später eingesetzten 7,0-Liter-Achtzylinder, der bis zu 492 PS leistete und den Roadster damit auf maximal 298 km/h beschleunigte.

Im Übrigen ist der Name Shelby extrem stark mit Ford verbunden. Durch die schon im Zuge der Cobra-Entwicklung geknüpften Kontakte entwickelte sich Carroll Shelby immer mehr zum Haustuner von Ford. So ist er für den Bau der ebenfalls unvergessenen, auf dem Mustang basierenden Topversionen GT350 und GT500 aus den 1960er Jahren verantwortlich. Ebenfalls einen entscheidenden Beitrag leistete er zu der Entwicklung des GT40, der die zuvor dominanten Ferrari ab 1966 bei den 24 Stunden von Le Mans das Fürchten lehrte und auf die hinteren Ränge verwies. Doch, was viele womöglich nicht wissen: Shelby war dennoch nicht durchgehend derart fest mit Ford verbunden. Erst Anfang der 2000er wurde die Zusammenarbeit in einem erneuten Vertrag wieder besiegelt, woraus etwa ab 2006 die modernen Shelby-Mustangs wie beispielsweise die Nachfolger von GT350 und GT500 hervorgingen, deren Ahnenreihen bis heute fortgesetzt werden. Zwischenzeitlich gab es jedoch einen mehrere Jahrzehnte andauernden Bruch zwischen den beiden Partnern und in dieser Ära pflegte Shelby eine intensive Beziehung zu Chrysler beziehungsweise genauer gesagt Dodge. So war er auch hier in die Entwicklung eines zur Ikone aufgestiegenen Sportwagens, der Viper, involviert. Zudem entstanden in den 1980er und 1990er Jahren diverse modifizierte Fahrzeuge auf Basis anderer Dodge-Modelle, die unter ihrem eigentlichen Markennamen mit Namenszusätzen wie „Shelby“ oder gar komplett als Shelbys verkauft wurden. Einige davon finden sich auch heute noch in der großen Ausstellung am Unternehmenssitz in Las Vegas. Womit wir wieder am Ausgangspunkt unserer Geschichte angekommen wären. Es war uns ein Vergnügen einen Einblick in die heiligen Hallen von Shelby und die Geschichte des Unternehmens und seines Gründers erhalten zu können.