Die wilden Mustangs
Mit dem Mustang ist Ford 1964 ein regelrechter Paukenschlag gelungen. Der Begründer der Klasse der Pony Cars respektive später Muscle Cars sorgte für Furore und stieß auf tolle Resonanz. Dementsprechend verkaufte er sich auf Anhieb blendend – zumindest anfangs, nach ein paar Jahren flachte die Euphorie der Käufer etwas ab. Geschuldet war dies zweifellos auch der Tatsache, dass Chevrolet als Reaktion auf die beeindruckenden Erfolge mit dem Camaro 1966 einen direkten Wettbewerber brachte. Um sich dieser Konkurrenz zu erwehren, entwickelte Ford den Mustang kontinuierlich weiter. Dabei kamen nicht zuletzt auch zusätzliche Performance-Varianten auf den Markt. Zu den bekanntesten und legendärsten gehörten der Boss 302 und der Mach 1.
Jeweils ein in hervorragendem Zustand erhaltenes respektive restauriertes Exemplar genau dieser beiden Modelle haben wir nun für diese Story zusammengebracht. Wenngleich die Fahrzeuge in diesem Fall in weiten Teilen nahezu identisch aussehen, so zeichnen sie sich dennoch durch sehr unterschiedliche Charaktere aus.
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Rennwagen für die Straße …
Gemein ist beiden, dass sie noch komplett ohne Einfluss später folgender Regularien hinsichtlich ihrer Motoren entwickelt wurden. Der Boss 302 präsentiert sich dabei jedoch deutlich kompromissloser und wilder. Kein Wunder, schließlich war er der direkte Straßen-Ableger des Rennwagens, den Ford ab 1969 in der Trans American Championship an den Start brachte, um die 1968 an den Camaro Z/28 verlorene Krone zurückzuerobern.
Nach einem Jahr Anlauf gelang dies 1970 erfolgreich. Um dies zu ermöglichen, erhielt der Boss 302 einen ganz speziellen Motor mit reduziertem Hubraum (in der Rennserie waren maximal 305 cui erlaubt) sowie unter anderem neuen Zylinderköpfen und größeren Ventilen. So standen unter dem Strich 294 PS und 393 Nm. Die Kraftübertragung geschah mittels eines manuellen Viergang-Getriebes. Das Fahrwerk wurde ebenfalls optimiert – unter anderem mit weniger Bodenfreiheit, einem dickeren Stabilisator und verstärkten Dämpfern. Abrundend kamen vorne (optional) Scheibenbremsen an Bord.
… vs. sportlicher Cruiser
Als Quasi-Rennwagen für die Straße war das Boss-Serienmodell von vornherein als Aushängeschild mit geringen Stückzahlen gedacht. 1970 waren beispielsweise nur 7.013 von 191.522 verkaufen Mustangs Boss 302, was nicht zuletzt am recht hohen Preis von 3720 Dollar lag. Als Imageträger kurbelte er jedoch die Verkäufe anderer Mustang-Varianten an – wie etwa des Mach 1. Dieser startete 1969 zeitgleich mit dem Boss, um die Lücke zwischen den GT- und den stärkeren und teureren Shelby-Modellen zu schließen.
Über seine Bauzeit hinweg war der Mach 1 mit unterschiedlichen Motor- und Getriebe-Optionen verfügbar. Das hier vorgestellte Exemplar vom Modelljahr 1970 kommt mit dem damals gerade neu eingeführten 351 Cubic Inch, sprich 5,8 Liter großen Cleveland-V8 in der Standard-Version mit Zweifach-Vergaser. Neben dem größeren Hubraum bot dieses Aggregat gegenüber dem Boss-Motor mit 481 Nm deutlich mehr Drehmoment, mit 254 PS jedoch zugleich weniger Leistung. Dies verleitet zu einem weitaus gelasseneren Fahren, als im fahraktiveren Boss 302, ja regelrecht entspanntem Cruisen. Weitere Beiträge dazu leisten der weniger kraftvolle Sound des V8, das Dreigang-Automatikgetriebe und die leichtgängige Lenkung. Das Auto gibt trotz seiner aggressiven Optik deutlich zivilisierter, dabei aber zugleich stets absolut souverän.
Ähnlicher Look, Unterschiede im Detail
Optisch sind beiden vorgestellten Exemplare von Boss 302 und Mach 1 fast zum verwechseln ähnlich. Das liegt bei weitem nicht nur daran, dass sie – wie alle Vertreter ihrer jeweiligen Zunft – im Fastback-Outfit kommen. Weitere Gemeinsamkeiten sind etwa der schwarze Frontspoiler, die Shaker-Motorhaube mit funktionalem Air Scoop und der mattschwarze Heckflügel. Während diese Erkennungsmerkmale beim Boss zum Standard gehörten, kostete ein Großteil ihrer beim Mach 1 aber Aufpreis.
