Boost the Bus
Die frühen T1-Busse mit der großen, Barndoor genannten Heckklappe sind längst gesuchte Liebhaberstücke. Umso mehr gilt dies für die 23-Fenster-Versionen. Können sie verbessert werden? Beziehungsweise dürfen sie modifiziert werden? Hier gehen die Meinungen auseinander, es herrscht eine Debatte zwischen den althergebrachten Klassiker-Liebhabern und der Custom-Fraktion. Während erstere den Standpunkt vertreten, dass Luftis absolut serienmäßig verbleiben sollten, sehen Vertreter der letztgenannten dies natürlich etwas anders. Bei Seltenheiten wie Hebmüller oder ähnlicher alter VWs namhafter Karosseriebauer dürfte unstrittig sein, dass sie unverändert verbleiben sollten. Manch einer würde diesen Grundsatz auch gerne für T1 von 1955 oder früher geltend machen.
Vielleicht kann man sich an der Stelle auf den Kompromiss einigen, dass solcherlei Bullis zumindest nur so modifiziert werden sollten, dass die Änderungen leicht wieder rückrüstbar sind. Dies trifft etwa auf den hier gezeigten T1 Deluxe von Jose Salazar zu. Der Kalifornier ist seit Teenager-Tagen ein wahrer Lufti-Fan, der aktuell etwa ein Dutzend VWs besitzt. Sehr lange hatte er nach einem solchen Bus im guten Zustand gesucht.
Die Erlösung kam schließlich, als ein Freund sich von seinem Schätzchen trennen wollte. Jose schlug zu, wenngleich er das Fahrzeug in Einzelteile zerlegt bekam. Absolut einzigartig ist der Wagen mittlerweile nicht nur, weil er von 1953 stammt – einem Jahr, in dem VW nicht einmal 1.300 Barndoor-Samba-Busse baute. Zudem ist er absolut hervorragend restauriert und kommt mit einem wahrlich außergewöhnlichen Motor: einem 2,3-Liter-Vierzylinder-Boxer mit Biturbo-Aufladung!
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Auf Anhieb begeistert
Den Bau dieses Aggregats für seinen T1 legte Jose vertrauensvoll in die Hände von Victor Menjivar vom TheLab AirCooles Speedshop, von dessen Arbeit er schon lange absoluter Fan ist. Auch als Victor den Vorschlag eines Biturbo-Motor aufbrachte, war Jose direkt verliebt in die Idee. Zur Aufladung viel die Wahl auf zwei kleine Garrett T2-Turbos in Verbindung mit einer Wasser-zu-Luft-Ladeluftkühlung und einem 38-mm-Turbosmart-Wastegate. Weitere verbaute Komponenten sind das elektronische FuelTech 450-Kraftstoffmanagement-Sytsem, eine 50-mm-Drosselklappe und viele weitere Details wie JE-Schmiedekolben auf TheLab-H-Schaft-Pleueln sowie ein 911-Style-Gebläse.
Leistungsmäßig bewegt sich das Triebwerk im Bereich von sage und schreibe etwa 280 bis 305 PS! Da kommen die rundum installierten Scheibenbremsen gerade recht. Sie stammen ebenso von Wagenswest wie das umfangreich modifizierte Fahrwerk mit unter anderem verschmälerter Vorderachse samt Tieferlegungs-Achsschenkeln und Einzelradaufhängung an der Hinterachse sowie Luftfederbeinen. Letztere erlauben eine Karosserie-Höhenverstellung per App.
Komplett restauriert
Verantwortlich für den generellen Neuaufbau des Bullis zeichnet Henry Marchena von Henry Marchena Restorations. Er ist wie Jose Mitglied im Lufti-Club „Der Blitzkriegs Käfers“ und stimmte infolge eines Hilferufs zu, sich des Wagens anzunehmen, nachdem Jose zuvor in zwei anderen Werkstätten schlechte Erfahrungen gemacht hatte. Das seinerzeit halbfertige Projekt bot noch einen ganzen Haufen Arbeit. Zunächst brachten Henry und sein Team im Rahmen eines aufwändigen Prozesses die Karosserie einmal komplett in Schuss, wobei kein Bauteil unangetastet blieb. „Wir haben hunderte Stunden verbracht, die Karosse vorzubereiten“, sagt Henry.
Mit der selben Liebe zum Detail wurde das Chassis aufbereitet. Die Neulackierung in Siegellack Rot und Kastanienbraun war eine extrem langwierige, regelrechte Choreographie. Es wurden zunächst fünf Schichten der farbigen Lacke und zwei Schichten Klarlack aufgetragen. Nach dreimonatigem Stehen in der Sonne kamen drei weitere Klarlack-Schichten drauf und abschließend umfangreiche Polierarbeiten stattfanden.
