Auferstandenes Brandopfer
Ein Brand ist zweifellos eine unberechenbare Naturgewalt, die verheerende Folgen haben kann. Im Schlimmsten Fall ist kaum Hoffnung auf Rettung. Dabei ist es ganz gleich ob nun Menschen, andere Lebewesen der Natur, Gebäude oder auch beispielsweise ein Auto den Flammen zum Opfer fallen. Und doch muss man an dieser Stelle einmal mehr sagen: Ausnahmen bestätigen die Regel. Der auf diesen Seiten vorgestellte Typ 181 Kübel aus dem Jahr 1973 wurde im November 2018 im kalifornischen Paradise durch das Camp Fire quasi komplett zerstört.
Nobler Retter des Klassikers
Dass der Wagen nun wieder fährt und dabei auch noch ganz außergewöhnlich und toll aussieht, ist Jonathan „Jon“ Winters zu verdanken. Während vermutlich die meisten Menschen den Oldie beim Anblick der Ruine, die er nach dem Feuer war, als hoffnungslosen Fall abgestempelt hätten, war es bei Jon komplett anders. Er hatte schon lange vom Aufbau beziehungsweise Besitz eines Typ 181 im Stile einer rostigen Ratte geträumt.
Als er dann im Mai 2020 zufällig im Internet Bilder von den Überresten des verbannten Kübels fand, sah er seine Zeit gekommen: „Den muss ich haben“, sagte er sich und machte sich in Windeseile daran, den Vorbesitzer zu kontaktieren. Er wohnte in Cico, nur etwa 30 Kilometer von Paradise entfernt. Dort hatte der VW unbeachtet auf Zugschienen stehend verbracht. Bald wurden sich die Partner handelseinig. So holte Jon die Kübel-Überreste schließlich im September 2020 nach Hause nach Yorba Linda: der Startschuss für den Aufbau seines „Paradise Fire Tribute Thing“!
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Chassis vom 74er Ghia
Den Wiederaufbau vollzog Jon tatsächlich im Wesentlichen komplett alleine. Nur vereinzelt bekam er Hilfe von seinem Sohn, dessen Freunden und Nachbarn. So etwa, wenn ein Arbeitsschritt schlicht nicht als Einzelperson zu bewerkstelligen war: Die Abnahme der Karosserie von dem nicht mehr brauchbaren verbrannten Original-Chassis und die Vereinigung mit einem neuen, restaurierten Unterbau. Um letzteren zu erhalten, kaufte Jon extra einen 74er Ghia als Spender.
Dessen Chassis brachte auch gleich den 1.776-ccm-Vierzylinder mit, der nun den Typ 181 antreibt. Viele technische Daten zum auf einem Typ 1-AS41-Gehäuse basierenden Aggregat sowie Informationen zu den verbauten Teilen sind selbst Jon nicht bekannt. Klar ist aber, dass ein 009-Zündverteiler mit Compu-Fire-Zündanlage, zwei 40-mm-Solex-Vergaser, ein Keilriemen-Antrieb und eine A-1-Sidewinder-Abgasanlage an Bord sind. Die Kraftübertragung gewährleistet ein durch Brent Berklebile von Gorilla VW komplett neu aufgebautes, originales VW-Getriebe.
Technisch komplett erneuert und in Schuss
Optisch blieb der Karosserie ihre Mischung aus extremer Brandnarbung und Rost tatsächlich erhalten. Kein Wunder angesichts der von Jon gesetzten Vorgabe, eines Rusty Rat-Looks. „Mutter Natur hat das Auto lackiert“, kommentiert Jon. Sogar Rostlöcher in den Kotflügeln auf der Beifahrerseite blieben erhalten. Nur wenige erneuerte Komponenten wie die Außenspiegel, die Türgriffe und der sonderangefertigte „One Hot VW“-Schriftzug am Heck setzen chromsilberne Akzente. Wie es sich für eine automobile Ratte gehört, findet sich unter der heruntergekommen wirkenden Hülle intakte Technik im Topzustand.
