Racing, Chevrolet Nova-Dragster
In den USA – und ganz besonders in Texas – ticken die Uhren bekanntlich etwas anders als bei uns. Da kann es schonmal passieren, dass man im Rahmen einer chilligen BBQ-Party spontan einen Blick in die Garage eines gerade kennengelernten Nachbarn wirft und dort einen reinrassigen Dragster entdeckt. So geschehen im Fall des hier abgebildeten Chevy Nova, der uns auf einer Texas-Reise infolge der gerade geschilderten Umstände absolut zufällig vor die Linse rollte.
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Der gechillte Nachbar hieß Michael Hancock. Im Alltags als IT-Consultant unterwegs, klemmt sich der Bilderbuch-Texaner an den Wochenenden gerne hinters Nova-Lenkrad, um seine rote Lady über den Dragstrip zu jagen. Das Drag Racing hat in der Familie Hancock Tradition und so wuchs Michael schon von Kindesbeinen an in diese Motorsport-Disziplin hinein: Nachdem er mit leicht modifizierten Straßenautos Quartermile-Luft geschnuppert hatte, bevorzugte Michael zwischenzeitlich Drag Racing-Motorräder und katapultierte sich zeitweise sogar mit Jet Boats in der Souther Drag Boat Association übers Wasser – völlig irre! Nun aber ist er wieder vier Rädern unterwegs, geht als ambtionierter Hobby-Pilot mit seinem 1st Generation-Nova in den National Hot Rod Association-Klassen Super Street und Super Gas an den Start.
8-Sekunden-Nova
Die „Zielzeiten“ in diesen Riegen sind 10,9 bzw. 9,9 Sekunden – und vom Nova mit Leichtigkeit zu erreichen. Bei Vollgas traut Michael seinem Auto mittlere 8er-Zeiten und Durchgangsgeschwindigkeiten von rund 270 km/h auf der Quartermile zu.
Hierzu wurde der aus dem Baujahr 1963 stammende Nova natürlich umfassend umgebaut, sodass der Dragster mit Ausnahme der Silhouette kaum mehr etwas mit seiner Basis gemein hat: „Original“ vom historischen Muscle Car stammen das Dach und die hinteren Seitenteile. Der gesamt Bug des Chevys, dessen Motor und Heckklappe sowie die Türen bestehen aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff, sprich Carbon. Die Scheiben wurden rundum aus dünnwandigem Polycarbonat angefertigt.
9,8-Liter-V8 für mehr als 1.200 PS
Der gewaltigen Intake auf der Motorhaube kündigt schon an, dass darunter etwas wirklich großes lauern muss – und so ist es auch: Im Maschinenraum sitzt ein Sunset Performance 598 BBC-V8 mit Brodix-Zylinderköpfen (12 Grad) und MSD-Zündanlage. Moment: 598? Kann das wirklich der Hubraum sein?! Jep. 598 Kubik-Inches machen 9,8 Liter, aus welchen das spezialierte Drag Racing-Aggregat am Rad gemessene 1.235 PS schöpft – ganz ohne Kompressor- oder Turboaufladung by the way, dafür aber natürlich auch nur kurzzeitig.
Ebenso speziell wie der Motor ist freilich auch die Kraftübertragung: An die Competition Engineering-9-Zoll-Hinterachse mit 4,30er Übersetzung übertragen wird die Motorleistung via eines ATI PowerGlide-Getriebes samt Hughes Billett-Drehmomentwandler. Zwei Gänge reichen dem Dragster dabei aus: „schnell“ und „ganz schnell“.
Hoosier-Slicks sind Pflicht
Die Maße der Rad/Reifen-Kombinationen an der Vorderachse sind uns leider nicht genau bekannt. Es spielt aber auch gar keine Rolle, in welchen Größen die Hoosier-Gummis dort auf ihre filigranen Weld-Schmiedfelgen aufgezogen wurden – denn wichtig ist beim Drag Racing allein, was hinten abgeht! Und dort sitzen auf schwarzen Weld-Wheels mit Beadlock-Verdrehtsicherungen nun mächtige Hoosier-Drag Slicks der Dimension 15.0/34.5-16, welche sich dank ihres äußerst geringen Luftdrucks beim Katapultstart auf den Asphalt „abwickeln“ und ihre Auflageflächen so für maximalen Grip nochmals erheblich vergrößern.
Selbstverständlich ist auch das „Interieur“, sofern man diesen Begriff hier noch verwenden möchte, des Chevys komplett auf den Drag Racing-Einsatz zugeschnitten. Soll heißen: kaum mehr vorhanden. Michael verzurrt sich für dem Run mit einem Pro 1-5-Punkt-Sicherheitsgurt in seinem spartanischen Kirkey-Alu-Schalensitz. Umschlossen wird er von einer Sicherheitszelle, welche auch gleich Teil der tragenden Struktur des Renners ist. Perfekt in Reichtweit liegen das kleine Lenkrad mit „Geradeaus“-Markierung sowie der B&M Pro Bandit-Shifter. Das digital Dashboard am Armaturenbrett ist mit einem RacePak V300-Data Logger verheiratet.
Ja, sowas kann einem einfach so begegnen – in einer Garage in Texas…
Technical Facts
Chevrolet Nova-Dragster
Baujahr: 1963 (Basis)
Karosserie: Dach und hintere Seitenteile original aus Stahl, Carbon-Bug, Carbon-Türen, Carbon-Motorhaube, Carbon-Heckklappe, Polycarbonat-Scheiben rundum
Motor: Sunset Performance 598 BBC-V8 (9,8 Liter) mit Brodix-Zylinderköpfen (12 Grad), MSD-Zündung, RacePak V300-Data Logger mit Dashboard, 1.235 PS am Rad
Kraftübertragung: Hughes Billett-Drehmomentwandler, ATI PowerGlide-2-Gang-Getriebe, Competition Engineering-9-Zoll-Hinterachse mit 4,30er Übersetzung
Rad/Reifen: VA/HA Weld-Schmiedefelgen, VA/HA Hoosier Drag Slicks
Innenraum: Kirkey-Alu-Schalensitz, Pro 1-5-Punkt-Sicherheitsgurt, B&M Pro Bandit-Shifter, RacePak V300-Data Logger mit Dashboard, K&R-Kabelbaum mit Pro Cube
Text: Sebastian Brühl, Fotos: Olivier Fourcade