Erneuerter Innenraum
Selbstverständlich erhielt der T1 ferner einen komplett neuen Innenraum, was Henry ebenfalls bei sich in der Firma umsetzte. Die Tür- und Seitenverkleidungen sind mit beigefarbenem Kunstleder samt schwarzer Keder bezogen, die Sitze mit schwarzem Kunstleder samt roter Keder. Ergänzend wurde der Dachhimmel mit hellbraunem Stoff bezogen. „Wir haben großen Wert darauf gelegt, den Innenraum mit originalgetreuen Bauteilen und Materialien einzurichten“, erklärt Henry. Viele Komponenten sind hochqualitativ restauriert, etwa das Lenkrad, der Rückspiegel, die Türgriffe und vieles mehr. Zudem wurden zahlreiche Details verchromt.
Selbiges gilt für das Exterieur, an dem etwa die seitlichen Zierleisten, das VW-Logo an der Front, die Türgriffen und die Arme der Scheibenwischer neuen Glanz verliehen bekamen. Bemerkenswert ist, dass ergänzend sogar rundum originalgetreue, natürlich komplett aufbereitete Hella-Beleuchtungen verbaut sind. Für die Radhäuser erwarb Jose unterdessen einen Satz Porsche-Fuchs-Felgen in 4,5×15 Zoll für die Vorder- und den seltenen Dimensionen 7×15 Zoll für die Hinterachse.
Die abschließenden Detailarbeiten, quasi zur Perfektionierung des T1-Kunstwerks, übernahm Dave „Pip“ Pipoly. Dieser war es auch, der den Wagen danach im vergangenen Juni zum OCTO-Treffen in Long Beach ausführte. Dort feierte der VW seine Premiere im Rahmen einer Sonderausstellung neben 77 weiteren Barndoor-Bullis. Wenig überraschend war der Biturbo-VW eines der Haupt-Gesprächsthemen vor Ort – dieser 53er Samba ist einfach wirklich eine Klasse für sich!
Technical Facts
VW T1 Deluxe
Baujahr: 1953
Karosserie: restaurierte Hella-Scheinwerfer und -Kennzeichenbeleuchtung hinten, neue Verglasungen, restauriert Behr-Dachhutze, diverse Komponenten aufbereitet und verchromt, Neulackierung in Siegellackrot (VW L53) und Kastanienbraun (VW L73)
Motor: 2.276-ccm-Vierzylinder-Boxermotor mit TheLab-Biturbo-Aufladung, zwei Garrett T2-Turbolader, VicBuilt-Wasser-zu-Luft-Ladeluftkühler, AutoLinea-Aluminium-Block, TheLab-Custom-Zylinderköpfe mit 80-ccm-Brennkammern, 42×37,5-mm-Ventile mit CB650-Doppelventilfedern, geschmiedete Kipphebel, Custom-Manton-Stößelstangen, 75-ccm-Einspritzdüsen, TheLab-Ansaugsystem mit 50-mm-Drosselklappe, DPR-82-mm-Kurbelwelle, AA-Zylinder, TheLab-H-Schaft-Pleuel mit ARP 2000-Bolzen, 94-mm-JE-Schmiedekolben, TheLab TL302-112-Custom-Nockenwellen, Custom-Porsche-911-Style-Gebläse, Ölsystem mit 30-mm-Schadek-Pumpe, elektronisches FuelTech 450 EFI-Zündmanagement, FuelTech 450-Kraftstoffmanagement, keramikbeschichtete TheLab-Custom-Abgasanlage mit 38-mm-Turbosmart-Wastegate, ca. 279 bis 304 PS
Getriebe: Custom-Getriebe von Rancho Transaxle mit Typ 1 VW IRS-Gehäuse und Freeway Flyer-Innereien, Stage 3-Kennedy-Kupplung
Fahrwerk: VA kompletter Wagenswest-Kit mit um 4 Zoll verschmälerter und einstellbarer Achse, Tieferlegungs-Achsschenkel, Luftfederbeine, HA kompletter Wagenswest-Kit mit Einzelradaufhängung, Custom-Längslenker, Luftfederbeine, einstellbare Federteller
Rad/Reifen: veredelte Porsche-Fuchs-Felgen in 4,5×15 und 7×15 Zoll, Firestone-Bereifung in 135R15 und 205/70R15
Bremsen: Wagenswest-Scheibenbremsen rundum
Innenraum: Sitze neu mit schwarzem Kunstleder samt roter Keder bezogen, Tür- und Seitenverkleidungen mit beigefarbenem Kunstleder samt schwarzer Keder bezogen, Dachhimmel mit helbraunem Stoff bezogen, dunkelbraunes Sonnendach-Cover, VDO-Uhr, Gene Berg-Schalthebel, erneuerte Fußraummatte vorne, Frontsitze modifiziert, NOS-Aschenbecher (New Old Stock) im Heck, Schneeflocken-Sitzunterbau-Verkleidungen im Fond, diverse Komponenten aufbereitet und verchromt
Multimedia: Telefunken-Radio
Dank an: Henry Marchena (Aufbau allgemein), Victor „VicBuilt“ (Motor und einige weitere technische Teile, Dave „Pip“ Pipoly von The Compound (letzte Details und Anfertigungen, Hand Built Customs (für das Airbag-System und das „Bis-zum-Umfallen-Arbeiten“, um den Einbau zu vollenden), alle die Leute hinter den Kulissen, die nie genug oder keine Aufmerksamkeit für ijhre Arbeit bekommen