Dies gilt nicht nur für den bereits angesprochenen Motor. Darüber hinaus besitzt der Typ 181 sogar Scheibenbremsanlagen. Die Deutlich reduzierte Bodenfreiheit ist in erster Linie den Tieferlegungs-Achsschenkeln zu verdanken. Die Senken den Wagen um zwei Zoll, also etwa fünf Zentimeter ab. An der front kommen nochmals circa zweieinhalb Zentimeter hinzu durch den Wechsel von der ursprünglichen 185/65er auf 145/65er Bereifungen. Selbige sind wie die hinteren 185/65er Pneus auf 15-Zoll-Felgen im Porsche 914-Style aufgezogen.
Heißes Interieur
Sei es nun aufgrund der feurigen Vergangenheit des Typ 181 oder seiner stilistischen Anlehnung an einen Hot Rod – jedenfalls geht es im Interieur von Jons Kübel sozusagen heiß her: Auf den Speichen des Custom Lenkrads lodern ebenso Flammen wie auf dem Schaltknauf und den Schnallen der Zwei-Punkt-Gurte. Letztere sind mit metallenen JEGS Speed-„Bomber Seats“ samtniedriger Rückenlehnen kombiniert. Gepolstert sind nur die Sitzflächen.
Die Bezüge sind ebenso wie jene der Bank im Fond dabei aus abgewetztem Leder einer alten Couch gefertigt – Jon fand und erwarb es über Social Media. Weitere rote Akzente tragen unter anderem der mit VDO-Armaturen bestückte Instrumententräger, der Handbremsgriff und die Hebel hinter dem Lenkrad. Hinzu kommen gewebte rot-schwarze Fußmatten aus Kokosfasern.
Mit dem Wiederaufbau des verbrannten VWs ist Jon nicht nur Beindruckendes gelungen, noch dazu dauerte dieser Prozess nur überraschend kurz. Ursprünglich hatte sich Jon als Termin für die Fertigstellung das El Prado Show and Shine im Juni 2021 gesetzt. Diesen Zeitplan hat er dann aber letztlich sogar unterboten. So konnte er schon früher einige Treffen besuchen – und dabei gleich erste Trophäen für sein „Paradise Fire Tribute Thing“ abräumen.
Fotos: Eric Arnold
Technical Facts
VW Typ 181
Baujahr: 1973
Karosserie: komplett im Patina Look durch Verbrennen und Rost, Chromsilberne Außenspiegel und Türgriffe neu, „One Hot VW“-Schriftzug am Heck, Verdeckgestänge ohne Stoffbezug
Motor: 1.776-ccm-Vierzylinder-Boxermotor, Typ 1-AS41-Motorgehäuse, zwei 40-mm-Solex-Vergaser, Keilriemen-Antrieb, Compu-Fire-Zündanlage, 009-Zündverteiler, A-1-Sidewinder-Abgasanlage
Kraftübertragung: neu aufgebautes Original-VW-Getriebe
Fahrwerk: Tieferlegungs-Achsschenkel (ca. -5 cm)
Rad/Reifen: Porsche 914-Style-Felgen in 15 Zoll mit Bereifung in 145/65R15 und 185/65R15
Bremsen: Scheibenbremsanlagen
Innenraum: JEGS Speed-„Bomber Seats“ mit niedrigen Rückenlehnen sowie lederbezogenen Sitzflächen, Rücksitze passend mit Leder bezogen, Custom-Lenkrad mit Speichen im Flammen-Design, Custom-Armaturen-Einfassung mit VDO-Instrumenten, diverse Bauteile aus Metall mit roten Akzenten versehen, Heizung im Stile des 74er Typ 181, gewebte rot-schwarze Fußmatten aus Kokosfasern, kugelförmiger Rat Fink-Schaltknauf in Schwarz mit Flammen, Cupholder aus VW-Zylindern