Finnischer Funkenflug-Tieflader

VW Doka T1 Bus

VW T1 Doka-Pritsche – Finnischer Funkenflug-Tieflader!

Dass die Winter im Norden Finnlands sehr lang und sehr dunkel sind, dürfte bereits mit grundlegenden Geographie-Kenntnissen einleuchtend sein. Da kann man schonmal auf verrückte Ideen kommen! Anders jedenfalls können wir uns nicht erklären, wie in Petteri Airaksinen, beheimatet im auf dem 65. Grad nördlicher Breite und damit in unmittelbarer Nähe des Polarkreises gelegenen Ort Oulo, die Gedanken zum Aufbau der hier abgebildeten T1 Doppelkabiner-Pritsche reiften. Betrachtet man nämlich, was Petteri – wie unsere Fotos aus der Aufbauzeit dokumentieren – als Grundlage diente, dann überkommt einen das kalte Grausen: Nur rostige Fragmente waren von der Karosserie und der Bodengruppe eines T1 Pritschenwagens mit Doppelkabine aus dem Baujahr 1963 übrig.

Dennoch beschloss der auf Volkswagen-Oldies spezialisierter Hobbyschrauber: Dieses morschen Bleche sollten ihm als Basis für den Aufbau einer extreme Doka-Ratte dienen. Während Laien allerdings ansichts der weiterhin rostig und mitgenommen erscheinenden Karosserie annehmen könnten, dass Petteri mit seiner Restaurierung entweder noch nicht fertig ist oder dass ihn unterwegs die Lust verlassen habe, wissen Kenner es besser! Genau so nämlich muss eine Ratte aussehen: optisch ranzig, unter dem Blech ab topfit!

Oben pfui, unten hui!

Unter der – was ihre Architektur angeht – vollständig instandgesetzten und mit kultigen Safari-Fenstern bestückten Doka-Karosserie steckt heute ein vollständig neu aufgebautes Chassis, welches sich aus Eigenanfertigungen und modifizierten Teilen zusammensetzt. Petteri hatte es sich nämlich nicht nur in den Kopf gesetzt, der Pritsche zu einem zweiten Leben zu verhelfen, sondern wollte zudem den flachsten T1 Finnlands auf die Räder stellen. Dies ist ihm mit weitem Abstand zu den Mitbewerbern gelungen! In der Natur der Sache liegt, dass Petterie in diesem Sinne ein Luftfahrwerk der Extreme konstruierte und installierte. Während an der Vorderachse Firestone-Federbeine zum Einsatz kommen, kombinierte der Finne hinten 7-Zoll-Slam Specialist-Luftbälge mit OEM-Dämpfern. Die Erzeugung, Speicherung und Verteilung der Druckluft stellen ein bewährter Viair 480c-Kompressor, ein 23 Liter fassender Lowtoys-Lufttank sowie Ascon-3/8-Zoll-Magnetventile sicher. Die bereits angeführten Custom-Aufhängungsparts ermöglichen ein extrem tiefes Eintauchen der 5,5x15zölligen Fünf-Speichen-Felgen, welche mit Nankang-Bereifung in 155/60R15 und 175/65R15 bezogen wurden, sodass das T1-Chassis im Extremfall auf dem Boden aufliegt – oder gar funkensprühend darüber schleift!

Um den angesichts solcher Kniefälle akut in Lebensgefahr befindlichen Auspuff des generalüberholten 1,2-Liter-Boxers zu schützen, wurde diese kurzerhand nach oben verlegt, wofür eigens ein Loch in die Heckstoßstange gefräst wurde. Ein „Renner“ ist der T1 natürlich nicht, tapfere 34 Lufti-PS genügen aber, um die Doka in Schwung zu bringen.

Do it yourself-Innenausstattung

Da auch von der originalen T1-Innenausstattung wohl kaum mehr etwas übrig war, baute Petteri kurzerhand ein Do it yourself-Interieur: Die Türverkleidungen sowie den „Dachhimmel“ fertigte er aus vier Millimeter starken Sperrholzplatten an und auch die mit Möbelstoff bezogenen Sitzbänke sowie der kleine Schreibtisch vor der Heckbank sind Marke Eigenbau. Als Fußboden wurde Laminat verlegt und das fast horizontal liegende Steuerrad umwickelte Petteri ebenso mit Sisal wie den Handgriff auf dem Beifahrer-Armaturenbrett. Einziges (halbwegs) modernes Element des Fahrgastraums ist die KPC Dual Needle-Druckanzeige des Airrides .

Noch mehr krude Ideen

Übrigens … nochmal zurück zu den langen und dunklen Wintern in Nordfinnland: Die T1-Doka-Pritsche ist nicht die einzige krude Idee, die hier zur Realität wurde. Oulo ist darüber hinaus für die alljährlich Luftgitarren-Weltmeisterschaft und den „schreienden Männerchor“ Mieskuoro Huutajat bekannt. Noch Fragen?

 

Tec Specs

VW T1 Pritschenwagen mit Doppelkabine

Baujahr: 1963

Karosserie: komplett neu aufgebaut, Safari-Fenster, Loch für Auspuff in der Heckstoßstange

Motor: luftgekühlter 1,2-Liter-Boxer-Vierzylindermotor, 34 PS

Kraftübertragung: 4-Gang-Schaltgetriebe vom VW Käfer

Fahrwerk: Luftfahrwerk, VA Firestone-Federbeine, HA 7-Zoll-Slam Specialist-Luftbälge mit OEM-Dämpfern, Viair 480c-Kompressor, Lowtoys-Lufttank (23 Liter), Ascon-3/8-Zoll-Magnetventile, diverse Chassis- und Aufhängungsteile komplett selbst angefertigt oder modifiziert

Rad/Reifen: Fünf-Speichen-Felgen in 5,5×15 Zoll, Nankang-Bereifung in 155/60R15 und 175/65R15

Innenraum: Eigenbau-Interieur, Türverkleidungen und Dach aus 4-mm-Sperrholz/Furnierplatte, Eigenbau-Sitzbänke und -Rückenlehnen mit Möbelstoff bezogen, Eigenbau-Schreibtisch vor zweiter Sitzreihe, Fußboden mit Laminat ausgelegt, KPC Dual Needle-Airride-Druckanzeige

Text: Sebastian Brühl, Fotos: Jape Tiitinen