Gegen selbigen gab es beim Boss ergänzend die am gezeigten Exemplar verbaute Katzentreppen-Blende vor der Windschutzscheibe und 17-zöllige Magnum-Felgen. Letztere trägt tatsächlich auch der fotografierte Mach 1. Hier sind sie jedoch nicht ab Werk verbaut, sondern später nachgerüstet. Markantestes Unterscheidungsmerkmal ist unterdessen die Lackierung des Duos, der Boss 302 trägt „Grabber Orange“, der Mach 1 klassisches Rot. Die schwarzen Zierstreifen zeigen ebenfalls teils unterschiedliche, modellspezifische Ausprägungen.
Charakteristisches Mustang-Cockpit
Last but not least zeigen sich die Cockpits grundsätzlich ähnlich, etwa mit den beiden Höckern am Armaturenbrett und reichlich Holz. Dennoch bleiben auch hier einige Unterschiede nicht aus. So besitzt der Mach 1 ein Drei-Speichen Lenkrad mit dem in der Praxis etwas unpraktischen Rim Blow, einem Hupring an der Innenseite des Lenkradkranzes, und der Boss ein Zwei-Speichen-Lenkrad (ohne Rim Blow). Hinter den Volants sitzen jeweils vier runde Armaturen, nur beim Boss 302 findet sich darunter jedoch ein Drehzahlmesser. Auf der Mittelkonsole des letzteren thront darüber hinaus ein Hurst-Schalthebel für das manuelle Getriebe.
Abschließend wollen wir Retro Classic Car (Bereitstellung der Mustangs) und dem Crathorne Hall Hotel in Yarm, North Yorkshire für die Unterstützung bei der Realisierung dieses Artikels danken.
Fotos: Max Edleston
Technical Facts
Ford Mustang Boss 302
Baujahr: 1969
Motor: 5,0-Liter-V8-Ottomotor, Holley-Vierfachvergaser, 294 PS / 393 Nm
Kraftübertragung: Viergang-Handschaltgetriebe, Sperrdifferenzial (optional), Heckantrieb
Fahrwerk: teleskopischen Dämpfer, VA Einzelradaufhängung, einfache untere Lenker mit Zugstreben, Schraubenfedern, Stabilisator, HA Starrachse mit Blattfedern
Rad/Reifen: Magnum 500-Felgen in 5×17 Zoll (optional) mit Cooper Cobra Radial G/T-Bereifung
Bremsen: HA belüftete Scheibenbremsen, HA Trommelbremsen
Karosserie: Frontspoilerlippe, Motorhaube mit Öffnung für funktionalen Shaker-Hood Scoop, zwei Motorsport-Außenspiegel, Heckspoiler, Katzentreppe vor Heckscheibe, schwarze Heckblende samt Rückleuchten-Einfassung, Lackierung in Grabber Orange mit schwarzem Zierstreifen
Innenraum: Zweispeichen-Lenkrad, vier Rundarmaturen (Tacho, Drehzahlmesser, Tankanzeige, Temperatur), Sitze mit hohen Rückenlehnen sowie Armaturenbrett mit Vinylleder-Bezügen, Hurst-Schalthebel, diverse Holz-Style-Zierelemente, elektrische Uhr vor dem Beifahrer
Technical Facts
Ford Mustang Mach 1
Baujahr: 1969
Motor: 5,8-Liter-V8-Ottomotor, Doppelvergaser, 253 PS / 481 Nm
Kraftübertragung: Dreistufen-Automatikgetriebe, Sperrdifferenzial (optional), Heckantrieb
Fahrwerk: teleskopischen Dämpfer, VA Einzelradaufhängung, einfache untere Lenker mit Zugstreben, Schraubenfedern, Stabilisator, HA Starrachse mit Blattfedern
Rad/Reifen: Magnum 500-Felgen in 5×17 Zoll (nachgerüstet) mit BFGoodrich Radial T/A-Bereifung in 215/65R15
Bremsen: Trommelbremsen
Karosserie: Frontspoilerlippe (optional), Motorhaube mit Schnellverschlüssen und Öffnung für funktionalen Shaker-Hood Scoop (optional), zwei Motorsport-Außenspiegel, Heckspoiler (optional), Lackierung in Rot mit schwarzen Zierstreifen
Innenraum: Dreispeichen-Lenkrad, vier Rundarmaturen (Tacho, Tankanzeige, Temperatur, Batteriespannung, Öldruck), Sitze mit hohen Rückenlehnen sowie Armaturenbrett mit Vinylleder-Bezügen, elektrische Uhr und Mach 1-Schriftzug vor dem Beifahrer